Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
darauf, sah weder nach rechts noch nach links. Von nun an würden die Dinge ihren Lauf nehmen. Von nun an, da die Würfel gefallen waren, würde es kein Zurück mehr geben.
    Keuchend vor Aufregung hielt Varro inne. Bis zum Thron waren es nur noch wenige Schritte, und er fragte sich, was er tun sollte. Doch dann, inmitten der allgemeinen Aufregung, fielen ihm die Instruktionen des Zeremonienmeisters wieder ein. Kniefall, Saum küssen und den Blick senken.
    Und abwarten, was mit ihm geschah.
    Im Begriff, die Anweisungen zu befolgen, blieb Varros Blick an der Kaiserin haften. Um danach, einen Wimpernschlag später, ihren Kammerherrn zu streifen, der so erstaunt schien, dass er sich nicht vom Fleck bewegte.
    Nicht so der Kaiser, der von allen, die ihn umgaben, als Erster reagierte. Schneller als der Zeremonienmeister, der händeringend auf der Stelle verharrte, schneller als die Würdenträger, die ihn umlagerten und auch schneller als seine Leibwache, die erst dann eingriff, als Varro vollendete Tatsachen geschaffen hatte.
    Die Andeutung eines Lächelns im Gesicht, hob Konstantin die Hand und gebot Varro, der sich zu sprechen anschickte, zu schweigen.
    Dann erhob er sich, wandte sich ab und verließ den Saal.

XXX
    Palastgarten, eine Stunde vor Mitternacht
    [22:40 h]
    Â»17 Jahre!«, murmelte der Kaiser, allein mit dem Mann, dessentwegen es beinahe zum Eklat gekommen wäre. Da es sich um ein Gespräch unter vier Augen handelte, hatte er seinen Ornat abgelegt, von Varro, der ebenfalls eine weiße Tunika trug, kaum zu unterscheiden. »Ein Jammer, wie schnell die Zeit vergeht.«
    Kein Freund leerer Worte, nickte der Anwalt kaum merklich mit dem Kopf. In Gegenwart des Herrschers, mit dem er den von Windlichtern erhellten Säulengang durchmaß, war ihm unbehaglich zumute, wobei die Tatsache, dass es sich um seinen Jugendfreund handelte, seine Befangenheit noch zu steigern schien. 17 Jahre waren in der Tat eine lange Zeit, lang genug jedenfalls, um sich auseinanderzuleben.
    Â»Erzähl, Gaius: Wie ist es dir ergangen?«
    Â»Recht gut – ich kann nicht klagen.«
    Â»Und dein Bein?«
    Â»Noch halbwegs intakt, mein Imperator.«
    Ein Lächeln im Gesicht, wandte der Angesprochene den Kopf nach rechts. »Den Imperator kannst du dir sparen, Gaius. Schließlich waren wir einmal Freunde.«
    Â»Das stimmt, Herr«, pflichtete der Anwalt ihm bei, überwand seine Scheu und betrachtete ihn näher. Konstantin, Spross einer Stallmagd und eines Illyrers, der in der Armee Karriere gemacht hatte, war einen halben Kopf kleiner als er, gut gebaut und besaß eine Aura, der sich auch er, Sohn eines wohlhabenden Senators, nicht entziehen konnte. Es war schwer, seinem Blick standzuhalten, und noch schwerer, sich ihm zu widersetzen. Das war schon so, als sie beide noch junge Männer gewesen waren, und das würde, allen Freundschaftsbeteuerungen zum Trotz, vermutlich auch so bleiben. »Das waren wir.«
    Â»Und sind es noch, oder?« Der Kaiser, dem der Seitenhieb nicht entging, ließ den Blick auf dem Ring seines Begleiters ruhen. »Wie ich sehe, hältst du mein Geschenk in Ehren.«
    Varro nickte stumm. Im Gegensatz zu früher, als sie beide unzertrennlich gewesen waren, hatte sich der Mann, der über die Geschicke des Reiches entschied, deutlich verändert. Das Kinn, so schien es, war noch markanter als vor 20 Jahren, die Lippen eine Idee fleischiger und die Hakennase, das hervorstechendste Gesichtsmerkmal, noch auffälliger geworden. Gleich geblieben war indes Konstantins Stimme, im Gegensatz zu seinem Gebaren sanft und melodiös. Der Akzent, mit dem der Kaiser sprach, war unüberhörbar, ein Relikt aus den Tagen seiner Kindheit, die er in Feldlagern an der Donau zugebracht hatte. Wäre er nicht Kaiser, hätte man ihn für einen hohen Offizier gehalten, und vielleicht war auch das der Grund, weshalb der Tonfall, welchen er gegenüber Untergebenen anschlug, herrisch, barsch und unduldsam war. Bei Varro, der ihm mit der gebotenen Distanz begegnete, war dies jedoch etwas anderes. Da redete er, wie es unter Freunden üblich war. »Ja, Herr – das tue ich.«
    Â»Lass gut sein, Gaius«, wies ihn der Kaiser zurecht, seufzte und fuhr sich über die niedrige Stirn, wo sein Haar, vom Hinterkopf nach vorn gekämmt, in sichelförmig eingerollten Locken endete. »Ich bin im Augenblick weder dein Herr noch dein Imperator. Ich

Weitere Kostenlose Bücher