Die Stunde der Gladiatoren
gewickelt. Ich habe hier das Sagen, nicht du. Und überhaupt: Wer garantiert mir, dass du nichts im Schilde führst?«
»Ich«, erwiderte Varro unbeirrt. »Wenn ich du wäre, würde ich mir überlegen, was ich tue.«
»Unterwegs in geheimer Mission, was?«, spottete der Schönling und stimmte in das Gelächter seiner Kameraden ein. »Mit wem, wenn du erlaubst, habe ich überhaupt das Vergnügen?«
»Gaius Aurelius Varro. Dekurio, Advocatus und Sohn eines Mitglieds des Senates zu Rom.«
»Gestatten: Aelius. Zenturio, Frauentröster und Sohn eines Trunkenboldes aus Lugdunum.«
»Ich fürchte, dir wird das WitzereiÃen bald vergehen.«
»Und ich fürchte, mir bleibt keine andere Wahl, als dir dein groÃes Maul zu stopfen!«, bellte der Zenturio und bedeutete seinen Kameraden, Varro zu ergreifen. »Los, schnappt ihn euch! Und dann zeigt ihm, was passiert, wenn man sich mit mir anlegen will.«
»Zurück â oder ihr werdet es bereuen!«
»Beschwer dich doch, wenn du willst«, knurrte der Schönling und schlenderte auf den Advocatus zu. »Die Frage ist nur, ob es jemanden interessiert.«
»Was das betrifft, bin ich mir absolut sicher«, hielt Varro dagegen, umringt von einem Pulk Soldaten, für die der Vorfall eine willkommene Abwechslung zu sein schien. »Ich warne euch: Wenn ihr mich nicht passieren lasst, wird das mit Sicherheit Konsequenzen haben.«
»Das reicht, Hinkebein.« Die Hand am Schwertknauf, baute sich der Zenturio vor Varro auf. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist?«
»Wer ich bin?«, gab Varro seelenruhig zurück. »Moment â das haben wir gleich.«
Der Schönling öffnete den Mund, um etwas zu erwidern. Dann aber, mit Blick auf den Ring, den Varro ihm in die Hand gedrückt hatte, überlegte er es sich anders. »Und warum ⦠warum hast du das nicht gleich gesagt?«, stammelte er und wusste vor Verlegenheit nicht, was er tun sollte.
»Du erlaubst doch, Zenturio, oder?« Varro indes zögerte keinen Moment, lieà sich den Ring wieder aushändigen und steuerte auf die Vorhalle zu, von der aus man in das Innere der Palastaula gelangte.
Die Zeit drängte, er musste sich sputen.
*
Eusebius, kaiserlicher Zeremonienmeister, war in der Tat nicht zu beneiden. Nicht jeder, der hier weilte, wusste sich der Umgebung entsprechend zu benehmen, und es schien, als träfe dies in besonderem MaÃe auf seinen derzeitigen Gesprächspartner zu. »Und nicht vergessen«, insistierte der Höfling mit der gestelzten Ausdrucksweise, »als Allererstes musst du das Knie beugen. Laut Protokoll musst du anschlieÃend den Saum der kaiserlichen Gewandung küssen. Natürlich nicht in realiter, du bist gehalten, nur so zu tun. Das heiÃt, du senkst den Kopf und führst den Saum an die Lippen. Und denk dran: erst dann erheben, wenn der Imperator dir ein Zeichen gibt. Alles andere wäre Majestätsbeleidigung. Richtet der Imperator das Wort an dich, antwortest du. Hingegen ist dir nicht gestattet, Fragen zu stellen, weder im Beisein von anderen noch unter vier Augen. Hältst du dich nicht daran, läufst du Gefahr, den Zorn des Allerhöchsten zu erregen â was das zur Folge hat, kannst du dir gewiss vorstellen.«
»War das alles?«
»Willst du dem Allerhöchsten von Angesicht zu Angesicht begegnen â oder willst du es nicht? Na also. Wichtigste Regel: Du darfst dem Imperator nie den Rücken zudrehen. Unter keinen Umständen, haben wir uns verstanden? Tätest du es, würde dies unabsehbare Konsequenzen nach sich ziehen. Glaub mir, Dekurio â diesbezüglich versteht der Kaiser keinen SpaÃ. Und ich auch nicht, falls du weiÃt, was ich meine.«
Varro nickte mechanisch mit dem Kopf. Von dem, was der Höfling kundtat, hatte er nur die Hälfte mitbekommen, und es fiel ihm schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren. Gerade das war jedoch unabdingbar, nicht zuletzt, weil er niemandem, der seinen Weg kreuzte, auffallen durfte.
Kein Mann für derlei Anlässe, blickte sich der Advocatus um. Die AusmaÃe der Aula versetzten ihn in Erstaunen, und es dauerte einen Moment, bis er es überwunden hatte. Vom Portal bis zur Apsis maà sie schätzungsweise 40 Schritte, in der Breite dagegen knapp halb so viel. Die Wände waren mit Marmor verkleidet, durchbrochen von zahlreichen
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