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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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der Masseure, Enthaarer und Bartscherer, welche es gleich dutzendweise gab. Ob Greis oder Jüngling, arm oder reich, Ratsherr oder Tagelöhner, jeder kam auf seine Kosten. Wer Zerstreuung suchte, lauschte den Musikanten, die vor dem Torbogen aufspielten, wem der Sinn nach Höherem stand, dem Wortgefecht zweier Philosophen, wer auf Neuigkeiten aus war, der hitzigen Debatte, welche sich am Eingang zum Kaltbadesaal entspann. Wunderheiler priesen ihre Präparate an, darunter solche zur Steigerung der Manneskraft, Rhetoren ihre Traktate, Gelehrte ihre Abhandlungen, die sie für teures Geld unters Volk brachten. Neben all dem kam die Körperertüchtigung, vom Baden abgesehen, ebenfalls nicht zu kurz. Zwei Ringer, ihrer Haartracht nach zu urteilen Barbaren, wetteiferten um den Sieg, umringt von einer Menschentraube, welche sie lauthals anfeuerte. Nur wenige Schritte davon entfernt fand ein Wettlauf statt, und wen dies nicht interessierte, der stemmte Hanteln oder gab sich der Geselligkeit, will heißen, dem Würfelspiel, hin.
    Nicht in der Stimmung, um Konversation zu betreiben, wanderte Varros Blick ins Leere. Je mehr die Zeit voranschritt, desto größer wurden die Menschenmassen, die sich vom Decumanus aus durch den Torbogen drängten. Wer konnte, nahm Reißaus vor der Hitze, welche Stadt und Umgebung in einen Glutofen verwandelte, begab sich ins Bad, ließ sich massieren, tauschte Neuigkeiten aus, trank hie und da einen Schluck. Varro indes verspürte keine Lust, sich unter die Menge zu mischen, und je länger er inmitten des Trubels verweilte, desto stärker wurde sein Gefühl, beobachtet zu werden.
    Â»Sag mal, was ist denn eigentlich los?« Es war das Organ von Probus, wie stets nicht zu überhören, das ihn wieder in die Gegenwart zurückholte, und Varro hatte Mühe, sich wieder auf das zuvor unterbrochene Gespräch zu konzentrieren. »Leidest du unter Verfolgungswahn?«
    Â»Wieso?«
    Â»Seit du mir gegenübersitzt, hast du dich ein halbes Dutzend Mal umgeschaut. Wenn das normal ist, will ich Gaius Julius Cäsar heißen.« Mit der Geduld am Ende, packte der Arzt sein Besteck zusammen, seufzte und nahm einen Schluck aus dem Weinschlauch, der stets griffbereit neben seinem Scherenstuhl lag. »Entweder du sagst mir jetzt, was los ist, oder …«
    Â»Schon gut, Probus – tut mir leid.« Ohne auf die Umstehenden zu achten, beugte sich Varro nach vorn und begann zu erzählen. Als er geendet hatte, war er sichtlich erleichtert, was man von Probus, welcher die Schilderung kommentarlos verfolgt hatte, allerdings nicht sagen konnte.
    Â»Weißt du was, Gaius?«, sprach der Medicus, wobei er es vermied, Varro in die Augen zu schauen. Dann gab er ihm den Pergamentstreifen zurück, auf den der Anwalt im Verlauf seines Berichts zu sprechen gekommen war. »Ich finde, du solltest die Finger davon lassen.«
    Â»So, findest du.«
    Â»Ja, und das aus tiefer Überzeugung.«
    Â»Darf man erfahren, weshalb?«
    Â»Na klar.« Probus setzte den Weinschlauch an den Mund und trank, als ob er am Verdursten wäre. »Verzeihung, Tribun, aber …«
    Â»Dekurio – zum hundertsten Mal!«
    Â»Sag ich doch.« Der Medicus gab einen herzhaften Rülp­ser von sich und sprach: »Du fragst, warum ich dir davon abrate, den Kasus weiter zu verfolgen?«
    Varro nickte.
    Â»Ich will es dir sagen: Weil ich keine Lust habe, dich noch mal zusammenzuflicken.«
    Â»Jetzt übertreibst du aber, alter Freund.«
    Â»Frage, Herr Anwalt: Bist du so blauäugig oder tust du nur so? Die Sache stinkt – und zwar gewaltig. Da geht es um Geld, um Unmengen von Geld.«
    Â»Darum geht es immer.«
    Â»Unter die Philosophen gegangen, wie? Wie auch immer, halt dich da raus, Gaius. Sonst werden sie dich eines Tages aus der Mosel ziehen.«
    Â»Zu deiner Information, Probus: Ich kann schwimmen.«
    Der Medicus lief vor Wut rot an. »Ich frage mich, was daran so witzig ist, Gaius!«, wetterte er. »Aber wenn du willst – bitte schön! Dann lässt du es eben drauf ankommen. Eins aber kann ich dir gleich sagen: Wenn du in der Klemme sitzt, sieh zu, wo du bleibst. Was mich betrifft, hab ich keine Lust, mich mit Kriminellen anzulegen.«
    Â»Oder mich zusammenzuflicken  – schon kapiert.« Varro machte ein nachdenkliches Gesicht. In diesem Punkt musste er Probus recht geben: Der ehemalige

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