Die Stunde der Gladiatoren
Probus â sprich dich aus.«
»Was würdest du tun, wenn deine Frau ⦠Wie soll ich sagen? ⦠Was würdest du tun, wenn deine Frau plötzlich zu spinnen anfängt?«
»Wie bitte? Das musst du mir erklären.«
Anstatt zu antworten, nestelte der Medicus an seiner Tunika herum. »Ich weià nicht, aber irgendwie ist Porcia in letzter Zeit ziemlich komisch geworden. So ⦠so sanftmütig, falls du verstehst, was ich meine.«
Und ob er verstand, was der Medicus meinte. Wer mitbekam, wie Porcia mit Probus umsprang, würde nie mehr im Leben Heiratspläne schmieden. Das war so sicher wie die Tatsache, dass Rom die Herrin des Erdkreises war. »Sanftmütig, sagst du? Bei Hera, da stimmt was nicht!«
»Obacht, Gaius â sonst machst du dich bei ihr unbeliebt.«
»Unbeliebt?«
»Weil du es wagst, einen heidnischen Gott anzurufen. Das gibt Ãrger â und was für welchen!«
»Moment mal: Soll das etwa heiÃen, sie â¦Â«
»Sie hat sich in den Kopf gesetzt, Christin zu werden â genau.«
»Na und? Was ist daran so schlimm?«
Noch röter als sonst, sprang der Medicus auf und fuchtelte wie ein Tobsüchtiger mit den Armen herum. »Was daran so schlimm ist, willst du wissen? Da hört sich ja wohl alles auf!« Probus war völlig auÃer sich. »Irre ich mich, oder haben sie diesen ⦠diesen ⦠Wie hieà dieser Aufrührer doch gleich?«
»Jesus.«
»Genau! Haben sie ihn ans Kreuz genagelt, ja oder nein?«
»Gewiss.«
»Na also, und jetzt kommst du daher und behauptest, alles sei nicht so schlimm. Bacchus hilf â ich muss gleich kotzen!«
»Seit damals sind fast 300 Jahre vergangen, Probus.« An Gefühlsausbrüche dieser Art längst gewöhnt, lieà sich Varro nicht aus der Ruhe bringen. »Jupiter, Mithras, Isis, Kybele âwem die Leute huldigen, ist doch wohl egal.«
»Dir vielleicht, aber mir nicht.«
»Und wieso?«
»Wenn dich einer auf die linke Backe schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Bei Hades, was für eine Heuchelei! WeiÃt du was, Gaius? Dieser jüdische Rabbiner mitsamt seinem Gewäsch kann mir gestohlen bleiben. Und zwar ein für alle Mal.« Der Medicus stieà einen Schwall Atemluft aus und machte eine abfällige Geste. »Haut dir jemand auf die Schnauze, dann gibtâs nur eins: zurückschlagen, dass es nur so kracht!«
»Immer mit der Ruhe, alter Freund. Nichts wird so heià gegessen, wie es gekocht wird.« Die Hände auf den Knien, stieà Varro einen leisen Seufzer aus. Weit entfernt, mit den Christen zu sympathisieren, regte sich dennoch Unbehagen in ihm. Gewalt, so berechtigt sie auch sein mochte, war kein Mittel, um Zwistigkeiten zu bereinigen. Wer Gebrauch davon machte, der würde wieder Gewalt ernten. Wenn es eine Lehre gab, die er aus seiner Militärzeit gezogen hatte, dann diese. »Der Kaiser wird gewusst haben, was er tut.«
»So, meinst du.« Probus schnitt eine Grimasse. »Ob du es hören willst oder nicht, Gaius: Vor knapp sechs Wochen war die Welt noch in Ordnung. Zumindest für mich.«
»Was ist denn schon groà anders geworden, Probus! Das Edikt von Mediolanum vom letzten Monat besagt doch nur, dass alle Religionen von jetzt an gleichberechtigt â¦Â«
»Aber das ist es ja gerade, Gaius! Gib einem Christen den kleinen Finger, dann schnappt er sich die ganze Hand.«
»Jetzt übertreibst du aber.«
»Findest du? Dann schau dich mal um, du Traumtänzer! Ladenbesitzer und Laufburschen, Reeder und Hafenarbeiter, Gelehrte und Analphabeten â überall wimmelt es bereits von ihnen.« Sichtlich aufgebracht wanderte der Arzt hin und her. »Wenn wir so weitermachen, mein Freund, dann sind Leute wie du und ich bald in der Minderheit. Dann können wir einpacken, das garantiere ich dir.«
»Jeder so, wie es ihm passt, oder? Damit ist Rom seit jeher gut gefahren.«
»Mag sein â die Frage ist nur, wie lang noch.«
Varro stutzte. »Was soll denn das schon wieder heiÃen?«, fragte er und begleitete die Replik mit einem Stirnrunzeln. »Sag bloÃ, du bist unter die Propheten gegangen!«
»Prophet oder nicht â eines, mein Freund, weià ich genau: Wenn diese Christen am Ruder sind, können wir uns auf was gefasst machen. Dann ist es mit Jupiter,
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