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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Tribun, ausgesandt, um Britannien zu befrieden, verdankte dem Legionsarzt außer Dienst sein Leben. Daran gab es nichts zu rütteln. Nur wenige Augenblicke, nachdem der Speer seinen Oberschenkel durchbohrt hatte, war Probus zur Stelle gewesen, wie so häufig, wenn Varro mit Problemen zu kämpfen gehabt hatte.
    Die Hand auf dem Oberschenkel, verfiel Varro erneut ins Grübeln. Wieder einmal und wider Willen war er gezwungen, der Vergangenheit ins Auge zu sehen. Er sah den jungen Tribunen vor sich, gerade einmal 25, der den nach Londinium zurückflutenden Truppen des Allectus auf den Fersen war und der den Streitwagen, welcher auf ihn zupreschte, zu spät bemerkt hatte. Das Rattern der Wagenräder im Ohr, war Varro herumgewirbelt, just in dem Moment, als der Krieger, welcher neben dem Wagenlenker stand, zum Wurf ausholte. Zu spät!, war es ihm durch den Kopf gefahren, bevor die Metallspitze in sein Bein eindrang, am Oberschenkelknochen entlangschrammte, eine klaffende Wunde riss und ihn wie ein Orkan, der wie aus dem Nichts über das Schlachtfeld gefegt war, von den Füßen holte. Doch damit nicht genug. Fast ebenso plötzlich war vor ihm ein fränkischer Söldner aufgetaucht, bärtig, hünenhaft und mit einem blutverschmierten Schwert in der Hand. Das ist das Ende!, hatte Varro gedacht, und sein Entsetzen war so groß gewesen, dass der Schmerz, welcher ihn soeben noch durchzuckt hatte, wie weggeblasen war.
    Doch dann, als der Gefolgsmann des Allectus zum Todesstoß ausgeholt hatte, wendete sich das Blatt. Nur eine Handbreit vom Elysium entfernt, wehrlos, kampfunfähig und der Bewusstlosigkeit nahe, hatte Varro auf den Söldner gestarrt, aus dessen Leib eine Schwertspitze herausragte. Als begreife er nicht, wie ihm geschah, hatte der Barbar innegehalten, die Hände am Schwertknauf und die Augen weit offen. Dann aber, von einem Moment auf den anderen, war es vorüber gewesen. Der Kopf des Kriegers, aus dessen Mund bereits Blut sickerte, war nach hinten gekippt, der Körper ins Taumeln geraten und das Schwert, mit dem er ihm den Garaus hatte machen wollen, zu Boden geglitten.
    Am Ende, nachdem alles vorüber gewesen war, hatte sich eine Gestalt in sein Blickfeld geschoben, blutverschmiert, schmutzverkrustet, abgekämpft, aber ein müdes Lächeln im Gesicht. Ein Lächeln, welches er zeitlebens nicht vergessen würde. Wäre sie nicht aufgetaucht, hätte selbst Probus, mit dem er von da an durch dick und dünn gegangen war, nichts mehr ausrichten können.
    Â»Na, schlauer geworden?«
    Â»Wie man’s nimmt, Probus – wie man’s nimmt.« Entschlossen, das Thema ruhen zu lassen, atmete Varro tief durch und hantierte umständlich an seinem Ring herum. »Ich bin sicher, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.«
    Â»Du hältst ihm immer noch die Treue, stimmt’s?«
    Â»Hand aufs Herz, alter Freund: Wärst du an meiner Stelle, würdest du es nicht genauso halten?«
    Â»Auf die Gefahr, undankbar zu erscheinen: Ich weiß nicht, wie ich es diesbezüglich halten würde.«
    Â»Ich verdanke ihm mein Leben, Probus. Genau wie dir.«
    Â»Stimmt. Aber musst du ihm deshalb auf ewig dankbar sein?« Bedacht, die Worte sorgfältig zu wählen, legte Probus eine Pause ein. Dann sagte er: »Sieh mal, Gaius, seit damals sind mehr als eineinhalb Jahrzehnte vergangen. Das solltest du nicht vergessen.«
    Â»Tu ich auch nicht.«
    Â»Na also. Wenn dem so ist, weißt du auch, wie viel sich seit damals geändert hat.« Kein Freund großer Worte, holte Probus tief Luft und rückte bis auf Armlänge an Varro heran. »An der Hand dieses Mannes klebt Blut, das weißt du so gut wie ich. Das Blut seines Schwiegervaters, das Blut seiner Rivalen, die er einen nach dem anderen ausgeschaltet hat, das Blut von Senatoren, die nicht nach seiner Pfeife getanzt haben.«
    Â»Schon gut, Probus, ich verstehe, was du meinst.« Entschlossen, nicht mehr Staub aufzuwirbeln als nötig, stand Varro auf, verpasste dem Medicus einen Klaps und wechselte abrupt das Thema. »Was ich noch sagen wollte – wie geht’s eigentlich deiner Frau?«
    Â»Porcia?«, antwortete Probus, ein Lächeln im Gesicht, das Varro nicht recht zu deuten wusste. »Der geht’s gut.«
    Â»Und den Kindern?«
    Â»Du, Gaius?«
    Â»Ja, was gibt’s?«
    Â»Kann ich dich mal was fragen?«
    Â»Nur zu,

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