Die Stunde der Gladiatoren
mittelgroÃe und mit einer weinroten Tunika bekleidete Mann Mitte 30, anhand seines Akzents, der vom örtlichen deutlich abwich, unschwer als Orientale zu erkennen. »Wer hätte gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen!«
»Was willst du?« Bleich vor Angst, sah sich Aspasia um. Niemand, weder ihre Gäste noch die Passanten, die vor der Theke Schlange standen, schien von dem Gespräch Notiz zu nehmen, und es schien, all sei all das hier nur ein böser Traum. »Verschwinde, sonst kannst du was erleben!«
»Falls du beabsichtigst, die Soldaten da vorn zu Hilfe zu rufen, lass es lieber gleich sein.« Der Fremde, mit dem sie am Vorabend Bekanntschaft geschlossen hatte, rückte seine Augenklappe zurecht und lieà der Drohung ein ebenso schmieriges wie zynisches Lächeln folgen. »Glaub mir, Flittchen: Du würdest es bereuen.«
»Was willst du?«
»Gegenfrage: Wo befindet sich eigentlich deine Tochter?«
»Bei einer Freundin!«, stieà Aspasia hervor und folgte dem Blick des Unbekannten, der dafür sorgte, dass sein Hintermann zurückzuweichen begann. »Lass sie in Ruhe, sonst bekommst du es mit mir zu tun.«
»Soll das etwa eine Drohung sein?«
»Nenn es, wie du willst!«, zischte Aspasia, bemüht, sich ihre Angst um Penelope, die sie zum Einkaufen aufs Forum geschickt hatte, nicht anmerken zu lassen. »Wenn du denkst, ich tanze nach deiner Pfeife, liegst du falsch!«
»Wenn du denkst, ich lasse mir von dir auf der Nase rumtanzen, hast du dich geschnitten, Abschaum.«
»Sieh zu, dass du verschwindest, sonst â¦Â«
»Sonst was? Bist du eigentlich so dumm oder tust du nur so? Damit du Bescheid weiÃt, Gunstgewerblerin: Ein Wink von mir, und du bist die längste Zeit Schankwirtin gewesen.«
»Dein Imponiergehabe kannst du dir sparen. So etwas zieht bei mir nicht.«
Der Unbekannte brach in Gelächter aus. »WeiÃt du, was ich an dir bewundere, Flittchen? Deine Dreistigkeit. Du hast Mumm, das muss dir der Neid lassen. Aber er wird dir nichts nützen.« Scheinbar unbeeindruckt von den Kunden, die ihn mit verstohlenen Blicken musterten, beugte sich der Syrer über den Tresen, zog Aspasia zu sich heran und knurrte: »Wie gesagt: Es würde mir leidtun, wenn deiner Tochter etwas zustoÃen würde. Du weiÃt doch, überall lauern Gefahren. Sogar beim Einkaufen auf dem Forum. Oder nehmen wir einmal die hübsche Taverne hier.« Der Dunkelhaarige, dessen Atem der Geruch von Wein anhaftete, fletschte die vergilbten Zähne. »Wie du weiÃt, ist gerade einer der heiÃesten und trockensten Sommer seit Jahren. Da sind Brände bekanntlich keine Seltenheit. WeiÃt du was, Dirne? Erst neulich, vor etwa zehn Tagen, ist in meiner Nachbarschaft ein Haus abgebrannt. Bis auf die Grundmauern.« Der Syrer lächelte. »Zu dumm, die Sache mit dem Kohlenbecken. Umgekippt, und dann auch noch im Hochsommer! Weià doch jeder, wie gefährlich es ist, die Dinger zu benutzen.« Als sei dies das Selbstverständlichste der Welt, griff der Unbekannte in einen der Tonkrüge, förderte eine Olive zutage und zerkaute sie. »Genügt das, oder muss ich noch deutlicher werden?«
Aspasia hielt seinem Blick stand und schwieg.
»Damit wir beide uns verstehen, schöne Frau: Meine Gefährten und ich sind über alles, was du tust, im Bilde. Und darum: Noch ein Wort zu diesem Varro, und ich mache Hackfleisch aus dir.« Der Fremde lieà von Aspasia ab, spuckte den Olivenkern aus und sagte: »Schade â wirklich schade, wenn dir etwas zustoÃen würde. Täte mir leid um dich â und natürlich auch um deine â¦Â«
Der Syrer kam nicht dazu, den Satz zu vollenden.
»Ãrger, Frau Wirtin?«, hörte er jemanden hinter sich sagen, dessen Stimme so klang, als ob mit ihm nicht zu spaÃen wäre. »Wenn ja, brauchst du es nur zu sagen.«
AuÃer sich vor Wut wirbelte der Fremde herum. Und sah sich mit einem Riesen konfrontiert, in dem selbst Herkules seinen Meister gefunden hätte.
Es war die Schankwirtin, welche die Situation bereinigte. So prompt, dass es dem Unbekannten die Sprache verschlug. »Nicht nötig, Syphax«, versetzte Aspasia kühl. »Der Herr wollte gerade gehen!«
X
Brückenthermen, eine Viertelstunde später
[11:40 h]
»Wenn du so weitermachst, Gaius, kannst du dein Bein abschreiben«, Valerius Probus,
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