Die Stunde Der Vampire
weiter, wo die Auffahrt des Gebäudes die HauptstraÃe kreuzte, parkte eine Limousine mittlerer GröÃe am Bordstein. Die Scheinwerfer gingen an. Zuerst dachte ich, es sei Bradley. Doch er konnte nicht hier sein, um mich abzuholen. Er war tot. In dem Augenblick hätte ich beinahe die Beherrschung verloren. Er war tot, und er durfte es eigentlich nicht sein.
Die beiden vorderen Türen gingen auf, und zwei Männer stiegen aus dem Wagen. Es hätten durchaus Bradley und Tom sein können, meine beiden Men in Black, wie ich sie bei meiner Ankunft in D.C. zum ersten Mal gesehen hatte. Aber nein. Ich geriet in Panik und wich ein paar Schritte zurück, bereit davonzulaufen. Dann atmete ich ein. Ich erhaschte einen vertrauten Geruch nach Waffenöl und Leder.
Die beiden Männer traten an die Fahrerseite des Wagens, lehnten sich seitlich an die Motorhaube und beobachteten mich. Der eine hatte zerzauste Haare, trug einen Trenchcoat über einer Bundfaltenhose und ein Anzughemd, das am Kragen nicht zugeknöpft war. Der andere: Bikerstiefel, Jeans, T-Shirt und Lederjacke, Schnurrbart und ein Stirnrunzeln. Ben und Cormac, mit Bens Mietwagen.
Jetzt wäre ich am liebsten in Tränen ausgebrochen. Ich rieb mir mit zitternder Hand über das Gesicht.
Ben kam auf mich zu, schlüpfte aus dem Mantel und hielt ihn mir entgegen. Er wartete, um mir in den Trenchcoat helfen zu können, als hätten wir so etwas wie ein Date. Gab keinen Ton von sich. Er bestand vor allem aus Schatten, da er sich auÃerhalb der Reichweite der Scheinwerfer befand. Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen.
Die Wölfin wollte davonlaufen, doch ich wäre ihm am liebsten in die Arme gefallen. Während meine beiden Hälften im Widerstreit lagen, blieb ich wie angewurzelt stehen, völlig bewegungsunfähig.
Er legte mir den Mantel um die Schultern und richtete ihn zurecht, damit er nicht herunterrutschte. Seine Körperwärme haftete dem Kleidungsstück an und lieà mich
einen Augenblick noch heftiger erzittern, doch ich packte den Stoff und zog ihn fest um mich. Bens Hand blieb auf meiner Schulter, was mich ebenfalls erzittern lieÃ. Im Moment hasste ich Menschen.
Ich weinte lautlose, frustrierte Tränen und brachte kein Wort heraus. Konnte nicht erklären, warum ich wollte, dass er fortging, und warum er es auf keinen Fall tun durfte, weil ich einen Freund brauchte.
»Machen wir, dass wir von hier verschwinden«, sagte er, wobei er mir die Schulter drückte, um mich in Richtung des Wagens zu steuern. Ich schlurfte los. Er öffnete die Hintertür und schob mich ins Wageninnere, als sei ich ein kleines Kind oder krank.
Cormac fuhr. Er beäugte mich im Rückspiegel. »Soll ich jemanden für dich zusammenschlagen?«
Ich lachte, ein gepresstes und schmerzliches Geräusch. Keuchend rang ich nach Luft und hatte das Gefühl, vielleicht gleich zu hyperventilieren. »Kann ich bei Gelegenheit darauf zurückkommen?«
Ben saà neben mir auf dem Rücksitz. »Mir persönlich gefällt der Ausdruck âºauf Schadenersatz verklagenâ¹ um einiges besser.«
»Weil du prozentual daran beteiligt bist«, sagte Cormac. Ben zuckte ungerührt mit den Schultern.
Meine Atmung hatte sich allmählich wieder beruhigt. Ich entspannte mich ein wenig. Vielleicht. »Wie schlimm ist es?«
»Wie schlimm ist was?«, fragte Ben.
»Haben die Lynchmorde schon angefangen? Fackeln und Mistgabeln? Repressive Gesetzgebung?«
»Es ist noch zu früh, um das abzuschätzen«, sagte er. »Die Fernsehleute sind noch nicht fertig damit. Wahrscheinlich werden sie die Aufnahmen weitere zwölf Stunden wieder und wieder abspielen müssen, bevor sie den Leuten wirklich zum Hals heraushängen.«
»Fernsehleute?«
»Jede Sendergruppe. Jeder Kabelnachrichtensender. Ich glaube, der Sci-Fi-Kanal sendet gerade einen Marathon von Das Tier .«
Das würde meiner Sache bestimmt nicht helfen. Nahm denn niemand auch nur ein klein wenig Anstoà daran, dass man mich entführt hatte?
»Und Ihre Mutter hat angerufen. Sie möchte, dass Sie sie zurückrufen.«
»Im Ernst ?« Meine Stimme hörte sich kreischend an. »Was hat sie gesagt?«
»Sie hat gar nichts gesagt, sie hat nur angerufen.«
»Hat sie es sich angesehen?«
»Ich weià es nicht. Rufen Sie sie zurück, wenn Sie es wissen möchten.«
Ich presste mein Gesicht an
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