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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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Fördergelder zu verlieren; sie waren längst verbraucht.
    Die Computer waren eingeschaltet, aber die Bildschirmschoner liefen. Ich fragte mich, ob ich versehentlich an den Schreibtisch stoßen und einen Bildschirm aufleuchten lassen könnte, vielleicht ein Word-Dokument mit der dicken, großen Überschrift: »Was wirklich in Flemmings Labor passiert.«
    Ich ging langsam vorwärts, wobei ich mir den Hals verrenkte, um die obersten Blätter auf den zahlreichen Stapeln entziffern zu können. Da waren Diagramme, Tabellen, Statistiken und Artikel mit Überschriften, in denen lange lateinische Wörter vorkamen. Ohne mich hinzusetzen und die Dokumente durchzuackern, würde ich mir keinen Reim auf das Chaos machen können.
    Ich wollte mir unbedingt ansehen, was er durch den Aktenvernichter jagte.
    Er behielt mich im Auge, beobachtete mich über die Schulter hinweg, während er immer weiter Seiten in den Schredder stopfte.
    Â»Ã„hm, meinen Sie, der Ausschuss würde gerne einen Blick auf das werfen, was Sie da vernichten?«
    Â»Ich wüsste nicht, was Sie das anginge.«
    Â»Dann wären Sie wohl auch nicht geneigt, mir eine Antwort zu geben, wenn ich Sie direkt nach dem wahren Zweck Ihrer Forschungen fragte?«

    Â»Behandeln Sie eigentlich jeden, als sei er zu Gast in Ihrer Sendung?«
    So hatte ich die Sache noch nie betrachtet, aber er hatte nicht ganz unrecht. Unverbindlich zuckte ich mit den Schultern.
    Â»Ich habe es Ihnen nun schon mehrere Male gesagt, und dem Ausschuss ebenfalls: Ich betreibe hier reine Wissenschaft, Forschungen auf der Suche nach Informationen, nichts weiter.«
    Â»Was sollte dann das Ganze von wegen hinter das Geheimnis vampirischer Unsterblichkeit kommen, von dem Sie dem Ausschuss erzählt haben?«
    Ihm waren die Seiten für den Aktenvernichter ausgegangen. Es wurde still im Zimmer, ein jäher Kontrast zum mahlenden Lärmen des Geräts. Nach einer Pause sagte er: »Mögliche medizinische Anwendung. Das ist alles. Von der Regierung finanzierte Programme mögen Forschungen, die sich irgendwann praktisch anwenden lassen. Das will der Ausschuss hören. Ich musste ihnen etwas erzählen.«
    Â»Haben Sie es geschafft? Das Geheimnis vampirischer Unsterblichkeit zu lüften?«
    Er schüttelte den Kopf, und einen Augenblick fiel die ständige wachsame Anspannung von seinem Gesicht ab. Der Wissenschaftler, neugierig und gesprächig, verdrängte den paranoiden Regierungsforscher. »Es scheint nichts Physiologisches zu sein. Es ist beinahe, als verharrten ihre Körper auf Zellebene in einer Art Stasis. Der Zellverfall hört einfach auf. Als sei es ein Atom-, ein Quanteneffekt, kein biologischer. Es scheint außerhalb meiner unmittelbaren
Fachkenntnis zu liegen.« Er schenkte mir ein gequältes Lächeln.
    Â»Wie Magie«, sagte ich.
    Â»Was?«
    Â»Quantenphysik hat für mich immer nach Magie geklungen. Das ist alles.«
    Â»Ms. Norville, ich bin wirklich sehr beschäftigt, und so angenehm Ihre Gesellschaft auch sein mag, habe ich im Moment keine Zeit für ein Gespräch mit Ihnen.«
    Â»Wann denn dann?«
    Er starrte mich an. »Ich weiß es nicht.«
    Â»Was so viel heißt wie – nie.«
    Er nickte kaum merklich.
    Steifbeinig ging ich aus dem Zimmer. Hinter mir fiel die Tür zu, und ich konnte hören, wie ein Schloss einrastete.

Sechs
    Die Ausschussmitglieder setzten mich endlich für den Nachmittag auf die Tagesordnung. Allmählich fing ich an, unter banger, erwartungsvoller Nervosität zu leiden. Ich wollte es einfach nur hinter mich bringen.
    Ben und ich gingen den Korridor in Richtung des Sitzungssaales entlang. Etwa fünfzehn Meter davor brachte ich ihn zum Stehen, indem ich ihm die Hand auf den Arm legte.
    Ich erkannte die Silhouette des Mannes, der dort vor der Tür an der Wand lehnte. Er wäre mir so oder so aufgefallen, denn er wirkte deplatziert an diesem Ort: Seine legeren Klamotten à la Mittlerer Westen – schwarzes T-Shirt, ausgeblichene Jeans, Bikerstiefel – standen im Kontrast zur Ostküsten-Businessmode, die in der Hauptstadt vorherrschte. Seine Lederjacke baumelte von seiner Hand. Die Sicherheitsleute des Gebäudes hatten ihm seinen Gürtelpistolenhalfter gelassen – in dem tatsächlich ein Revolver steckte.
    Ich wusste ganz genau, was ich sehen würde, sobald der Mann sich zu uns umdrehte. Er war Anfang dreißig,

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