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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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erschien ihr wie der Trommelwirbel im Tempel Turakamus. Papewaio stieß einen Befehl aus, und die Acoma-Krieger, die noch kämpfen konnten, schlossen die Reihen, traten notgedrungen zurück über die noch warmen Körper ihrer Kameraden. Mara betete zu Lashima und bat um Kraft; dann streckte sie ihre zitternden Hände nach dem Bogen des gefallenen Schützen aus.
    Der Hornbogen war schwer und unhandlich und der Pfeil schlüpfrig in ihren schwitzenden Händen. Ihre Hand rutschte von der Sehne ab, der Pfeil sank zur Seite. Es gelang ihr, ihn erneut anzulegen, doch der Blutandrang in ihrem Kopf ließ ihr einen Moment schwarz vor Augen werden.
    Sie zwang sich, nur mit Hilfe des Tastsinns weiterzumachen. Die Sicht kehrte langsam zurück; ein Mann krachte gegen die Sänfte, sein Blut spritzte über weiße Gaze. Mara hob den Bogen und versuchte ihn ungeachtet ihrer Schwäche und des Schmerzes zu spannen.
    Ihre Bemühungen schlugen fehl. Ein mörderischer Schmerz schoß durch ihre Schulter, und ihre Lippen öffneten sich zu einem Schrei, den sie nicht unterdrücken konnte. Sie vergoß Tränen der Scham, schloß die Augen und versuchte es noch einmal. Der Bogen widerstand ihr wie eine eiserne Wurzel. Zitteranfälle schüttelten ihren Körper, und eine Ohnmacht drohte ihr Bewußtsein in Schwärze zu tauchen. Auch als in ihren Ohren die Schreie der Männer und das Klappern der Waffen immer schwächer wurden, versuchte sie weiter, den Bogen zu spannen; einen Bogen, der ihr vermutlich selbst dann widerstanden hätte, wenn sie sich bester Gesundheit erfreut hätte.
    Plötzlich spürte sie die Unterstützung von anderen Armen. Kräftige Hände griffen um ihre Schultern herum und schlossen sich fest um die Finger, mit denen sie den ledernen Griff und die Sehne hielt. Wie durch ein Wunder verband sich jetzt die Kraft des Mannes mit ihrer, der Bogen krümmte sich – und der Pfeil sauste davon, begleitet von einem Schrei, der selbst den Kampflärm übertönte. Die Herrscherin der Acoma aber wurde ohnmächtig im Schoß eines Mannes mit einer Beinverletzung, der in der Wildnis den Tod eines verachteten Verbrechers hätte sterben müssen, wären sie und ihr verblüffendes Geschick nicht gewesen. Der Krieger legte sie auf die beschmutzten Kissen der Sänfte und band mit dem Stoff, den er eigentlich für seine eigene Wunde hatte benutzen wollen, die Pfeilwunde an ihrer Schulter ab, während um ihn herum die Soldaten der Tuscalora siegessicher immer weiter vordrangen.

    Lord Jidu achtete nicht auf die frischen Früchte neben ihm, während er eifrig nach vorn geneigt auf einem Kissen im Eingang zu seinem Haus saß und den Kampf beobachtete. Er ließ sich von einem Sklaven frische Luft zufächeln, doch das nützte nicht viel. Die Aufregung brachte ihn zum Schwitzen, und Schweiß tropfte von seiner Stirn, als er den bevorstehenden Sieg verfolgte – auch wenn es länger dauerte, als er erwartet hatte. Viele seiner besten Soldaten lagen blutend auf dem Kiesweg, nicht wenige davon hatte der schwarzhaarige Offizier der Acoma gefällt, dessen Hände bis zu den Handgelenken rot waren. Er schien unbesiegbar, mit tödlicher Regelmäßigkeit hob und senkte sich seine Klinge. Doch der Sieg würde den Tuscalora gehören, wie begabt zum Töten der Offizier auch sein mochte. Unaufhörlich lichteten sich die Reihen um ihn, überwältigt von dem mächtigeren Gegner. Einen kurzen Augenblick erwog Jidu, ihn gefangennehmen zu lassen, denn sein Wert in der Arena würde die Kosten für diesen Kampf ausgleichen. Doch dann verwarf der Lord der Tuscalora diesen Gedanken wieder. Es war am besten, das hier schnell zu Ende zu bringen. Schließlich war da immer noch die andere Streitmacht der Acoma an seiner Grenze, die jetzt, nach dem Abschuß des Signalpfeils, zweifellos ebenfalls angreifen würde. Aber immerhin hatte einer der Bogenschützen die Lady getroffen, und möglicherweise verblutete sie ja genau in diesem Moment.
    Lord Jidu griff nach einem Getränk auf dem Tablett. Er nahm einen großen Schluck und seufzte erwartungsvoll auf. Das Problem mit seinen Spielschulden gegenüber Lord Buntokapi löste sich einfacher, als er jemals zu hoffen gewagt hätte. Vielleicht würde er sogar den Natami der Acoma erhalten, um ihn bei den Gebeinen der Tuscalora-Ahnen begraben zu können. Dann dachte Lord Jidu an Tecuma von den Anasati, der von diesem Kampf nichts ahnte. Ein Lachanfall schüttelte ihn und ließ seinen Stiernacken erbeben. Den Acoma-Wurm gefangennehmen und

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