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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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anhalten zu lassen. Papewaio gab dem anderen Offizier und den fünfzig Männern ihres Gefolges ein Zeichen, und die Träger setzten die Sänfte im Hof des Herrenhauses ab.
    Mara zog die Vorhänge zur Seite, um einen besseren Blick auf ihren unfreiwilligen Gastgeber zu erhaschen. Tidu von den Tuscalora war ein fetter Mann mit einem rundlichen Mondgesicht und Augenlidern, die die langen Wimpern einer Frau zu umgeben schienen. Seine plumpen Handgelenke waren mit Jade-Armbändern geschmückt, und dunkle Muschelscheiben waren an dem gebauschten Stoff seines Gewandes befestigt, so daß er wie ein Kesselflicker klang, wenn er sich bewegte. Eine Parfumwolke umgab ihn; sie war so dicht, daß man fast schon glaubte, sie sehen zu können.
    Mara hatte von Jican erfahren, daß Jidu vom Ertrag der Chocha-la-Büsche lebte. Die seltene Vielfalt der Chocha-Bohnen auf seinen Ländereien diente zur Herstellung des wertvollsten und begehrtesten Konfekts im ganzen Kaiserreich, und wegen einer anormalen Konzentration von Mineralen in der Erde waren die Tuscalora mit den herausragendsten Pflanzen gesegnet. Hätte Jidu den Verstand zum organisierten Arbeiten und Handel gehabt, hätte er ein äußerst reicher Mann sein können. So war er lerloch lediglich wohlhabend.
    Doch wenn der Tuscalora-Herrscher auch seinen Besitz auf armselige Weise verwaltete, war dies kein Grund, ihn zu unterschätzen. Lord Jidus Art zu argumentieren hatte mehr als einmal zu Blutvergießen mit seinen Nachbarn im Süden geführt. Nur die Stärke der Acoma – vor dem Tod Sezus – hatte die Aggressivität des Mannes in Schach halten können. Mara kam in der Erwartung, daß es Probleme geben würde, und in der Hoffnung, eine Auseinandersetzung vermeiden zu können. Noch während sie Lord Jidu begrüßte, bezog ihre gesamte Garnison in angemessener Entfernung zur Grenze der Tuscalora Position, abgesehen von ein paar Wachen entlang der äußersten Grenze ihres Besitzes. Sollte es zu einem Kampf kommen, würden Tasido und Lujan einen gemeinsamen Angriff gegen die Tuscalora anführen, während Keyoke die Reserven zurückhalten würde, um im Notfall das Herrenhaus zu schützen. Wenn Maras Plan fehlschlug, der Kampf sich gegen sie richtete und die Acoma sich rechtzeitig zurückziehen konnten, um die Zahl ihrer Opfer auf ein Minimum zu begrenzen, würde die Truppe noch stark genug sein, um Ayakis Leben zu beschützen, bis sein Großvater ihn retten konnte. Mara verdrängte solche Gedanken. Unter solchen Umständen würde sie tot und alles in den Händen der Götter sein – oder in denen Tecumas von den Anasati.
    Lord Jidu war von einem Läufer seiner Grenzwachen über die Besucherin informiert worden, und jetzt verbeugte er sich, ohne jedoch aus dem Schatten seiner Empfangshalle herauszutreten. Es schien ihn nicht weiter zu beunruhigen, daß Maras Ehrengarde kampfgerüstet erschien, denn er lehnte ungezwungen am Türpfosten. »Lady Mara, Eure Ankunft ist ein unerwartetes Vergnügen. Was verschafft mir diese Ehre?« Sein Gesichtsausdruck wurde sofort gelassen, als seine Besucherin ihren Kriegern befahl, sich unbefangen um die Sänfte herum aufzustellen. Die Lady hatte eindeutig vor zu bleiben, obwohl der Lord der Tuscalora unverblümt jede Höflichkeit vermissen ließ, indem er sie nicht zu einer kleinen Erfrischung ins Haus bat.
    Mara fröstelte angesichts der berechnenden Augen des Mannes, doch sie zwang sich zu sprechen. »Lord Jidu, ich habe hier einen von Euch unterzeichneten Vertrag, nach dem Ihr meinem verstorbenen Ehemann die Summe von zweitausend Centunes in Metall schuldet. Mein Hadonra hat wegen dieser Angelegenheit in den letzten Wochen mehrmals Kontakt mit Eurem Hadonra aufgenommen. Als eine weitere Aufforderung, von mir persönlich verfaßt, Euch übergeben wurde, habt Ihr mit einer Beleidigung geantwortet. Ich bin gekommen, um mit Euch darüber zu reden.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was Ihr meint«, sagte der Lord der Tuscalora. Er warf umständlich ein Stückchen Obstschale weg und schickte mit einer kurzen Kopfbewegung einen Diener rasch ins Haus. Im nächsten Augenblick flitzte der Läufer aus einem Seiteneingang und rannte in die Richtung, in der vermutlich die Unterkünfte der Soldaten lagen.
    »Ich meine folgendes«, sagte Mara mit der ganzen Kraft, die sie aufbringen konnte. »Wenn Ihr sagt, Ihr würdet Euch nicht verpflichtet fühlen, auf meine Nachricht zu antworten, und wäret erfreut, wenn ich aufhören würde, Euch zu ›nerven‹,

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