Die Stunde der Wahrheit
hatte diese Strategie von Anfang an verfolgt. Welch eine ärgerliche Wendung der Situation! Wenn Jidu noch länger nachdachte, wenn er sich auch nur die Zeit nahm, einen Läufer loszuschicken, um die Größe des Schadens feststellen zu lassen und herauszufinden, wie groß die Chance seiner Streitkräfte war, durchzubrechen, würde er möglicherweise alles verlieren. Er hatte keine andere Wahl als zu kapitulieren.
»Ich anerkenne die Ehre der Acoma«, rief Lord Jidu, obwohl ihn eine Scham ergriff, die ihm Bauchschmerzen bereitete, als hätte er unreife Früchte gegessen. Zögernd gab sein Erster Befehlshaber den Befehl, die Waffen niederzulegen, an die Krieger weiter.
Die überlebenden Soldaten der Acoma lockerten den Schildwall, müde, aber stolz. Papewaios Augen blitzten siegesgewiß, doch als er sich umdrehte, um den Triumph mit seiner Herrin zu teilen, erstarrte seine schweißüberströmte Gestalt. Hastig beugte er sich hinab; vergessen war das blutrote Schwert in seiner Hand. Und für einen letzten, boshaften Augenblick betete der Lord der Tuscalora darum, daß ihm das Glück hold wäre.
Denn wenn Lady Mara im Sterben lag, waren die Tuscalora ruiniert.
Mara erhob sich langsam; ihr Kopf schmerzte, und ihr Arm brannte. Ein Soldat band ihn mit einem von der Sänfte abgerissenen Stück Stoff ab. »Was …«, begann sie schwach.
Plötzlich beugte sich Papewaios Gesicht über sie. »Mylady?«
»Wie Ihr gehofft hattet, ordnete Jidu den Rückzug an, als seine Felder bedroht waren.« Er blickte über die Schulter, wo seine mitgenommenen und müden Krieger in Bereitschaft standen. »Wir sind immer noch in Gefahr, doch ich denke, Ihr habt im Augenblick die stärkere Position. Ihr müßt mit Jidu sprechen, bevor sich die Situation zum Schlechten wendet.«
Mara schüttelte den Kopf und gestattete Papewaio und einem anderen Soldaten, ihr aus der Sänfte zu helfen. Ihre Füße schienen ihr nicht gehorchen zu wollen, und sie klammerte sich an Papewaios Arm, als sie langsam über den blutbespritzten Kies zu den verbliebenen Soldaten schritt. Mara sah alles verschwommen; sie blinzelte mehrmals, um klarer sehen zu können, und bemerkte den sauren Geruch in der Luft. Der Rauch der brennenden Felder trieb wie ein Leichentuch auf das Herrenhaus zu.
»Mara!« Jidu klang verzweifelt. »Ich schlage einen Waffenstillstand vor. Befehlt Euren Männern, sich von meinen Feldern zu entfernen, und ich werde zugeben, daß ich Unrecht hatte, als ich meiner Verpflichtung nicht nachkam.«
Mara betrachtete den fetten, ängstlichen Mann und machte sich kühl daran, die Situation zum Vorteil der Acoma auszunutzen. »Ihr habt mich ohne Provokation meinerseits angegriffen. Glaubt Ihr, ich könnte Euch das Abschlachten vieler guter Männer für das Eingeständnis eines Unrechts vergeben, das Ihr mir ohnehin geschuldet habt?«
»Wir können unsere Probleme später klären!« sehne Jidu. Er wurde immer röter im Gesicht. »Meine Felder brennen!«
Mara nickte. Papewaio machte ein Zeichen mit seinem Schwert, und einer der Krieger sandte einen zweiten Signalpfeil in die Luft. Mara versuchte zu sprechen, doch ein Schwächeanfall überfiel sie. Sie flüsterte Papewaio etwas zu. »Meine Herrin sagt, daß unsere Arbeiter das Feuer löschen werden«, gab er weiter. »Aber unsere Männer werden ihre Stellung mit brennenden Fackeln beibehalten. Sollte irgend etwas nicht ordnungsgemäß verlaufen, werden sie die Chocha-la-Felder in Asche verwandeln.«
Jidu warf stürmische Blicke in alle Richtungen, als er krampfhaft über einen Weg nachdachte, wie er noch einen Vorteil für sich herausschlagen könnte. Ein zerrissener, rauchbefleckter Läufer rannte in den Hof. »Herr, die Acoma-Soldaten drängen unsere Männer zurück. Es gelingt den Hilfstruppen nicht, sich einen Weg zum Fluß zu bahnen.«
Der Lord der Tuscalora verlor jede Entschlußkraft. Gequält gab er auf und ließ sich in die Kissen zurücksinken. Mit den Händen rieb er über seine rundlichen Knie. »Also gut, Mara. Ich akzeptiere das Unausweichliche. Wir werden uns Euren Wünschen beugen.« Er wandte sich an seinen Ersten Befehlshaber: »Legt die Waffen nieder.«
Der Lord der Tuscalora schaute unsicher drein, während Mara ihr Gewicht verlagerte, um eine bequemere Stellung für ihren verwundeten Arm zu finden. Jidu hatte der Lady der Acoma angeboten, sich von seinem Heiler versorgen zu lassen, doch sie hatte abgelehnt und statt dessen Papewaio eine Bandage anlegen lassen. Die Soldaten der
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