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Die Stunde Der Woelfe

Die Stunde Der Woelfe

Titel: Die Stunde Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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maßgeschneiderten Kostüm sah in die Kamera und dann zu uns. Sobald dieses eine Fernsehteam uns im Blickfeld hatte, sahen die anderen Nachrichtenteams sich danach um, worauf ihre Konkurrenten gestoßen waren. Aufgrund meines Aufzugs in Jeans und Pulli war es offensichtlich, dass ich eine Zivilistin war, und zwar an einem Ort, an dem die Polizei Zivilisten normalerweise keinen Zutritt gewährte. Die Presse würde Fragen stellen. Ich drehte den Nachrichtenleuten den Rücken zu.
    Â»Ich mag keine Kameras«, sagte ich. »Es wäre mir lieber, wenn die Leute nicht wüssten, wie ich aussehe.«
    Â»Okay.« Hardin trat zur Seite, sodass sie mich vor den
Fernsehleuten abschirmte. »Salazar, schicken Sie jemand in diese Gebäude, um sicherzustellen, dass sie nicht versuchen, aus den Fenstern herunterzufilmen.«
    Â»Bereits geschehen.«
    Â»Gut. Das hier sollte nicht lange dauern.«
    Â»Bringen wir es einfach hinter uns«, sagte ich. Salazar führte uns beide zur Mündung der Gasse.
    Ich hatte gesehen, was Werwölfe und Vampire tun konnten, wenn sie wirklich die Kontrolle verloren, wenn sie nur noch Blut und Gemetzel im Sinn hatten. Völlig zerfetztes Wild. Hirschgedärme überall, während ein halbes Dutzend Wölfe sich in dem Kadaver rekelte. Ich glaubte zu wissen, was mich erwartete. Doch das hier war nichts dergleichen.
    Ihre Augen waren geöffnet, ihre dunklen Haare blutverklebt, Blutspritzer bedeckten ihr schlaffes Gesicht. Doch ich sah zuerst die Augen, erstarrt und glänzend. Der Kopf lag etwa anderthalb Meter von den übrigen sterblichen Überresten entfernt.
    Einen Augenblick lang ließ meine Sehkraft nach, Flecken tanzten vor meinen Augen. Da waren Teile. Die Beine zur einen Seite verdreht, bloße Arme und der Oberkörper zur anderen Seite, die Kleidung jeweils auf gleicher Höhe zerrissen. Hervorgequollene Organe – glitzernde, dunkle Klumpen – lagen dazwischen. Wie Ausschussware in einer Metzgerei, nichts, was draußen auf die Straße gehörte, ins Freie.
    Das Schlimmste war, dass ich nachvollziehen konnte, wie der Angreifer vorgegangen war. Zuerst hatte er die Krallen in den Bauch versenkt, dann in entgegengesetzte
Richtungen auseinandergerissen, das aufgerissene Maul um die Kehle …
    Ich war ein Mensch. Ich konnte das nicht tun. Ich konnte es noch nicht einmal denken . Aber die Wölfin konnte es. Tat es. Für den Bruchteil einer Sekunde wusste ich nicht, was ich war, weil ich zwischen den beiden feststeckte. Ich musste mir ins Gedächtnis rufen, wer ich war. Ich bedeckte mir den Mund und wandte mich ab.
    Ein Witzbold in Uniform lachte. »Und so was nennt sich nun Monster.«
    Ich starrte ihn wütend an – ein anderer Wolf hätte es als Herausforderung begriffen. Aber dieser Spaßvogel verstand mich nicht.
    Â»Ich habe noch nie jemandem die Kehle rausgerissen«, sagte ich. Obwohl bei Zan nicht viel gefehlt hätte …
    Hardin stand neben mir. »Sie ist die Dritte in den letzten beiden Monaten, bei der wir dieses Vorgehen festgestellt haben. Die ersten beiden sind als Opfer wilder Tiere zu den Akten gelegt worden. Kojoten vielleicht. Dann habe ich angefangen, Fragen zu stellen. Wir haben herausgefunden, dass der Speichel an den Bisswunden menschlich ist. Größtenteils menschlich jedenfalls.«
    Ich bog um die Ecke aus der Gasse und lehnte mich gegen die Wand. So. Konnten Werwölfe tatsächlich ihre natürlichen Triebe überwinden und produktive Mitglieder der Gesellschaft sein, oder redete ich nur heiße Luft? Ich wollte glauben, dass das hier nicht von einem Lykanthropen begangen worden war. Hardin hatte unrecht, das hier war irgendein Tier gewesen …
    Ich schloss die Augen und atmete tief ein.

    Der Geruch nach Blut und Verwesung war überwältigend. Das Opfer lag hier schon seit der vergangenen Nacht. Aas, deutete mein anderes Ich an, und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Aufhören! Ich drang weiter vor, bis zu den kleinen Gerüchen, die am Rand meiner Sinneswahrnehmung tänzelten, wie das glitzernde Sonnenlicht auf sich kräuselnden Wellen.
    Teer und Asphalt. Autoabgase. Hardin hatte sich vor Kurzem die Zähne geputzt. Pfefferminze und Tabak. Ratten. Und … da war es. Ein wilder Geruch, der nicht zu den typischen Düften der Stadt passte. Nach Moschus riechend und ungebändigt. Und menschlich, unter allem. Männlich. Er roch nach Haut und

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