Die Stunde Der Woelfe
Ja, das könnte ich. Mit einem tiefen Atemzug lieà ich dieses Wissen verblassen.
Ich konnte SchweiÃ, Parfum, Alkohol und Zigaretten riechen. Auch Dinge, die düsterer waren: Jemand ganz in meiner Nähe hatte sich vor Kurzem einen Schuss gesetzt. Ich konnte das Zittern seines Herzschlags spüren, das Heroin auf seiner Haut riechen.
Wenn ich mich konzentrierte, konnte ich einzelne Gespräche an der Bar hören, zehn Schritte von uns entfernt. Die Musik strömte durch meine Schuhe. Gerade wurden die Sisters of Mercy gespielt.
»Ich gehe tanzen«, sagte ich zu T.J., der immer noch den Raum inspizierte.
»Ich sehe mir mal die süÃen Jungs da hinten in der Ecke
an.« Er nickte in Richtung von zwei Kerlen in engen Lederhosen, die sich miteinander unterhielten.
Eigentlich war es schade um T.J. Aber die süÃesten, nettesten Jungs waren immer schwul, nicht wahr?
Ich war Radio-DJ, bevor ich zu einem Werwolf wurde. Schon immer hatte ich es geliebt zu tanzen, den Rhythmus der Musik auszuschwitzen. Ich gesellte mich zu der Masse an Körpern, die auf der Tanzfläche pulsierte; nicht als Monster, das ein Blutbad im Schilde führte, sondern als ich. Seit dem Angriff, als ich zu dem geworden war, was ich bin, war ich nicht wirklich so in einem Club tanzen gewesen. Jahre. Manchmal fiel es mir schwer, mit Menschenmengen umzugehen. Doch wenn die Musik laut war, wenn ich ein namenloser Teil einer Gruppe war, hörte ich auf, mir Sorgen zu machen, dann war mir alles egal, und ich lebte für den Augenblick.
Ich lieà mich von der Musik führen und schloss die Augen. Dennoch konnte ich alle um mich spüren, jedes einzelne schlagende Herz. Ich nahm alles in mir auf, während sich Freude in mir breitmachte.
Inmitten des SchweiÃes und der Hitze konnte ich etwas Kaltes riechen. Ein dunkler Fleck bahnte sich einen Weg durch die Menge wie ein Schiff, das das Wasser zerpflügt; und die Leute â warme, lebendige Körper â prallten wie Wellen von ihm ab.
Werwölfe behalten selbst in Menschengestalt gewisse Fähigkeiten ihres Alter Egos bei. Geruchssinn, Gehör, Stärke, Wendigkeit. Unser Geruchssinn ist so gut ausgeprägt, dass wir eine einzelne Person inmitten einer Menschenmenge quer durch einen Raum wittern können.
Bevor ich mich umdrehen und weglaufen konnte, stand der Vampir vor mir und versperrte mir den Weg. Als ich versuchte, ihm auszuweichen, war er wieder vor mir. Er bewegte sich schnell, anmutig, ohne das geringste Anzeichen von Anstrengung.
Mein Atem ging immer schneller. Der Vampir lieà ein Gefühl von Panik in mir aufsteigen.
Ich ging davon aus, dass er zur örtlichen Vampirfamilie gehörte. Er wirkte jung und groÃspurig mit seinem roten Seidenhemd, dessen Kragen offen stand, und dem unerschütterlichen Grinsen. Seine Lippen waren gerade so weit geöffnet, dass die Spitzen seiner ReiÃzähne zu sehen waren.
»Wir möchten nicht, dass ihr euch hier herumtreibt.« Durch seine drahtige, raubtierhafte Art hatte er etwas von Uhrwerk Orange an sich.
Ich lieà den Blick auf der Suche nach T.J. durch den Raum schweifen. Zwei weitere Vampire, die makellos in Seidenhemden und gut sitzenden Kordhosen gekleidet waren und Kälte verströmten, hatten ihn in eine Ecke getrieben. T.J.s Hände waren zu Fäusten geballt. Er erwiderte meinen Blick, ein Muskelstrang in seinem Kiefer zuckte wild entschlossen. Seine Miene sollte mich beruhigen. Ich musste ihm vertrauen, doch er war zu weit weg, um mir zu helfen.
»Ich dachte, ihr mögt diesen Club nicht«, sagte ich.
»Wir haben unsere Meinung geändert. Und ihr habt den Club widerrechtlich betreten.«
»Nein.« Ich winselte leise auf. Ein paar Stunden hatte ich all das hinter mir lassen wollen.
Ich starrte ihn an, zitternd vor Wut. Ein Raubtier hatte es auf mich abgesehen, und ich wollte die Flucht ergreifen. Ein natürlicher Instinkt. Zwar wagte ich es nicht, den Vampir aus den Augen zu lassen, doch ein anderer Geruch erregte meine Aufmerksamkeit. Etwas Tierisches, ein Hauch von Fell und Moschus unter normalen Menschengerüchen. Werwolf.
Carl zögerte nicht. Er trat einfach an die Stelle, an der eben noch der Vampir gestanden hatte, und verdrängte ihn, bevor dieser überhaupt wusste, wie ihm geschah.
Das kleine Durcheinander führte dazu, dass sich die Vampire, die T.J. den Weg versperrten, zu uns umdrehten. T.J., der sich in einem offenen
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