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Die Stunde der Zaem

Die Stunde der Zaem

Titel: Die Stunde der Zaem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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darauf. War es lediglich eine Kleinigkeit, die er übersah?
    Er stutzte, weil er meinte, ein leises Geräusch gehört zu haben. Im nächsten Moment begann die Wand neben ihm sich zu verändern. Auf eine Höhe von ungefähr vier Fuß verblaßte das Licht, verging es in wirbelnden Schatten. Dahinter zeichnete sich ein Gesicht ab.
    »Lankohr!« rief Mythor überrascht aus.
    Der Aase kam eilenden Schrittes näher. Dicht vor dem Gorganer blieb er stehen, wandte sich um und winkte.
    Eine Aasin folgte ihm, während die Wand sich langsam wieder zu schließen begann. Sie trug ein kurzes weißes Röckchen, bis an die Knie reichende Stiefel, ein ärmelloses Wams und einen ledernen Gürtel, in den sie soeben ihren Zauberstab zurückschob.
    »Wie hast du mich gefunden?« wollte Mythor wissen.
    »Oh«, Lankohr winkte ab. »Das war ziemlich einfach. Heeva kennt sich überall aus.«
    »Deine Freundin?«
    »Ja«, nickte sie, ehe der Aase zu einer Erwiderung ansetzen konnte. »Wir verstehen uns ausgezeichnet.«
    »Heeva meint, daß du in großer Gefahr schwebst.« Lankohr konnte nicht länger damit zurückhalten. Die Erleichterung, daß es endlich aus ihm heraus war, spiegelte sich in seinen Zügen.
    Mythor wandte sich dem Mädchen zu.
    »Ich habe Informationen, wonach unsere Erste Frau Fronja und der Sohn des Kometen vermutlich der Hexenpolitik geopfert werden sollen«, bestätigte sie. »Und du bist jener, von dem die geheimen Gesänge berichten.«
    »Niemals werden alle Zaubermütter es wagen, die Hand gegen Fronja zu erheben. Was würde schließlich aus Vanga ohne ihre Träume?«
    »Nichts anderes als jetzt auch«, rief Lankohr aus. »Die Erste Frau träumt schon lange nicht mehr. Ich fürchte, Mythor, du unterschätzt Zaems Einfluß. Sie ist mächtig - gerade in der kommenden Zeit, wenn ihr Jahr, ihr Hexenkreis und ihr Großkreis beginnen.«
    »Ihr seid doch nicht gekommen, nur um mir das zu sagen. Heraus mit der Sprache, ich will Einzelheiten wissen.«
    »Dann mußt du schon Heeva fragen«, murmelte Lankohr.
    Mythor rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Augen.
    »Wo ist Fronja?« wollte er wissen.
    Heeva schien zu erschrecken. Im ersten Moment hatte es den Anschein, als wolle sie etwas sagen, dann schüttelte sie bedauernd den Kopf.
    »Ich weiß nur, daß die Zaubermütter dafür gesorgt haben, daß die Dämonen, die Fronja bedrängen, nicht auf Vanga übergreifen können. Vielleicht vermag Lankohr näheres darüber zu berichten.«
    »Ich?« machte der Aase erstaunt. »Weshalb gerade ich?«
    »Weil ich gehört habe, daß die Zaubermutter Zirri alles in die Wege geleitet hat. Und du bist mit ihr zum Hexenstern gekommen, oder?«
    »Sicher«, nickte Lankohr. »Aber das besagt noch lange nicht, daß sie mir ihr Herz ausgeschüttet hat. Ich habe keine Ahnung. Und falls ich dieses oder jenes gewußt habe, ist es spätestens seit Zaems Verhör wie ausgelöscht.«
    »Hast du wirklich alles vergessen?« drängte Heeva. »An irgend etwas mußt du dich erinnern können.«
    »Ich habe schon alles versucht«, behauptete Lankohr.
    Das Mädchen seufzte.
    »Dann muß ich selbst herausfinden, wohin man Fronja geschafft hat«, meinte Mythor.
    Heeva schob Lankohr sanft zur Seite und legte ihre Hand auf Mythors Arm.
    »Tu es nicht«, warnte sie eindringlich. »Ich bin sicher, daß du Fronja nicht mehr retten kannst. Im günstigsten Fall würdest du ihr schreckliches Schicksal teilen. Sie ist den Dämonen hilflos ausgeliefert.«
    »Gerade deshalb muß ich ihr beistehen«, beharrte Mythor. »Ich will lieber sterben, als Fronja im Stich zu lassen.«
    »Vergiß sie!« Beschwörend klang Lankohrs Stimme. »Du kannst nur verlieren.«
    »Das wird sich erweisen. Wenn ihr wirklich zu mir haltet, dann helft mir, Fronja zu finden. Ich werde nicht eher ruhen, bis ich die Wahrheit kenne - die ganze Wahrheit.«

5.
    »Selbst Zahdas Geduld ist nicht unerschöpflich«, gab Lankohr zu bedenken, als sie den von der Zaubermutter geschaffenen Raum verließen.
    Mythor winkte ab.
    »Sie wird mich verstehen; sie und alle, die auf ihrer Seite stehen.«
    Zögernd blickte er hinüber zu Fronjas Schrein. Abermals befiel ihn ein seltsames Unbehagen, das sich jedoch leicht verdrängen ließ.
    »Wie willst du die Erste Frau finden?« erkundigte sich Heeva. »Der Regenbogendom ist groß, und es gibt unzählige Verstecke, von denen normal Sterbliche nichts wissen.«
    Mythor wählte einen Tunnel, der vom Nabel der Welt wegführte. Ihm war keineswegs wohl bei der ganzen Sache,

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