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Die Stunde der Zaem

Die Stunde der Zaem

Titel: Die Stunde der Zaem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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ließ.
    An zwei Häusern kamen sie vorüber, von denen eines weit in den orangen und rosa Farbkreis hineinreichte. Vor einer gewundenen Treppe, die zwischen marmornen Standbildern in die Höhe führte, blieb Heeva stehen.
    »Warte hier!« sagte sie zu Mythor und bedeutete Lankohr, ihr zu folgen. »Ich glaube, wir sind unserem Ziel nahe.«
    Sie huschten einige Stufen hinauf, blieben dann stehen und flüsterten miteinander. Der Sohn des Kometen tat, als achte er nicht auf sie, in Wahrheit aber lauschte er angestrengt, denn das Verhalten der beiden bereitete ihm Sorgen. So manches schienen sie im Schilde zu führen. Es mochte sich zwar nicht unmittelbar gegen ihn richten, aber die Blicke, die sie miteinander wechselten, bedeuteten nichts anderes, als daß sie Geheimnisse vor ihm hatten.
    »… meinst du?« Das war Lankohrs Stimme. »Und wenn sie ihn verletzen?«
    »Hältst du mich für eine Stümperin?… Zaem wird ihn nicht zu Fronja lassen…«
    Mythor hatte genug gehört.
    »He, ihr beiden«, rief er. »Was gibt es miteinander zu tuscheln?«
    Heeva winkte ihn zu sich heran.
    »Wir wollten nur sichergehen«, sagte sie. »Wir müssen hier hinauf.«
    Mythor war auf der Hut, seine Rechte ruhte auf Altons Knauf, jederzeit bereit, das Gläserne Schwert zu ziehen.
    Die Sicht reichte nicht weit. Als sie dann einen ersten Treppenabsatz erreichten, geschah es. Mythor sah sich unvermittelt einer Horde von Kriegerinnen gegenüber. Sie schienen ihn und die beiden Aasen schon eher bemerkt zu haben, denn die Klingen in ihren Händen redeten eine deutliche Sprache.
    »Im Namen Zaems…«
    Mythor sprang zur Seite; Alton ließ ein hörbares Klagen vernehmen, als er zwei blitzschnell vorgetragene Hiebe abwehrte. Vier Amazonen bedrängten ihn, wobei sie Lankohr und Heeva unbeachtet ließen. Er begann zu begreifen, daß dieser Hinterhalt das Werk der Aasen war. Aber weshalb? Standen sie auf Zaems Seite?
    Die Kriegerinnen schienen ihn nicht töten zu wollen, sie legten es vielmehr darauf an, ihn zu entwaffnen, drängten ihn gegen die hüfthoch aufragende Brüstung des Treppenabsatzes. Sie waren geschickte Kämpferinnen, und es fiel schwer, ihre Absichten jeweils frühzeitig zu erkennen.
    Mythor mußte das Schwert mit beiden Händen schwingen, um den wuchtigen Streichen standzuhalten. Dabei war es sein Glück, daß er bereits die Mauer hinter sich spürte, denn hätten die Amazonen ihn eingekreist, er wäre ihnen wohl unterlegen gewesen.
    Hart klirrten die Waffen aufeinander. Ihr Klang war wie eine seltsame Melodie, die ihm den Mut nahm. Er würde Fronja nicht mehr rechtzeitig erreichen. War es doch besser, aufzugeben und wenigstens das eigene Leben zu retten?
    Mythor fluchte lautlos.
    Das waren nicht seine Gedanken. Heevas seltsam steife Haltung, die Art, wie sie ihren Zauberstab auf ihn gerichtet hielt, verriet ihm alles. Und Lankohr stand neben ihr, ohne etwas zu unternehmen.
    Für die Dauer eines flüchtigen Lidschlags ruhten Lankohrs Blick und der seine ineinander. Der Aase empfand Bedauern, aber auch Zuversicht sprach aus seinen Augen.
    Wahrscheinlich hofften beide, nachdem alle Warnungen und Bitten nichts genutzt hatten, ihn auf diese Weise zurückhalten zu können. Die Kriegerinnen jedenfalls schienen einem magischen Bann zu unterliegen, sonst hätten sie nicht nur versucht, ihn zu entwaffnen.
    Mythor schüttelte sie ab. Eine wuchtig geführte Klinge klirrte gegen Altons Parierstange. Der Sohn des Kometen sprang zur Seite und riß dabei die Angreiferin mit sich. Sie stürzte und versuchte noch im Fallen, sich an ihm festzuklammern, er aber schüttelte sie mit einer hastigen Bewegung ab.
    Die Amazonen behinderten sich gegenseitig. Für einige Augenblicke bekam Mythor Luft, und er nutzte die Gelegenheit, indem er sich mit der Linken auf der Brüstung abstützte und hochschwang. Kurz verharrte er auf der Mauer, dann sprang er auf der anderen Seite hinab.
*
    Ungläubig starrte Lankohr dorthin, wo Mythor eben noch gestanden hatte.
    »Mist!« schimpfte er im Brustton tiefster Überzeugung. »Das hätten wir ahnen müssen.«
    Heeva sagte nichts dazu. Unbeweglich stand sie da.
    Lankohr packte sie an den Schultern und schüttelte sie.
    »Du«, rief er, »komm wieder zu dir. Mythor ist entkommen.«
    Als schrecke sie aus tiefem, traumlosen Schlaf auf, sah sieben Aasen entgeistert an. »Narr!« war alles, was über ihre Lippen kam. Resigniert ließ sie ihren Zauberstab sinken.
    Im gleichen Moment waren die Amazonen heran. Sie wirkten nicht

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