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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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auf den Weg zum Labor.
    »Michael«, flüsterte ich. Er drehte sich zu mir um. »Viel Glück.«
     
    Um mich zu beschäftigen, musste ich ganz schön viel Phantasie aufbringen. Zuerst nannte ich alle Bundesstaaten und deren Hauptstädte, dann zitierte ich Psalm dreiundzwanzig und zählte sämtliche Mannschaften der American League auf. Gerade als ich mit der National League anfing, hörte ich Stimmen. Keine davon gehörte zu Michael.
    Ich presste mich ganz dicht an den Baumstamm. Ein Mann und eine Frau sprachen leise miteinander. Ich konnte nicht ausmachen, ob ich eine der Stimmen schon einmal gehört hatte.
    »Du hast gesagt, dass du mit mir zusammen sein willst.« Die Stimme des Mannes klang einschmeichelnd und anzüglich. »Dass du alles dafür tun würdest.«
    »Ich tu auch alles für dich … Aber das …« In den Worten der Frau schwang Verzweiflung mit. »Ich bin mir einfach nicht sicher …«
    Sie verstummte. Ich konnte zwar nichts sehen, aber es klang nach heftigem Rumgemache. Je lauter das Gekeuche wurde, desto unbehaglicher fühlte ich mich. Doch plötzlich lachte der Mann, und ich war gerettet. »Später. Verschwende nicht deine Energie.«
    »Warum weist du mich immer ab?« Ich hörte, wie ein Reißverschluss geöffnet wurde, und mir wurde ein bisschen übel.
    Der Mann lachte erneut, dann folgte ein weiteres Ratschen. Das frustrierte Stöhnen der Frau ließ darauf schließen, dass er ihren Reißverschluss wieder hochgezogen hatte. Hallelujah.
    »Dies ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort für das, was du vorhast.« Seine Stimme klang jetzt harscher als zuvor.
    »Es tut mir leid.« Ihre Stimme klang zittrig, und ich ahnte, dass es nicht an der Kälte lag. Wer auch immer der Mann sein mochte, er war ein Dreckskerl.
    »Das sollte es auch. Aber ich verzeihe dir. Mach deine Sache gut, dann werde ich dich vielleicht belohnen.«
    »Was auch immer du sagst«, sagte sie atemlos. Das Mädel brauchte wirklich eine anständige Portion Selbstbewusstsein.
    Und einen neuen Freund.
    Sie entfernten sich vom Labor und gingen tiefer in den Wald, Blätter raschelten unter ihren Füßen. Vorsichtig lugte ich hinter meinem Baum hervor und sah gerade noch, wie sie hinter dem alten Schuppen verschwanden. Im selben Augenblick öffnete sich die Labortür. Licht fiel auf den Rasen und ließ die gefrorenen Grashalme aufblitzen.
    Michael rief meinen Namen.
    Ich eilte zum Laborgebäude und trat durch die Tür in das gelbliche Licht.



44. KAPITEL
    L iam Ballard war geradezu lächerlich stereotypisch. Er hatte wirklich diese verrückte Einstein-Frisur, Essensflecke auf dem Hemd und ein kleines Etui mit Stiften in der Brusttasche. Doch wenn man diese Kleinigkeiten außer Acht ließ, wurde deutlich, dass Kaleb sein gutes Aussehen nicht allein seiner Mutter zu verdanken hatte. Liam war groß und muskulös, mit dem Körperbau eines Naturburschen. Ich kannte ihn von dem Foto in Michaels Wohnung, auf dem er mit Angelgeräten zu sehen war.
    Er schüttelte mir die Hand und hielt sie fest. Es überraschte mich nicht, einen leichten Stromstoß zu spüren. Nicht so stark wie die Elektrizität zwischen mir und Michael, aber es gab definitiv eine Verbindung. Sein Lächeln war warmherzig und einladend, und seine Augen strahlten Güte aus. Ich konnte verstehen, warum Michael ihn als Ersatzvater betrachtete, und fragte mich, ob in seinem Leben noch Platz für ein weiteres Kind vorhanden war.
    »Hallo, Emerson«, sagte er mit rauer Stimme.
    »Hallo, Lia… Dok… Ich weiß gar nicht, wie ich Sie nennen soll«, sagte ich und lachte.
    »Liam ist in Ordnung.« Er legte die andere Hand auf meine und sah mir direkt in die Augen. »Michael hat gesagt, dass er durch dich zurückreisen konnte. Bemerkenswert. Danke, dass du mir und meiner Familie helfen willst.«
    Am liebsten hätte ich geweint.
    Und Liam gebeten, mich zu adoptieren.
    »Obwohl mich euer Besuch natürlich sehr freut, muss ich mit euch schimpfen. Wie konntet ihr nur euer Leben so leichtsinnig aufs Spiel setzen, Michael?«
    »Ich hatte keine andere Wahl.«
    »Man hat immer eine Wahl.«
    »Nun ja, dann hab ich mich eben entschieden, dich zu retten, weil du wie ein Vater für mich bist. Und weil ich es wollte.« Die Worte hätten die eines bockigen Kindes sein können. Stattdessen klang er wie ein gebrochener Mann.
    »Du kannst die Vergangenheit nicht wegen eines persönlichen Verlustes ändern.« Liam strahlte die Art von sanfter Güte aus, zu der nur die Geringsten oder die

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