Die Stunde des Fremden
»es ist ja alles vorüber. Wir werden einen Kaffee trinken, und in fünf Minuten sind wir fertig. Äh – haben Sie die Photokopien?«
»Nein.«
Ashley sprang beinah von seinem Stuhl auf.
»Was?«
»Bitte, bitte!« Garofano bewegte beschwörend die Hände. »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will sagen, daß ich sie nicht hier bei mir habe. Ich kann sie sofort holen. Es ist … es ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, Sie versteh'n?«
»Sie haben Angst, wie?«
»In geschäftlichen Dingen – besonders bei solchen Geschäften – kann man nicht vorsichtig genug sein. Sie … Sie haben von Ihren Vorgesetzten gehört?«
»Das habe ich. Sie sind einverstanden.«
»Wieviel?«
»Was Sie verlangt haben – zweitausend Dollar in amerikanischer Währung.«
»Hm.«
Es entstand eine Pause. Enzo Garofano musterte seine Handrücken und beobachtete dann den Rauch ; der von der Zigarette zwischen seinen schmutzigen Fingern aufstieg.
Ashley sah ihn an, verwirrt und beunruhigt. Garofano blickte auf. Seine Hände zitterten nicht mehr. Seine Augen blickten stetig, und er lächelte – das selbstzufriedene, leise Lächeln des Gauners, der sich in einer vorteilhaften Lage weiß.
»Es tut mir leid, mein Freund«, sagte er milde, »aber der Preis ist gestiegen.«
Ashley's Augen waren ausdruckslos.
»Wieviel?«
»Zehntausend.«
»Aus welchem Grund?«
»Das Geschäft ist rege. Ich habe ein besseres Angebot bekommen.«
»Von wem?«
Wieder musterte Garofano seine Handrücken. Ashley konnte seine Augen nicht sehen, aber er konnte den ironischen Unterton in seiner Stimme nicht überhören.
»Es ist nicht klug, bei diesem Geschäft die Namen der Kunden zu verraten.«
»Geschäft!« brüllte Ashley. Er sprang auf, packte Garofano bei den Rockaufschlägen und stieß ihn gegen die Wand. Er war außer sich vor Wut. »Geschäft sagst du! Geschäft! Und dann kommst du mir mit deinen billigen Gaunertricks! Wir haben einen Vertrag gemacht – zweitausend Dollar! Ich hab' meinen Teil erfüllt, das Geld ist da. Und, bei Gott, du sollst deinen Teil erfüllen, und wenn ich dich dafür umbringen muß …«
Roberto kam in den Raum gestürzt, ließ ein Tablett mit Kaffeetassen fallen, stand da, rang die Hände und jammerte vor Verzweiflung, während Ashley den hilflosen Burschen abwechselnd ins Gesicht schlug und gegen die Wand stieß.
»Signore! Um Gottes willen! Basta! Genug! Genug!«
Aber Ashley war wie blind und taub. Er ließ den zappelnden, kreischenden Gauner nicht aus, bis eine weibliche Stimme befahl: »Schluß damit, Richard, Schluß!«
Als Ashley zusammenzuckte, gelang es Garofano, sich loszureißen. Er ergriff seine Tasche und stürzte aus dem Raum.
Ashley wandte sich um. Dunkel und schön stand sie in der Tür zur Terrasse – Rossana d'Orgagna. Keuchend und fassungslos starrte er sie an – seine Geliebte aus alten, vergessenen Zeiten.
»Rossana!«
Mit offenem Mund stand Roberto zwischen den Scherben seiner Kaffeetassen.
»Kellner!« befahl Rossana. »Räumen Sie das weg, und lassen Sie uns allein!«
»Subito, Signora!«
Roberto beeilte sich, der Stimme der Autorität zu gehorchen. Er sammelte die Scherben auf, wischte die dunklen Flecken vom Teppich und eilte hinaus. Ashley stand immer noch da, als träume er.
Dann kam sie zu ihm. Sie küßte ihn flüchtig und begann sein Gesicht abzuwischen, sein Hemd zurechtzuzupfen und ihn in altvertrauter Weise zu schelten.
»Richard! Richard! Immer noch der alte Kampfhahn und Unruhestifter! Wer war nur dieser schreckliche kleine Kerl? Was war denn jetzt wieder los? Hier, nun setz dich erst mal und komm zu dir. Heilige Mutter Gottes, du hast dich wirklich nicht ein bißchen verändert.«
Sie drückte ihn in seinen Stuhl, nahm Zigaretten aus ihrer Handtasche, steckte ihm eine an und ließ ihn rauchen, bis seine Augen klar wurden und seine Hände zu zittern aufhörten.
»Jetzt erzähle, Richard.«
Ashley strich sich über die Augen und lächelte bekümmert.
»Ach – es spielt ja keine Rolle. Ich wollte Material von ihm kaufen. Wir hatten uns über einen Preis geeinigt, und jetzt, in letzter Minute, hat er ihn erhöht. Da bin ich auf ihn losgegangen.«
Lächelnd legte sie ihre Hand auf die seine.
»Ganz der alte Richard! Immer noch der alte Dickkopf, der sich über die Missstände der Welt und ihre Skandale nicht beruhigen kann. Geduld hast du nie viel besessen, nicht wahr?«
»Jetzt habe ich jedenfalls bestimmt keine.«
»Was für eine Geschichte ist es
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