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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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Jagdtrophäen zu empören schienen. Puzzeln war ein Hobby, dem sein Onkel jahrzehntelang mit großer Leidenschaft gefrönt hatte.
    Nach etwa einer halben Stunde hatte Fremden die Erstinspektion abgeschlossen. Frustriert ließ er sich im Wohnzimmer in einem der Polstersessel nieder. Im ersten Stock sah es fast noch schlimmer aus als im Erdgeschoss. Neben einem Uraltbad mit rostigen Wasserhähnen und einem vollgerümpelten Gästezimmer hatte er noch das Schlafzimmer vorgefunden, dessen Interieur er am besten en bloc entsorgte. Das einzig Brauchbare dort war die Digitalkamera, die nebst Ladegerät im Nachttischschränkchen lag. Der Zustand des Dachs hatte ihn jedoch am meisten geschockt. Gleich an mehreren Stellen war es undicht. Schmelzwasser tropfte in Bottiche, die unter schadhaften Ziegeln standen.
    Während Fremden überlegte, was er mit dem heruntergekommenen Haus machen sollte, fiel sein Blick auf das Spirituosenschränkchen mit zwei einsamen Schnapsflaschen hinter der Glasscheibe. Auf der Abdeckplatte stand ein Foto, das seinen Onkel mit drei weiteren Jägern zeigte. Daneben eines von seinem Vater, das vor mindestens vierzig Jahren aufgenommen worden war. Die Farben waren verblichen, und das Fotopapier wellte sich bereits hinter dem Glas. Mit dem Vollbart hatte sein Vater dem ehemaligen RAF -Terroristen Stefan Wisniewski damals zum Verwechseln ähnlich gesehen. Heute war er ein biederer und verbitterter Griesgram, der ihm wohl niemals verzeihen würde, wie die Sache mit Felix gelaufen war.
    Ein schepperndes Klingeln an der Haustür riss Fremden aus seinen Gedanken. Intuitiv tippte er auf den mit der Schneeschaufel bewaffneten Nachbarn, der sich vermutlich beschweren wollte, dass in den vergangenen Wochen der Gehweg nicht geräumt worden war.
    Doch nachdem er die Tür geöffnet hatte, sah er sich einem etwa vierzigjährigen Mann gegenüber, der in einen langen grauen Mantel gehüllt war. Mit seiner rechten Hand stützte er sich auf einem Gehstock ab.
    Â»Sind Sie Jonas Fremden?«, erkundigte sich der Mann, dessen schwarzes unter der Hutkrempe hervorlugendes Haar einen seltsamen Kontrast zu seiner hellen pergamentartigen Gesichtshaut bildete.
    Als Fremden nickte, fuhr sich der Mann mit den Fingern über sein schmales Clark-Gable-Bärtchen und lächelte. »Verzeihen Sie, dass ich Sie so unangemeldet überfalle. Vergangene Woche habe ich ein paarmal versucht, Sie telefonisch zu erreichen. Doch es hat nie jemand abgehoben. Und ein Anrufbeantworter hat sich auch nicht gemeldet.« Der Mann musterte ihn einige Sekunden lang mit eigentümlich starrem Blick, dann sagte er: »Merkwürdig, ich hatte Sie mir um einiges älter vorgestellt. Gestatten Sie, dass ich eintrete? Ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen.«
    Â»Um ehrlich zu sein«, erwiderte Fremden zögerlich, ohne aufzuklären, dass der Mann ihn mit seinem gleichnamigen Onkel verwechselte, »bin ich momentan nicht auf Besuch eingestellt. Mit wem, bitte schön, habe ich denn die Ehre?«
    Â»Verzeihen Sie. Wie unhöflich von mir. Ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt.« Aus der Innentasche seines Mantels holte der Mann eine Visitenkarte, die er Fremden reichte. »Pietät Bruckner KG , Fachgeprüfte Bestatter, Klaus Bruckner Geschäftsführer« , stand auf dem cremefarbenen Papier. In der unteren Hälfte des Kärtchens waren die Adresse im Frankfurter Bahnhofsviertel, die Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail- und Webadresse aufgeführt.
    Neugierig, was ein Frankfurter Bestattungsunternehmer von seinem Onkel wollen könnte, bedeutete Fremden Bruckner mit einer Handbewegung, einzutreten.
    Trotz seines steifen Beins und der Zuhilfenahme des Gehstocks bewegte sich der Mann nahezu lautlos durch den Flur. Hut und Mantel anbehaltend, nahm er im Wohnzimmer in einem der Polstersessel Platz.
    Â»Gibt’s Probleme mit der Heizung? Es ist ziemlich kalt bei Ihnen.«
    Fremden erklärte, er sei längere Zeit fort gewesen. Und weil er noch nicht zum Einkaufen gekommen sei, könne er auch nichts außer einem Glas Leitungswasser anbieten.
    Â»Machen Sie sich meinetwegen bitte keine Umstände«, entgegnete Bruckner. »Ich hatte heute schon sehr früh morgens in Michelstadt zu tun, und da bin ich einfach aufs Geratewohl bei Ihnen vorbeigefahren.«
    Â»Um etwas mit mir zu besprechen.«
    Â»Richtig.« Bruckner starrte einen Moment lang

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