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Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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WPC Buchan ließ die Tafel wieder in die Aussparung des Pfostens fallen und starrte in den Wald, wo sich, kaum erkennbar, ein Pfad zwischen den Bäumen hindurchschlängelte. »Wiesel – Wisent …« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, bog WPC Buchan von dem matschigen Waldweg ab und folgte dem Pfad in den dichten Nebel hinein.
    Sie konnte PC Steve vor sich hin brabbeln hören, doch kaum war sie ein paar Schritte gegangen, hatte der Nebel ihn und seine Stimme schon verschluckt.
    Der Boden unter ihren Füßen stieg an, und der Pfad ging in lehmigen Waldboden über. Es war dämmrig hier, und wie gespenstische Skelette tauchten die Umrisse von Bäumen aus dem Nebel auf. Still wie ein Grab. Und dann hörte sie es: ein leises Schluchzen. WPC Buchan blieb abrupt stehen. »Hallo?« Sie erklomm eine kleine Böschung und fand sich auf einer ebenen Fläche wieder. »Können Sie mich hören?«
    Immer noch nichts.
    »Himmelherrgott …« Sie zog ihre Taschenlampe aus dem Gürtel, obwohl sie genau wusste, dass es ihr herzlich wenig nützen würde. Der Nebel würde das Licht einfach nur zurückwerfen, aber das Gewicht der Lampe in ihrer Hand war dennoch beruhigend. Mit so einem Ding konnte man zur Not auch jemandem den Schädel einschlagen. Und weiter durch den Nebel – WAS ZUM TEUFEL WAR DAS ? Eine nach der anderen tauchten sie aus dem Nebel auf, zombiehafte Kreaturen, zerfleddert und halb verwest, weideten sie im Gestrüpp zwischen den nebelverhüllten Bäumen.
    Es waren die Skulpturen: »Wisente bei der Rast im Urwald«. WPC Buchan verstand vielleicht nicht viel von Kunst, aber sie wusste, wann etwas sie fix und fertig machte – und diese Dinger waren ja wohl das Abartigste, was man sich vorstellen konnte. Das Schluchzen war jetzt lauter; es kam aus der Nähe des größten der vergammelnden Biester, dessen Kadaver so löchrig war, dass der Nebel hindurchschimmerte. »Hallo?« Sie schaltete die Taschenlampe ein, und die ganze Welt wurde plötzlich weiß. Zwei unnatürlich grüne Augen blitzten aus der undurchdringlichen Wand auf, und ein tiefes Grollen zerriss die Stille wie ein rostiges Messer. »Ach du Scheiße …« Die Augen kamen näher. Ganz langsam schob sie ihre freie Hand in die Gürteltasche und zog die kleine Sprühdose mit Pfefferspray aus der Halterung. »Braves Hündchen …« Eine Ladung von dem Zeug mitten ins Gesicht, und auch der bissigste Köter würde aus den Latschen kippen.
    Das Wesen, das da aus dem Nebel auf sie zustakste, war ein Spaniel, aber er hatte nichts von der üblichen übermütigen Verspieltheit dieser Rasse. Seine Lefzen waren zurückgezogen und ließen die dolchartigen Zähne sehen; die Schnauze war blutverschmiert. Buchan richtete die Spraydüse auf den Hund, sprach ein Stoßgebet und sprühte. Schlagartig verstummte das Knurren. Einen Moment lang war es ganz still, dann ertönte ein herzzerreißendes Jaulen, während das Tier blind umhertaumelte und dem beißenden Schmerz zu entkommen suchte. WPC Buchan konnte der Versuchung nicht widerstehen, dem Hund einen ordentlichen Tritt in die Rippen zu versetzen, als sie an ihm vorbeiging.
    Das Schluchzen kam von irgendwo hinter dem zerfledderten Wisent. Es war eine Frau – Mitte zwanzig, nach ihren Kleidern zu urteilen –, Gesicht, Hände und Knie mit dunkelrotem Blut verklebt. Die dumme Kuh war also gar nicht tot. Schon wieder so ein blöder falscher Alarm. WPC Buchan steckte das Pfefferspray in die Gürteltasche zurück. »Alles okay mit Ihnen?«, fragte sie. Die Frau gab keine Antwort. Jedenfalls nicht direkt. Stattdessen streckte sie eine verdreckte, blutbeschmierte Hand aus und zeigte auf eines der kunstvoll dahingammelnden Wisente. Es lag halb zusammengesunken auf der Erde, als hätte es gerade versucht, sich aufzurichten, als es in die ewigen Jagdgründe abberufen wurde. WPC Buchan richtete ihre Taschenlampe darauf und ließ die Skulptur in all ihrem verrottenden Glanz erstrahlen. Daneben lag etwas Weißes, Längliches, halb verhüllt vom Nebel.
    »Oh fuck …« Buchan riss das Funkgerät aus dem Schulterholster und rief die Leitstelle an. Sie hatten die zweite Leiche gefunden.
    Das Kostüm, in dem DI Steel vor Logans Wohnungstür stand, sah beinahe neu aus. Sie hatte sogar ihren Haaren ein wenig mit der Bürste gedroht – nicht dass sie so viel anders ausgesehen hätten als sonst, aber es war die Absicht, die zählte. »Mr. Polizeiheld«, sagte sie und fischte eine neue Zigarette aus einer fast leeren Schachtel, obwohl die letzte noch

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