Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
bewundernd. »Meine Güte, da muss Ihr armer kleiner Schwanz ja Frostbeulen gekriegt haben!«
Logan ignorierte sie. Der Tatort sah relativ sauber aus, aber man konnte ja nie wissen. Er zog sein Handy aus der Tasche und bat die Leitstelle, ihm sämtliche verfügbaren Beamten mit Erfahrung bei Suchaktionen im freien Gelände zu schicken. Und auch einen Koordinator – um den Wald in Rasterquadrate einzuteilen und die Teams zu organisieren. Wozu hatte man schließlich seine Leute, wie DI Steel immer sagte. Und wenn sie schon dabei waren, wäre eine mobile Einsatzzentrale vielleicht auch ganz nützlich.
DI Steel sah ihm zu, wie er telefonierte, und ihr runzliges Gesicht verriet Anerkennung. »Gut«, sagte sie, nachdem er aufgelegt hatte. »Lassen Sie die Truppen auf dem großen Parkplatz antreten. Das ganze Gelände von dort bis hier muss gründlich durchkämmt werden. Und dann lassen Sie am besten gleich eine Absperrung im Umkreis von fünfhundert Metern um den Tatort errichten. Jeder Baum, jeder Strauch, jedes verdammte Kaninchenloch – alles sollen sie mit der Lupe absuchen. Und ich will mit der Frau reden, die die Leiche gefunden hat.«
Er musste überrascht ausgesehen haben, denn die DI warf ihm ein raubtierhaftes Grinsen zu. »Und vergessen Sie nicht: Wir wissen überhaupt nicht, wie das geht, Mist bauen.«
Logan hoffte inständig, dass sie recht hatte.
13
Als die stellvertretende Staatsanwältin eintraf, war die Suchaktion schon im Gange. Der nebelverhangene Parkplatz war zum Bersten gefüllt mit Streifenwagen und Polizeitransportern, die alle schon länger keine Waschanlage mehr von innen gesehen hatten. Sie fuhr bis nach hinten durch und parkte einen kleinen Sportwagen zu. Das war es – das große Los. Zwei tote Frauen innerhalb einer Woche, beide nackt ausgezogen und brutal zusammengeschlagen: Wenn das kein Serienmörder war, dann war es ein verdammt großer Zufall. Grimmig marschierte sie den Hang hinauf, immer den tanzenden Lichtkegeln der Polizei-Taschenlampen nach. Ein Serienmörder als ihr allererster Fall. Gut, streng genommen war es der Fall der Staatsanwältin, aber sie, Rachael, war ihre Assistentin, und sie hielt die Stellung, bis die Chefin eintraf. Und Rachael Tulloch hätte sich keine bessere Gelegenheit wünschen können, sich zu bewähren. Die Ermittlung würde viel Aufmerksamkeit erregen, und das konnte nur gut für ihre Karriere sein. Vorausgesetzt natürlich, dass niemand Mist baute und das Schwein entkommen ließ. Sie stapfte an einem Kordon uniformierter Constables vorbei, alle in leuchtend gelben Warnjacken, die systematisch das Unterholz durchkämmten. Das sah alles äußerst professionell aus. Wahrscheinlich Detective Inspector Insch. In der Aberdeener Staatsanwaltschaft hatten sie alle großen Respekt vor diesem Mann, was man von manch anderem DI, den – oder die – sie hätte nennen können, nicht behaupten konnte.
Doch von Insch war weit und breit nichts zu sehen, als sie den höchsten Punkt der Anhöhe erreichte. Im Mittelpunkt der Aktivitäten auf der Lichtung schien eine etwas klein geratene Gestalt in einem Spurensicherungsoverall zu stehen, die eine Kippe im Mundwinkel hängen hatte. Rachaels Optimismus bekam einen schweren Dämpfer. Wenn das immer noch DI Steels Fall war, dann waren die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss gleich null. Sie hatte noch nicht viel mit der DI zu tun gehabt – nur im Fall Rosie Williams und bei der Geschichte mit dem Hundetorso im Wald –, aber bis jetzt war sie alles andere als beeindruckt. Und sie hatte gehört, wie DI Steel erst letztes Jahr den Prozess gegen Gerald Cleaver vermasselt hatte – einen bekannten Pädophilen, der schon seit Jahren immer wieder durch gewaltsame Übergriffe gegen Kinder aufgefallen war, was auch nahezu zwanzig Zeugen zu bestätigen bereit waren – und trotzdem hatte Steel es nicht fertiggebracht, eine Verurteilung zu erreichen. Da war das Scheitern vorprogrammiert … Aber das hieß noch lange nicht, dass Rachael Tulloch ihren Job nicht korrekt erledigen würde.
Sie straffte die Schultern und schlüpfte in einen weißen Papieroverall, ehe sie auf DI Steel zuging und einen Zwischenbericht verlangte. Und sie fragte, ob sie die Zigarette nicht lieber ausmachen wolle? Das hier war schließlich ein Tatort! Steel zog eine Augenbraue hoch und starrte sie an, um Rachael nach einer unnötig langen Pause zu fragen, ob sie etwas dagegen habe, sich einmal kurz umzudrehen. Dann könne ihr Arsch nämlich
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