Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
Dusche mit einem Rattern abgewürgt, und dann fing der Feuerstein-Song von vorne an – diesmal die nicht jugendfreie Version, die Jackie gerne bei Partys zum Besten gab, wenn sie zu viel Wodka intus hatte.
Logan deckte den Tisch, richtig mit Tischtuch und Kerzen. Es folgten die seltsam geformten Balti-Schüsseln, die ihm seine Mutter zu Weihnachten geschenkt hatte, nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, und eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank. Er stopfte gerade einen Strauß Nelken in eine staubige Vase, als eine Stimme sagte: »Was soll denn das werden, wenn’s fertig ist?« Er drehte sich um und sah Jackie in der Tür stehen, in einen Bademantel in Barbie-Pink gehüllt, die Haare unter einen Handtuchturban gesteckt, den gebrochenen Arm in eine schwarze Mülltüte gewickelt, damit der Gips nicht nass wurde.
»Das«, verkündete er mit einer schwungvollen Geste in Richtung Tisch, »ist ein Friedensangebot.« Er griff in die Plastiktüte vom Inder um die Ecke. »Huhn Jhalfrezi, Huhn Korma, Naan-Brot, Papadam, Limetten-Pickle, Raita und dieses rote Zeug aus rohen Zwiebeln, das du so magst.«
Sie lächelte ihn tatsächlich an. »Ich dachte, du redest nicht mehr mit mir … Du weißt schon, nach der Szene am Freitag …« Pause. »Du warst gestern den ganzen Tag nicht zu Hause.«
»Ich dachte, du wolltest allein sein. Du hast die Nacht auf der Couch verbracht …«
»Ich … ich bin bis ein Uhr früh in der Kneipe gewesen. Wollte dich nicht wecken.«
»Oh …«
Schweigen.
Jackie biss sich auf die Unterlippe und holte tief Luft. »Also, es tut mir leid, dass ich so aus der Wohnung gestürmt bin. Okay? Es lag nicht an dir, es lag an mir … Na ja, nicht nur an mir, ich meine, du hättest nie zulassen dürfen, dass diese hinterfotzige alte Hexe dich beschwatzt, an deinem freien Tag zu arbeiten, aber ich denke, es war nicht nur deine Schuld.« Sie löste das Klebeband von der Mülltüte und zog die Tüte ab. Der Gips kam zum Vorschein, dessen einstiges Blütenweiß sich inzwischen in ein schmutziges Gelbgrau verwandelt hatte. »Seit das passiert ist, langweile ich mich schier zu Tode. Ablage! Das muss man sich mal vorstellen! Ich bin eine verdammt gute Polizistin, aber alles, was sie mich machen lassen, ist diese beschissene, bescheuerte, todlangweilige Scheißablage.« Sie nahm eine Gabel von Logans makellos gedecktem Tisch und kratzte sich damit unter dem Gips. »Ich verlier echt noch den Verstand …« Sie verzog das Gesicht. Kratz-kratz-kratz.
Logan nahm eine neue Gabel aus der Schublade. »Ich hab schon gedacht, du hättest mich allmählich über«, sagte er.
Sie hielt einen Augenblick lang im Kratzen inne und sah ihn an. »Glaub mir, im Moment habe ich so ziemlich alles über. Aber in zwei Wochen bin ich dieses verfluchte Teil los. Dann kann ich wieder normalen Dienst machen, und alles ist in Butter.«
Logan hoffte es. Er hatte weiß Gott keine Lust, noch einmal so ein Wochenende zu erleben. Um die Stimmung nicht zu verderben, behielt er seine Gedanken für sich und begann das Essen auf die Teller zu verteilen.
Für einen Quickie danach blieb keine Zeit mehr.
Als Logan irgendwann nach neun aus dem Bett kroch, lag die Montagmorgen-Ausgabe der Press and Journal schon auf seiner Fußmatte. Er trug die Zeitung in die Küche, um sie gehörig mit Toastkrümeln und Kaffeeringen verzieren zu können, doch schon der erste Bissen blieb ihm fast im Hals stecken, als sein Blick auf die Titelseite fiel. »Dieser miese Drecksack …« Die Schlagzeile erklärte Colin Millers kleine private Verabredung am Freitagvormittag im Pub. » EDINBURGHER BAUUNTERNEHMER SORGT FÜR JOBWUNDER !« Der größte Teil der Titelseite wurde von Millers überschwänglichen Lobeshymnen auf das neue Bauprojekt eingenommen: dreihundert Eigenheime im Grüngürtel zwischen Aberdeen und Kingswells. »McLennan Homes ist stolz, ein neues Bauprojekt am Rande der kleinen Pendlersiedlung ankündigen zu können, das den Menschen von Kingswells Arbeitsplätze und ein Plus an Lebensqualität bescheren wird!« Logan schnaubte verächtlich. Das hatte man doch alles schon mal gehört. Miller schwärmte weiter in den höchsten Tönen über die großen Taten, die McLennan Homes im Allgemeinen und der Firmengründer im Besonderen in Edinburgh vollbracht hatten, wo das Unternehmen »schon seit über einem Jahrzehnt hochwertige Eigenheime« errichte. Erstaunlicherweise fanden die übrigen geschäftlichen Aktivitäten des Malcolm McLennan
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