Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
lasse auf einen Todeszeitpunkt vor etwa vier Monaten schließen. Mehr könne er jedoch nicht sagen, das Wie, Wo und Warum der beiden Fälle seien geheim.
Nun durften Fragen gestellt werden. Ein junger spanischer Journalist war der Erste, der das Mikrofon erhielt: »In Anbetracht der Ähnlichkeit der Auffindesituationen hätte ich gerne gewusst, ob die Polizei eine Verbindung zwischen den beiden Morden in Betracht zieht.«
Bosquet wollte antworten, brach aber ab, als Gutierrez seinen Arm berührte. Mikrofone gaben das leise Murmeln ihres Wortwechsels wieder, zu verstehen war jedoch nichts. Doch Danny hatte den Eindruck, dass die beiden Männer uneins waren. Letztendlich beantwortete Gutierrez die Frage.
»Wir können unzweideutig feststellen, dass zwischen diesen Fällen keine Verbindung besteht.«
Allgemeines Gemurmel war zu vernehmen. Einige der älteren Reporter wechselten Blicke. Wörter wie »unzweideutig« kamen Politikern ohne guten Grund selten über die Lippen. Worum ging es hier? Bosquet kratzte sich am Kopf. Er sah nicht sehr glücklich aus.
Danny hob die Hand und musste warten, bis ihm das Mikrofon gereicht wurde, ein alter Trick, den die Behörden anwendeten, um das Tempo einer schwierigen Pressekonferenz zu drosseln. Er stand auf, um seine Frage zu stellen. Gutierrez verzog kurz das Gesicht, als er Danny erkannte.
»Ich möchte Sie gerne fragen, wie Sie ›unzweideutig‹ feststellen können, dass die beiden Morde nichts miteinander zu tun haben. Ist das nicht ein bisschen verfrüht? Die ersten Autopsieberichte sind noch kaum …«
»Die Fälle haben nichts miteinander zu tun.«
Eine Hand streckte sich nach dem Mikrofon.
»Ich möchte Sie nach diesem Begriff ›Fälle‹ fragen. Er ist ziemlich vage. Wir reden hier doch von Morden, oder?«
»Ich fürchte, das kann ich nicht beantworten.«
Die Hand griff noch einmal nach dem Mikrofon. Danny wich aus. »Die Polizei zieht also gar nicht in Betracht, dass hier ein Serienmörder frei herumläuft?«
Politiker haben eine ganz bestimmte Art, ihr Lächeln einfrieren zu lassen, wenn sie versuchen, ihr Missfallen zu verbergen. »Ich würde sagen, es ist viel zu früh, um irgendeine Schlussfolgerung zu ziehen – und dass die Verwendung von so hetzerischen Phrasen wie ›Serienmörder‹ im Höchstmaß unverantwortlich wäre. Wenn Sie jetzt freundlicherweise das Mikrofon weitergeben würden.«
Ein ganzer Wald von Händen schoss in die Höhe. Doch es kam nichts Neues mehr. Der Polizeichef und Gutierrez schmetterten alles ab, bis zum Ende.
Gutierrez blickte auf seine Uhr, schob seine Unterlagen zusammen, stand auf und bückte sich dann noch einmal hinunter zum Mikrofon: »Nur noch eins. Der Zahnstatus und die DNS des ersten Falls wurden an verschiedene europäische Polizeieinheiten geschickt und dort mit existierenden Daten verglichen. Es freut mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass dies zur positiven Identifikation eines Briten Anfang fünfzig führte, der in Spanien lebte, aber das ist alles, was ich zu diesem Zeitpunkt sagen kann.«
Noch ein alter Trick: Bring die wirkliche Nachricht erst zum Schluss, und dann mach dich aus dem Staub. Jesus Gutierrez schob sich durch die Journalisten, die ihn umringten. Danny hatte gespürt, dass da noch etwas kam, und war perfekt positioniert, um den Politiker abzufangen, als er von der Bühne stieg. »Von einer Polizeiquelle weiß ich, dass die zweite Leiche – Entschuldigung, der zweite Fall – Verstümmelungen im Genitalbereich aufweist«, sagte Danny mit leiser, aber deutlich hörbarer Stimme. »Wollen Sie das bestätigen oder dementieren?«
Das war ein Schuss ins Blaue gewesen, aber offensichtlich hatte Danny ins Schwarze getroffen. Gutierrez’ Augen funkelten. Er packte Danny am Arm, zerrte ihn zu Bosquet und flüsterte dem Mann etwas ins Ohr. Auch der Polizist riss die Augen weit auf. »Quelle? Was für eine Quelle? Wer hat Ihnen das gesagt?«
»Dann stimmt es also?«
»Ich will kein Wort davon gedruckt sehen, haben Sie verstanden?«, schimpfte Bosquet. »Kein einziges Wort. Ich habe Sie gestern schon gewarnt. Wer ist diese Quelle? Ich will einen Namen.«
Allmählich zeigten auch andere Journalisten Interesse. Danny nickte zu einer nahen Tür. »Warum gehen wir nicht irgendwohin, wo wir ungestört darüber sprechen können?«
Die anderen Journalisten jaulten, als Danny in ein Büro geführt wurde. Aus den Augen der Öffentlichkeit direkt in die Höhle des Löwen. Hier ließ Bosquet jede
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