Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
Arbeitgebers, The Fleet Bugle. Dort war nichts zu finden, was er oder Ray Taylor geschrieben hatte. Abgesehen von dem Wikipedia-Eintrag gab es kaum Informationen über »Das Vogelscheuchen-Verfahren«, wie die Ermittlungen damals genannt wurden. Ishmael Vertanness war nur einer auf einer langen Liste von Serienmördern. Danny besaß auch keins seiner damaligen Notizbücher mehr. Er hatte sie alle verbrannt, als er 2002 beschloss, nach Spanien zu gehen.
Doch sie hätten ihm auch nicht weitergeholfen: Die Leiche in Alan Reades Haus konnte unmöglich mit Vertanness in Verbindung gebracht werden. Nach Wikipedia war Vertanness noch immer im Hochsicherheitstrakt der psychiatrischen Klinik Deepmere in Berkshire untergebracht. Danny hatte bei der Psychiatriestiftung angerufen, die das Krankenhaus betrieb: Vertanness war einer ihrer Hochrisikopatienten und hatte seit seiner Einlieferung 1995 die Einrichtung kein einziges Mal verlassen.
Wo lag dann die Verbindung? Ein Nachahmungstäter? Zufall? Irgendein kranker Witz? Wie die Erklärung auch lauten mochte, dachte Danny, als er Lucky hereinrief und die Haustür verriegelte, bei einer Sache war er sich ganz sicher: Irgendwo da draußen lief ein ernsthaft gestörtes Individuum frei herum.
17
Donnerstag, 1. April 2010
Am nächsten Vormittag um elf stieg Danny zusammen mit Dutzenden anderer Journalisten die Treppe hinauf zum Gebäude der Regionalregierung in Almería-Stadt, einem riesigen Bau aus dem neunzehnten Jahrhundert mit Säulenvorbau und hohen Decken. Es kam selten vor, dass die Polizei eine Pressekonferenz wegen eines Verbrechens abhielt. Die Behörden in Spanien wahrten gern die Distanz.
Alle waren sie da: Radio, Fernsehen, lokale und nationale Zeitungen, Online-Freischaffende. In der Schlange vor dem Metalldetektor hörte Danny Französisch und Deutsch. Die Entdeckung der beiden Leichen war eine Riesensensation.
An der Rückwand des Konferenzsaals standen Kameras auf Stativen, Kabel wanden sich über den Boden. Dann kamen die Journalisten. Diejenigen, die keinen Sitzplatz mehr fanden, drängten sich in den Zwischengängen und versperrten den Fotografen die Sicht, die auf der Suche nach dem besten Blickwinkel hin und her rannten. Eine Tür in der Rückwand des Saals öffnete sich. Der Polizist Bosquet trat heraus und nahm hinter den Mikrofonen Platz. Der Mann, der ihm folgte, kam Danny bekannt vor, aber er brauchte einen Augenblick, um ihn zu identifizieren: Es war der Politiker, der die Powerboot-Präsentation geleitet hatte. Danny fragte sich, was, zum Teufel, ein Politiker hier wollte, während er in seinem Notizbuch nach dem Namen des Mannes suchte – Jesus Gutierrez.
Für eine Nation, deren Bürger so gerne gleichzeitig sprachen, waren spanische Pressekonferenzen merkwürdig ruhige Veranstaltungen. Hier war nichts von dem Gerangel zu spüren, das britische Journalisten so gerne inszenierten. Bosquet sprach als Erster. In seiner zehnminütigen Rede wiederholte er in einer wirklich verblüffenden Anzahl von Umschreibungen eine einzige Information: Der verantwortliche Untersuchungsrichter für diese »Fälle« – nicht Hinrichtungen oder Morde, sondern Fälle – habe ein secreto de sumario verkündet, was bedeutete, dass unter Geheimhaltung ermittelt werde und die Presse bis zum Prozess keine Informationen erhalten werde.
Die Meute stöhnte auf. Was sollten sie dann eigentlich hier?
Nun war Gutierrez an der Reihe und brauchte noch einmal zehn Minuten, um zu erklären, dass die beiden Fälle (wieder dieses Wort) keinesfalls auf das Versagen der sozialistischen Regierung Andalusiens oder der sozialistischen Nationalregierung Spaniens zurückzuführen seien.
Wieder stöhnten alle auf, Danny am lautesten. Er war sowieso schon spät dran. Gleich nach dem Ende der Pressekonferenz würde er ins nächste Café stürzen und seinen Artikel in den Laptop hacken müssen, um ihn noch vor dem Abgabetermin um zwei in die Redaktion schicken zu können. Und jetzt sah es aus, als hätte er nur seine Zeit verschwendet.
Einige Details kamen nun doch an die Öffentlichkeit: Die im Haus der Cookes entdeckte Leiche sei männlich, Kaukasier, wahrscheinlich zwischen vierzig und sechzig. Der Mann sei seit über zwei Jahren tot. Details über die schwarze Substanz, die den Kopf der Leiche bedeckte, könne Bosquet nicht nennen. Die zweite Leiche sei ebenfalls männlich, aber jünger und Nordafrikaner, wahrscheinlich zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt. Der Grad der Verwesung
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