Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
können.
Danny nippte an seinem Kaffee, während er sich überlegte, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. »Das ist sehr schmeichelhaft, aber im Gegensatz zu dem, was Ms. Pelham-Kerr vielleicht denkt, bin ich kein Experte im Auffinden von Vermissten. Die Letzte war …«
»Craig wird nicht vermisst.«
»Aber warum? … Es tut mir leid, aber da komme ich nicht mit.«
Thorndyke schien schon jetzt die Geduld zu verlieren. »Wie meine Frau bereits sagte, ist Craig nicht zu erreichen. Aber wir wissen, wo er ist. Wenigstens wissen wir das am Anfang jedes verdammten Monats.« In dem letzten Satz schwang eine gewisse Entrüstung mit.
»Was passiert am Anfang jedes Monats?«
Mrs. Thorndyke sagte: »Wir schicken«, während Thorndyke meinte: »Sie schickt.« Sie hielten beide inne und schauten sich an. »Am Ersten jedes Monats werden neunhundert Euro auf Craigs Konto überwiesen«, erklärte Thorndyke. »Und abgehoben am Ersten, Zweiten und Dritten, jeweils dreihundert Euro. Daher wissen wir, wo er sich befindet: Sämtliche Kontoauszüge belegen, dass er einen Geldautomaten in dieser Gegend benutzt.«
»Mojácar.«
Thorndyke nickte. »Punkt halb acht. Und das sind die einzigen Tage, an denen sich dieser stinkfaule Taugenichts um diese Zeit aus dem Bett wälzt.«
»Das ist jetzt vielleicht eine blöde Frage, aber wenn Sie wissen, wann er wo sein wird, warum sprechen Sie dann nicht persönlich mit ihm?«
Mutter und Vater sahen einander an. Nach kurzem Schweigen konterte Jocelyn Thorndyke die Frage. »Das haben wir bereits versucht. Um ehrlich zu sein, unser letzter Versöhnungsversuch brachte Craig erst dazu, sich in Luft aufzulösen. Wir glauben, es wäre besser, wenn ein Fremder es macht. Wir wollen nur mit ihm reden. Vor allem jetzt, da diese Leichen aufgetaucht sind.« Sie schauderte. »Wir haben es gestern in den Nachrichten gesehen und sind direkt von unserem Haus in Valencia hierhergefahren.«
»Wann haben Sie das letzte Mal etwas von Craig gehört?«
»Letzte Woche. Er schickt uns Textnachrichten.«
»Mit welchem Inhalt?«
»›Lasst mich in Frieden‹, falls er gerade guter Laune ist.«
»Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen? Oder mit ihm telefoniert?«
Mrs. Thorndyke senkte den Blick. »Vor drei Monaten«, antwortete Michael Thorndyke. Danny seufzte erleichtert auf. Es war also nicht Craig, der in Alan Reades Haus eingemauert gewesen war.
Michael Thorndyke redete weiter. »Die Bausparkasse, die wir für Craigs Konto benutzen, ist eine kleine, regionale, die nur ein paar Filialen hat. Wir wollten nicht, dass er so leicht an das Geld kommt. In Spanien kostet es immer noch Geld, wenn man die Automaten anderer Banken benutzt«, ergänzte Thorndyke, als Danny die Augenbrauen hob. »Ich wusste, Craig ist zu geizig, um die Gebühren zu bezahlen.«
»Was ist dann passiert?«
»Wir warteten vor der Filiale hier in Mojácar auf ihn.« Die Thorndykes wurden still. Es war eindeutig, dass die Erinnerung an diesen Versuch der Familienzusammenführung keine angenehme war.
»Es gab … nun ja, eine kleine Szene«, sagte Jocelyn Thorndyke.
»Eigentlich sollte er auf Reisen sein«, merkte Thorndyke mit Verärgerung in der Stimme an. »Wir pendeln zwischen Großbritannien und Spanien hin und her, und wir wussten gar nicht, dass er zu diesem Zeitpunkt nur bis Almería gekommen war.«
Danny trank seinen Kaffee aus und wischte sich die Finger an einer Serviette ab. »Nun ja, ich würde Ihnen sehr gerne helfen, aber leider fahre ich heute Nachmittag in Urlaub, und ich könnte mich erst übernächste Woche darum kümmern.«
Thorndyke schaute ihm in die Augen. »Wir sind persönliche Freunde von …«
»… Ms. Pelham-Kerr. Ich weiß. Das haben Sie bereits gesagt.« Danny verschränkte die Arme. »Sie bitten mich nicht, Sie verlangen es von mir. Habe ich das richtig verstanden?«
»Wenn Sie es so drastisch formulieren wollen, ja.«
»Wir sorgen dafür, dass Sie für alle Unannehmlichkeiten, die Ihnen entstehen, entschädigt werden«, sagte Mrs. Thorndyke, als Danny die Augen verdrehte.
»Und was genau soll ich Craig sagen?«
Mrs. Thorndyke setzte zu einer Antwort an, doch Thorndyke fuhr ihr über den Mund. »Sagen Sie ihm, wenn er weiter seiner armen Mutter solchen Kummer bereitet, dann erklären wir ihn als vermisst; und gleich als Erstes werden wir Sie einen langen Artikel darüber schreiben lassen, was für ein ungezogener Junge er war, zusammen mit den peinlichsten Fotos von ihm, die wir finden
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