Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
liegt an deinen Augen. Du hörst auf zu blinzeln, wenn du heuchelst.«
Danny griff über den Tisch und nahm ihr den Umschlag aus der Hand. »Faszinierend.«
Der Umschlag war randvoll mit Fotokopien von Presseausschnitten. Danny stand auf.
»Willst du dir Kopien davon machen, Kim?«
Sie hob ihre Kaffeetasse und klopfte auf einen Papierstapel neben ihr. »Ist schon längst passiert, Danny.«
Danny betrachtete den Umschlag noch einmal prüfend und sah, dass er über Dampf geöffnet worden war.
»Du solltest dich schämen, die Post eines anderen zu öffnen.«
»Dir fällt vielleicht auf, dass der Brief an mich adressiert ist, Danny«, konterte sie und klang dabei schon nicht mehr so neckisch. »Das vergisst du doch nicht, oder, Danny? Eine auflagenfördernde Exklusivstory würde eine ganze Menge Druck von uns nehmen.«
»Keine Angst, ich halte dich auf dem Laufenden.«
Danny kehrte in den Pub und sein Zimmer zurück und breitete die Ausschnitte auf dem Bett aus. Alles in allem waren es etwa drei Dutzend, und sie bezogen sich auf nur einen Vorfall, den Mord an einem Angestellten der Gloucester University im Jahr 1994. Die Ausschnitte waren in zwei Gruppen unterteilt. Die erste beschäftigte sich mit den Details des Mordes.
Große Aufmerksamkeit hatte er nicht erregt: ein paar kurze Notizen in den landesweiten, etwas detailliertere Berichterstattung in den regionalen Zeitungen. Adrian Kimber, Angestellter der psychologischen Fakultät der Gloucester University, wurde am 28. März 1994 tot auf dem Bredon Hill, einem örtlichen Wahrzeichen, gefunden. Der Achtundzwanzigjährige war gefesselt und anal vergewaltigt worden. Seine Genitalien waren zerstückelt. Todesursache war entweder Verbluten oder Strangulation, und – das war wichtig – sein Gesicht war mit Make-up bedeckt. Gefunden wurde er von Leuten, die ihre Hunde spazieren führten. Nach den kurzen Beschreibungen, die abgegeben wurden, unterschied sich die Verwendung des Make-ups von den Vertanness-Morden: Ein Zeuge beschrieb Kimbers Gesicht als »hergerichtet wie eine Nutte«, ein anderer meinte, er hätte ausgesehen wie eine Puppe.
Die zweite Gruppe Ausschnitte bezog sich auf den Selbstmord eines Manns aus Gloucester, Nicholas Todd, vier Tage nach dem Mord. Todd hatte eine lange Vorgeschichte mentaler Krankheiten und war schon des Öfteren wegen Exhibitionismus verhaftet worden. DNS -Tests brachten Todd mit dem Mord an Kimber in Verbindung.
Die Berichterstattung über diesen Aspekt der Geschichte war umfangreicher – die Pressemaschinerie der Polizei wollte sicherstellen, dass die erfolgreiche Aufklärung eines Verbrechens maximale Öffentlichkeit erreichte. Einige Artikel aus regionalen Zeitungen berichteten, wie Todd und Kimber sich in einem Tageszentrum kennengelernt hatten, in dem Kimber als Freiwilliger arbeitete. Vor allem ein Artikel deutete eine mögliche Beziehung zwischen den beiden Männern an. Dieser Aspekt weckte schließlich auch das Interesse der Boulevardmedien: Schwulen-Techtelmechtel endet in Mord auf dem Berg und Selbstmord war noch die geschmackvollste Überschrift der dortigen Viertelseitenartikel.
Viele erwähnten auch Adrians Eltern, Brian und Beverly Kimber, die in der Stadt Tewkesbury lebten. Einer nannte sogar die Straße, Sebastopol Avenue. Das war allerdings 1994. Würden sie immer noch dort wohnen, sechzehn Jahre später? Falls sie es taten, hatten sie sich aus Telefon- und Adressverzeichnissen löschen lassen – Danny hatte verschiedene Auskunftsdienste angerufen. Nach Tewkesbury war es eine zweistündige Fahrt. Ein langer Weg für einen Schuss ins Blaue.
Viele der Artikel stammten aus einem Lokalblatt, The Gloucester Herald. Er suchte sich die Telefonnummer der Zeitung heraus und erkundigte sich, ob er jemanden von der Nachrichtenredaktion sprechen könne.
»Hallo? Wer ist am Apparat?«, wollte eine junge Männerstimme wissen.
Danny sagte ihm, wer er war. »Ich hatte gehofft, Sie können mir die Telefonnummer von Brian und Beverly Kimber geben – ihr Sohn wurde Anfang 1994 ermordet.«
Falls der junge Mann ihn verstanden hatte, reagierte er nicht darauf. »Spanien, was? Weit weg von zu Hause, Danny. Gibt’s da irgendwas, das ich wissen sollte?«
Aus irgendeinem Grund war Danny sicher, dass sein Gesprächspartner mit seinem Stuhl auf den Hinterbeinen kippelte. »Hören Sie, ich bin in Fleet und will herausfinden, ob die Kimbers noch immer am Ort wohnen, bevor ich dorthin fahre. Es geht nur um
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