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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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müssen, Kudus und Springböcke abzuknallen. Gut, auch bei der Jagd tötete man. Auch da konnte man zusehen, wie eine Kreatur zitternd ihr Leben aushauchte, aber es war nicht ganz das Gleiche. Und jetzt, nach so langer Zeit, ein Gegner auf Augenhöhe! Er oder ich.
    Dass es so etwas wie Blutrausch gab, wusste Clemencia. Doch dieses Raubtier auf zwei Beinen war schon besoffen, bevor das Töten begonnen hatte. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie einen Trumpf in der Hand hielt. Sie musste nur noch ein wenig nachlegen, bevor sie ihn ausspielte. Sie sagte: «Ich weiß nicht, was mir lieber wäre. Wenn der Killer Sie umbringen würde oder Sie den Killer. Am ehesten wahrscheinlich beides.»
    «Lassen Sie das meine Sorge sein!»
    «Ich stelle mir vor, wie er und Sie aufeinander zugehen, wie Sie schießen, getroffen werden, weiterschießen, den Schmerz nicht spüren, den nahenden Tod, weil sie beide nur den Gedanken haben, eine Kugel mehr in den Körper des anderen hineinzujagen. Wie Sie zusammenbrechen und immer weiter schießen, bis …»
    «Glauben Sie an Gott, Lady?», fragte Acheson. Er grinste noch, doch seine Gesichtszüge waren hart geworden. «Dann danken Sie ihm, dass Sie mir nicht in anderen Zeiten über den Weg gelaufen sind!»
    Er war jetzt so weit. Clemencia sagte: «Ja, die guten alten Zeiten! Heutzutage sieht es der Staat allerdings als seine Aufgabe an, Morde aufzuklären und zu verhindern. Meine Pflicht ist es, Ihr Waffenarsenal zu beschlagnahmen und Sie nach Windhoek zu bringen, wo eine gemütliche Arrestzelle auf Sie wartet. Und das werde ich auch tun, es sei denn …»
    Acheson nahm einen Schluck aus der Bierdose. Er wischte sich über die Lippen, fragte: «Es sei denn …?»
    «Es sei denn, es wäre unseren Ermittlungen zuträglicher, das nicht zu tun.»
    Acheson blickte auf sein Gewehr, das am Tisch lehnte. Es war eine Browning New Elite. Kaliber 9,3   x 62. Acheson sagte: «Ich habe eine Vermutung. Und ich habe einen Namen. Mehr kann ich Ihnen nicht anbieten. Und auch das werden Sie nur erfahren, wenn Sie mich nicht festnehmen.»
    Clemencia willigte ein, doch Acheson wollte sich absichern. Sie sollte nach Windhoek zurückfahren, wo er sie anrufen würde, um die versprochenen Informationen durchzugeben. Clemencia hätte ihm umgekehrt auch nicht getraut, doch sie ließ sich auf nichts ein. Sie war nun mal in der stärkeren Position. Entweder er packte aus, oder er konnte in einer Zelle darauf warten, ob ihn der Killer erwischte.
    Von draußen rief der Polizist, dass sie jetzt aufbrechen müssten. Clemencia erhob sich.
    «Warten Sie!», sagte Acheson. «Wie gesagt, mit der Lubowski-Sache habe ich nichts zu tun. Ich habe nur erzählen hören, dass Maree, Barnard, Burger und van Zyl beteiligt gewesen sein sollen. Plus ein weiterer Mann, der Donkerkop genannt wurde. Der hatte angeblich Grund, auf die anderen sauer zu sein.»
    Sauer zu sein, das war wohl kaum der angemessene Ausdruck. Und in der Sache log Acheson zumindest, was seine Rolle anbelangte. Denn wenn der Rest seiner Aussage zutraf, war er bei der Ermordung Lubowskis selbstverständlich dabei gewesen. Nur weil er irgendwelche Gerüchte gehört hatte, würde er wohl nicht die Nummer fünf auf der Todesliste des Killers sein. Clemencia sagte: «Sie haben uns einen Namen versprochen, nicht einen Spitznamen.»
    «Martinus Cloete», sagte Acheson. «Aus Windhoek.»
    «Warum hatte er Grund, sauer zu sein?»
    Acheson zuckte die Achseln. «Fragen Sie ihn selbst!»
    «Gute Arbeit, Chefin!», sagte Angula. Er zog seine Pistole und richtete sie auf Acheson. «Sie sind vorläufig festgenommen. Wegen des Verdachts auf …»
    «Nein, Angula», sagte Clemencia.
    «Chefin?», fragte Angula.
    «Wenn Sie uns an Ihren Hunden vorbeibringen würden, Mister Acheson!»
    Draußen sahen sie eine Staubwolke auf der Farmpad. Die Polizisten aus Gobabis waren abgezogen und hatten es offensichtlich ziemlich eilig. Bevor sich Clemencia ans Steuer ihres Wagens setzte, sagte sie zu Acheson: «Ich würde lügen, wenn ich Ihnen Glück wünschte.»
    Acheson antwortete nicht. Solange Clemencia das im Rückspiegel beobachten konnte, stand er mit der Browning über der Schulter in der Lücke seines Terroristenzauns und schaute ihrem Wagen nach. Als sie unten im Nossob-Tal angelangt waren und nach der ersten Biegung endgültig außer Sicht gerieten, hielt Clemencia an. Sie befahl Angula, den Wagen nach Windhoek zu fahren und alles über Martinus Cloete alias Donkerkop herauszufinden.

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