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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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lachte. «Wenn ich das wüsste, hätte ich es damals schon gesagt. Aber woher soll ich das wissen, wenn ich mit der Lubowski-Sache rein gar nichts zu tun hatte?»
    «Die SWAPO …», begann Angula.
    Clemencia fiel ihm ins Wort. «Wir haben erfahren, dass Chappies Maree und Slang van Zyl Sie hier besuchen wollten.»
    «Da wissen Sie mehr als ich.» Acheson lehnte das Gewehr an den Tisch, ging in die Küche und holte sich eine weitere Dose Bier. Er fragte nicht, ob er ihnen auch etwas anbieten könne. Mit knappen Handbewegungen zündete er sich eine Zigarette an. Clemencia legte ihm ruhig dar, dass sie einen Killer fassen wollten. Dazu wäre es hilfreich, seine Identität zu kennen. Ohne ein paar Hintergründe zu seinem Motiv komme man ihm aber nie auf die Spur. Wenn Acheson an seinem Leben nicht hänge, solle er wenigstens daran denken, dass auch andere gefährdet sein könnten. Acheson zuckte nur die Schultern.
    Clemencia begriff, dass er niemals reden würde. Er war überzeugt, die Sache durchzustehen, wie er alles durchgestanden hatte. Das nächste potenzielle Mordopfer zu sein, schreckte ihn genauso wenig wie die Aussicht, von der Windhoeker Polizei dauerverhört zu werden. 1990 hatte er sieben Monate lang den Unschuldigen gespielt, ohne einzuknicken oder auch nur einen kleinen Fehler zu begehen. So lange würden sie ihn diesmal unter keinen Umständen einsperren können. Da brauchte es nicht einmal einen Anwalt wie von Fleckenstein. Clemencia würde Acheson trotzdem festnehmen. Was sollte sie sonst tun?
    «Detective Inspector!», rief einer der Polizisten von draußen. Angula ging zur Tür.
    Acheson zog an seiner Zigarette und klopfte die Asche ab. Damals hatten er und seine Kollegen vom Apartheid-Geheimdienst nicht gezögert, Informationen aus ihren Gefangenen herauszuprügeln. Wo sie gefragt hatten, waren danach Blutlachen aufzuwischen gewesen. Opfer über Opfer, doch genützt hatte es den Schlägern letztlich nichts. Sie hatten trotzdem verloren, weil Menschenwürde, Wahrheit und Recht stärkere Waffen waren. Das sollte auch so bleiben. Selbst wenn das Ziel noch so hehr und wichtig war, rechtfertigte es eben nicht den Einsatz aller Mittel. Und doch spürte Clemencia eine leise Wut in sich. Darüber, dass einer wie Acheson immer noch glaubte, tun und lassen zu können, was er wollte. Ohne Rücksicht auf Verluste. Dass ihm die Wahrheit genauso egal war wie ein Menschenleben.
    Angula rief von der Tür her, ob er die verdammten Köter abknallen solle. Acheson grinste, drückte seine Zigarette in den Aschenbecher und ging hinaus. Der Polizist, mit dem er zurückkehrte, teilte mit, dass sie sofort abrücken müssten. Jeder Mann würde gebraucht, weil ein Kollege erschossen worden sei. Clemencia fragte nach. Eine Salve aus einem automatischen Gewehr! Möglicherweise aus einer Kalaschnikow! Ein verlassener Lastwagen aus Südafrika!
    «Ihr braucht nirgendwohin zu fahren», sagte Clemencia. «Der Mörder ist auf dem Weg hierher!»
    Der Uniformierte schüttelte den Kopf. Seine Befehle waren klar. Zurück nach Gobabis, und zwar mit der gesamten Truppe! Wenn sie den Mann – er zeigte auf Acheson – mitnehmen sollten, müsse das gleich geschehen.
    «Geben Sie mir zehn Minuten!», sagte Clemencia. Sie wandte sich an Acheson: «Er ist da. Irgendwo da draußen.»
    Acheson lächelte und setzte sich wieder. Mit automatisierten Bewegungen klopfte er eine Zigarette aus der Packung. Auf den ersten Blick hatte sich nichts verändert. Er sah keinen Deut anders aus, er bewegte sich nicht anders, und doch wirkte er plötzlich zwanzig Jahre jünger. Die Energie, die er ausstrahlte, war förmlich zu spüren. Sie schien die Luft um ihn zum Knistern zu bringen.
    Es war die neue Situation, es war die Gefahr! Was bei anderen Angst und Lähmung hervorrufen würde, forderte Acheson nur heraus. Er konnte es nicht erwarten, dem Killer mit dem Gewehr in der Hand gegenüberzutreten. Er oder ich, das war die Frage, die zählte, das war das Einzige, was ihm am Leben schmeckte. Töten oder getötet werden, darauf lief bei ihm alles hinaus. So einfach war das, war es immer gewesen. Als Söldner, als Folterknecht, als Killer. Und je größer das Risiko war, desto größer war auch die Befriedigung.
    Politik hatte ihn wahrscheinlich nie interessiert. Für das Apartheid-Regime hatte er nur gekämpft, weil es ihn mit dem beauftragte, was er sowieso am liebsten tat: zu morden. Doch das war Ewigkeiten her. Lange Jahre hatte er sich damit begnügen

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