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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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Luft ausstieß? Ganz ohne Ton, völlig unhörbar. Nicht mehr als ein schnelles entschiedenes Ausatmen durch den Mund. Nur, damit er die Kehle frei bekam. Damit er nicht erstickte. Damit ihn der Krampf in seiner Brust nicht umbrachte.
    «Hören Sie, Sir», sagte Morgan, «könnten Sie nicht dieses eine Mal ein Auge zudrücken?»
    Er würde nicht husten. Er wehrte sich mit allem, was er aufbieten konnte, selbst als er merkte, wie sich die Schmerzen in seinen Lungen sammelten, wie sie sich ballten und in ein wildes Tier verwandelten, das um sich beißend nach oben kletterte. Er sollte einfach einen Schluck Wasser trinken! Er tastete nach dem Kanister, drehte hektisch am Verschluss, spürte, dass er es nicht mehr schaffen würde, weil sich das stachelige Ungeheuer unaufhaltsam seine Kehle hochfraß. Er wusste, dass es ihm den Hals zerfetzen würde, wenn er nicht aufgab, aber er gab nicht auf, er kämpfte weiter, auch als es schon zu spät war, als die Bestie bereits durchgebrochen war und ein erstes knurrendes Bellen durch seinen Mund schickte.
    Er hatte verloren. Sein Oberkörper schnellte nach oben, er schlug mit der Schädeldecke an das Blechdach des Lastwagens, spürte nur, wie er hustete, wie jede Faser in ihm hustete, wie sich sein Inneres nach außen zu stülpen schien. Er hustete, als müsse er sich die Seele aus dem Leib kotzen. Es dröhnte und hallte und rasselte und pfiff. Und es hörte nicht auf. Keine Spur von Befreiung und Erleichterung, immer stärker, immer heftiger drängte der Husten aus ihm heraus, sodass er zu ersticken meinte, weil keine Gelegenheit blieb einzuatmen.
    Wie durch Watte hörte er den Polizisten draußen fragen, was da los sei. Er schmeckte Blut auf seiner Zunge, japste nach Luft und hustete weiter, tiefer, gequälter. Draußen wurde Morgan befohlen, sofort auszusteigen. Die Fahrertür ging auf und schlug wieder zu, und der Anfall war immer noch nicht ganz vorbei, auch wenn kaum mehr Kraft zu husten übrig geblieben war. Der Gaumen schmeckte nach Schwefelsäure, die Kehle brannte, durch die Lungen stachen glühende Nadeln. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Sie waren trocken und rau.
    «Ich habe keine Ahnung», sagte Morgan, als die Tür des Laderaums aufschwang. Es wurde hell. Die Kalaschnikow lag neben ihm. Er hustete einmal schwach.
    «Rauskommen!», sagte die fremde Stimme. Sie gehörte einem Polizisten, der wahrscheinlich glaubte, einen illegalen Einwanderer gestellt zu haben.
    «Okay», antwortete er. Er griff sich das Gewehr und robbte über die Kartons auf das Tageslicht zu. Fast hoffte er, dass der Polizist seine Dienstwaffe gezogen hätte, aber das hatte er nicht. Er stand nur da, zwei Meter tiefer, und starrte ungläubig in den Lauf der Kalaschnikow. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn in Südafrika nicht so ein ungesundes Klima geherrscht hätte. Oder wenn Morgan sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten hätte. Doch ob irgendwer an irgendetwas die Schuld trug, war eine müßige Frage. Manche Dinge geschahen eben.
    Er krümmte den Finger am Abzug der AK-47.
     
    Die beiden Bullterrier waren angekettet, doch mit genügend Spielraum, um den Zugang zur Haustür versperren zu können. Sie standen mit steifen Beinen und ließen Zähne sehen, die einem Menschen mit einem Zuschnappen die Kehle durchbeißen konnten. Varkhonde, Schweinshunde, wie die Buren sie ihres Aussehens wegen nannten. Bloß, dass kein Gramm Fett an ihnen war. Alles nur Muskeln unter dem schmutzig weißen Fell. Mit hundertprozentiger Sicherheit waren sie zu Kampfhunden abgerichtet. Und es würde Clemencia keineswegs wundern, wenn sie speziell auf Schwarze trainiert worden wären. Auf Kafferngeruch, würde einer wie Acheson zu seinesgleichen wohl sagen. Clemencia rief laut in Richtung Tür, ob jemand zu Hause sei. Die Bullterrier knurrten.
    Hinter dem Haus war der Doppelzaun schon fertiggestellt, sodass sich dort niemand so leicht aus dem Staub machen konnte. Trotzdem hatte Clemencia zwei der Polizisten aus Gobabis an der Rückseite postiert. Zwei weitere waren bei den Autos geblieben, der Rest sicherte hinter Clemencia und Angula ab.
    «Polizei!», rief Clemencia. «Machen Sie auf!»
    Nichts rührte sich, obwohl die Arbeiter versichert hatten, dass der Baas zu Hause sei. Angula bückte sich nach einem Stein und warf ihn gegen die Tür. Ohne einen Laut von sich zu geben, schnellte einer der Bullterrier nach vorn, machte zwei Sätze und wurde durch die Kette zurückgerissen. In den

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