Die Stunde des Spielers
Brad und Angelina!«
Es gab nicht genug Champagner auf der Welt.
Auf Moms Feier lernte ich endlich Bens Mutter kennen, sein Gegenstück zu meiner Ausgeburt an hyperaktiver Vorortglückseligkeit. Ellen O’Farrell war die Frau eines Ranchers gewesen, bis ihr Mann wegen zahlreicher Zuwiderhandlungen gegen das Waffenrecht und Anklagen wegen der Verabredung zur Verübung einer Straftat verurteilt und ins Gefängnis gekommen war. Jetzt war sie eine geschiedene Kellnerin in Longmont, einer mittelgroßen Stadt nördlich von Boulder. Ihr Bruder - Cormacs Vater - war derjenige gewesen, der Cormac in der Jagd auf Werwölfe unterwiesen hatte. Ellen stammte aus einer Familie von Werwolfjägern. Und deshalb waren wir einander noch nicht begegnet. Ben war sich nicht sicher, wie sie darauf reagieren würde, dass ihr einziger Sohn mit dem Feind unter einer Decke steckte. Außerdem hatte er ihr auch nicht erzählt, dass er selbst zum Feind geworden war. Das, entschieden wir, konnte noch warten.
Ich benahm mich vorbildlich, als Ben mich der dünnen, stillen Frau vorstellte. Sie war an die sechzig, ihr Gesicht weich und voller Falten, die ergrauten braunen Haare trug sie in einem Zopf. Sie wirkte müde, doch ihre haselnussbraunen Augen glänzten.
»Es ist schön, dich kennenzulernen«, sagte ich, und versuchte freudig und menschlich zu wirken, als ich ihr die Hand gab.
»Gleichfalls.« Sie legte beide Hände um meine Hand und strahlte mich und Ben an.
Und es war ihr anzusehen: Sie war stolz auf ihren Sohn. Glücklich für ihn. Er hätte sich keine Sorgen machen müssen. Vor dem Ende des Festes hatten wir eine Einladung bei ihr zum Abendessen.
Letztlich fühlte sich das Verheiratetsein auch nicht so anders als das Nichtverheiratetsein an. Nicht heutzutage, wenn Leute wie wir zusammenlebten und einander vor dem großen Tag auf Herz und Nieren prüften. Und uns kam es doppelt so vor, denn unsere Wolfhälften dachten: Ach was. Wir hatten uns fürs Leben gepaart, und wir mussten es uns nicht erst von einem Elvis-Imitator in Vegas sagen lassen.
Recht schnell verlief alles wieder in normalen Bahnen.
Zwei Wochen später wurde eines Nachmittags die Tür unserer Wohnung aufgerissen. Ich sah vom Sofa auf, wo ich gerade in ein Buch mit Geschichten von H. P. Lovecraft versunken gewesen war. Ben kam herein. Er sah recht unordentlich aus. Von seinem Jackett und der Krawatte war keine Spur zu sehen, und er hatte die Ärmel hochgekrempelt. Die Aktentasche in der Hand, breitete er die Arme zu einer Siegergeste aus.
»Ich habe einen Mandanten rausgeschmissen«, sagte er. Er grinste, wobei sich die Zufriedenheit und Erleichterung deutlich auf seinem Gesicht abzeichneten.
Ich hob eine Braue und legte das Buch beiseite. Da ich ein paar von Bens Mandanten kannte, fragte ich mich, was man letztendlich tun musste, damit Ben einen Fall abgab. »Wen denn?«, fragte ich, als er die Tür mit dem Fuß zustieß.
»Erinnerst du dich an den Kerl, der trotz Fahrverbot wegen Trunkenheit am Steuer verhaftet worden ist?«
Ganz genau, mein Süßer hatte ein glückliches Händchen bei seiner Mandantenwahl. »Ja und?«
»Erinnerst du dich noch, dass ich ihm gesagt habe, seine einzige Hoffnung, nicht im Gefängnis zu landen, bestünde darin, den Richter nett anzulächeln, in eine Entziehungskur einzuwilligen, das Bußgeld ohne Murren zu bezahlen und sich noch artig zu bedanken?«
»Lass mich raten: Hat er nicht gemacht.«
»Er ist betrunken vor Gericht erschienen.«
Ich zuckte zusammen. »Autsch. Was hast du getan?«
Er ließ sich neben mich auf das Sofa fallen. »Ich habe ihn von einem Gerichtsdiener in die Ausnüchterungszelle stecken lassen, habe gewartet, bis er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, und ihm dann gesagt, er solle sich einen anderen Anwalt nehmen. Ich glaube, er ist zur Höchststrafe verurteilt worden.«
»Wünschst du dir nicht manchmal, sie könnten Leuten einfach wegen Blödheit den Prozess machen?«
»Dann ginge mir nie die Arbeit aus.« Er beugte sich zu mir, und ich legte die Arme um ihn, als er Anstalten machte mich zu küssen. Und noch einmal und noch einmal. Das war das Beste an der ganzen Sache.
Er rieb seine Nase an meinem Hals und legte den Kopf auf meine Schulter. »Ich glaube, ich bin ein Workaholic gewesen, weil das hier nicht zu Hause auf mich gewartet hat.«
Mein Handy klingelte. Ben stöhnte. »Geh nicht ran.«
Wahrscheinlich hätte ich auf ihn hören sollen, doch seitdem Mom krank geworden war, machte mich das Läuten
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