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Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht

Titel: Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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wies sie auf seine linke Schulter. Tatsächlich trug er einen vollen Liriumflakon im Schulterpolster. Dann schwankte der Finger des Mädchens abermals und richtete sich auf sein Schienbein. Kaum hörbar hauchte sie: »D-da ist eine Klinge mit Lirium.«
    Gharra starrte an seinem Bein hinab. Unter dem dicken Stiefelleder war sein magischer Dolch nicht zu sehen. Jedenfalls nicht für ihn.
    Der Zwerg setzte das Mädchen ab. Sofort senkte sie den Kopf und hielt sich wieder die Hände vor das entstellte Gesicht. Nur das heile Auge lugte zwischen den Fingern hervor.
    »Seht Ihr«, brummte der Trollhändler. »Das Kind ist ein Segen für jeden Sturmjäger. In Har’punaptra würde sie uns reich machen.«
    »Aber ihr wollt nicht mit ihr gesehen werden.«
    Der Zwerg nickte. »Wir wissen nicht, woher sie kommt. Bis jetzt hatten wir keine Probleme und auf einem Schiff hoch oben im Himmel wird sie niemand suchen. Aber wer
weiß, wer in Har’punaptra hinter einem verschollenen Kind her ist.«
    Gharra kratzte sich wieder das Kinn. »Ein Segen … vielleicht aber auch ein Fluch. Ich tue euch einen Gefallen, wenn ich sie euch abnehme.« Er schwieg einen Moment. »Also schön, fünf Schilling.«
    »Sie ist mindestens einen Dukaten wert! Allein wenn wir ihre Haare und Zähne verkauften, haben wir schon so viel!«
    »Ja, und eine Leiche.«
    »Nicht unbedingt«, grollte der Zwerg.
    Gharra seufzte. »Also schön. Einen Dukaten.«
    Und so tauschten einundsechzig Dukaten, sechs Trolle und ein Mädchen ihre Besitzer. Als man die Trolle auf das Schiff gebracht hatte, legte Gharra beide Hände auf die schmalen Schultern des Kindes. Er spürte die Knochen durch den Stoff, was gewiss nicht nur an der Verpflegung der Zwerge lag. Einer der vielen Gründe, weshalb die Menschen aus dem Alten Reich zu fliehen versuchten, war der Hunger, hieß es.
    »Mein Name ist Kapitän Redwin Gharra. Aber es reicht, wenn du mich Kapitän nennst. Das bedeutet, dass ich das Kommando habe und alle machen, was ich sage. Und bevor du einen Befehl ausführst, sagst du ›Aye, Aye, Kapitän‹. Kannst du dir das merken?«
    Das Mädchen nickte. Als Gharra sie mit einem erwartungsvollen Blick bedachte, erklang ein leises »Aye, Aye, Kapitän.«
    »Sehr schön! Aber ein bisschen lauter nächstes Mal, der Wind weht stark dort oben. Und nun verrate mir deinen Namen.«
    Das Kind sah ihn schweigend an.
    »Fragt sie was anderes«, mischte sich der Trollhändler hinter
Gharra ein, der inzwischen die Käfigwagen für die Weiterreise verschloss. »Sie will ihren Namen nicht rausrücken, falls sie einen hat. Wir haben sie Hel genannt, Licht, wegen dem …« Er deutete auf sein Auge.
    Gharra runzelte die Stirn. »Wie lange war sie denn bei euch?«
    »Fünf, sechs Monde.«
    Gharra fragte sich, wie viel von der Zeit sie in der zauberfesten Kiste verbracht hatte. »Ein zwergischer Name für ein Menschenkind. Licht für eine Halbblinde! Na, wenigstens gibt er deiner traurigen Erscheinung ein bisschen Humor mit. Er wird genügen, bis dir dein echter Name wieder einfällt.« Er stand auf und hielt ihr die Hand hin, um sie auf das Schiff zu führen. Als sie ihre hineinlegte, war er sich nicht sicher, ob sie »Aye, Aye« murmelte. Für einen Augenblick durchfuhr den Kapitän ein Gefühl zärtlichster Zuneigung, schwer und süß wie der Wind jener Sommerabende, die er im Tiefflug über den Steppen verbracht hatte, damals, vor fast einem halben Jahrhundert, als er selbst ein Kind gewesen war.
    Ebenso rasch, wie das Gefühl aufgekommen war, flaute es wieder ab.
    Gharra seufzte. Wenn das Kind Ärger bereitete, würde er es in der nördlichen Wüste über Bord werfen, wo der Sand noch gefräßig war. Dabei fiel ihm wieder etwas ein. Mit einem gutmütigen Lächeln blickte er auf das Mädchen hinab.
    »Sag mal, mein hübsches Monster, kannst du auch kochen?«
    Doch diesmal wartete Kapitän Gharra vergebens auf das »Aye, Aye«.

Und er zog durch Nacht und Wüste
Überzog die Wüste mit Nacht
Und suchte den Tod und Rache
Strahlender Tod erwacht!
Und fand das Licht und ein Mädchen
Ein Mädchen, von Licht bewacht.
     
    Gesprochen in den Hallen von Hellesdîm.

Lichter
    D er Wüstenwind war kühl bei Einbruch der Dämmerung und schwemmte die schwere, stehende Hitze des Tages fort wie ein Schwall Wasser. Es war Hels Lieblingszeit.
    Sie stand im Mastkorb, zwanzig Fuß über dem Vorderdeck und gut eine Viertelmeile über dem Erdboden. Ihre Hände ruhten auf dem Korbrand, ohne sich festzuhalten; das

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