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Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht

Titel: Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht - Die Sturmjäger von Aradon - Feenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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Schüsseln in eine Hand nehmen, während sie den Türring aufdrehte. Wind hauchte ihr entgegen. Hier oben, auf der höchsten Plattform des Schiffs, schien der Himmel näher zu sein als die Erde. Das Land war längst in Nacht ertrunken.
    Aus den Bogenfenstern der Kapitänskajüte drang ein matter Schimmer. Hel klopfte an und drehte den Türring, ohne auf Erlaubnis zu warten. Suppe schwappte auf ihr Handgelenk, als sie eintrat. Fluchend schob sie die Tür mit dem Fuß hinter sich zu.
    »Gharra? Ich bin’s!«, rief sie in den leeren Raum.

Der Sand
    H el?« Der Lehnstuhl am Fernrohr knarzte, als Kapitän Gharra hinter der Lehne auftauchte. »Ach, mein hübsches Monster. Und Abendessen!« Er schnupperte. »Sandwurm?«
    »Was sonst.«
    Gharra überhörte den missvergnügten Ton und nahm die Schüssel entgegen. Der Kapitän der Schwalbe war in den letzten Jahren deutlich gealtert. Zwar konnte der gefütterte Rock kaschieren, wie Gharra abmagerte, doch über seine Erschöpfung täuschte das nicht hinweg. Er war stiller geworden als früher und zog sich immer mehr zurück; die Zeiten, in denen der Kapitän brüllend und fluchend über das Deck gepoltert war, lagen lange zurück. Vielleicht, weil auch die Zeit der Sturmjagd zu Ende zu gehen schien.
    »Hmm«, machte Gharra und atmete tief den Duft der Suppe ein. Hel musste lächeln. Wenigstens schien er im Alter die kleinen Freuden des Lebens entdeckt zu haben. »Im Schrank muss noch sauberes Besteck sein. Und bring den Wein vom Nachttisch her, ja?«
    Hel holte zwei Löffel und Kelche und die halb geleerte Flasche. Nachdem sie die Löffel an ihrer Tunika abgewischt und den letzten Weintropfen aus der Flasche geschüttelt hatte, setzte sie sich auf die Truhe unterhalb des Fensters.
    Sie aßen ihr Mahl schweigend. Aber das störte Hel nicht. Im Gegenteil, die Ruhe hier oben war eine willkommene Abwechslung zum Lärm des Speiseraums. Gharras vertrautes
Schmatzen, das Platschen eines Wurmstücks, das ihm vom Löffel rutschte … all das erinnerte Hel an den Frieden so mancher Abende, die sie allein verbracht hatten. Es war eine Tradition, die nur ihnen gehörte.
    Als Hel den letzten Schluck Suppe getrunken hatte, war Gharra noch längst nicht mit seiner Portion fertig. Das lag vor allem am Zittern der Hände; die meiste Suppe tropfte in die Schüssel zurück, bevor er den Löffel im Mund hatte.
    Hel nippte am Wein. Es war ein süßer, dunkler Trank aus den Schwesterreichen, Moia vermutlich oder Orrún. Gharra hatte ihr von den Ländern erzählt, in denen er einst ge - jagt hatte: von tiefen, geheimnisvollen Wäldern im Mittland, den fernen Küstengebieten im Süden und sogar den westlichen Steppen, wo die bekannte Welt endete. Hel war selbst nie dort gewesen. Heute bestimmte die Magierschaft, wo welches Schiff jagte, und die Schwalbe war, so lange Hel sich erinnern konnte, immer in den Wüstenregionen unterwegs.
    »Ich habe etwas gesehen«, begann Hel nachdenklich, als sie die Hälfte ihres Kelchs geleert hatte. »Es war nur ganz kurz da … ein Funkeln.«
    Gharra hielt im Kauen inne.
    »Kein Sturm«, beeilte sie sich. »Eher ein … ja, ein Aufleuchten. Es war gleich wieder weg. So was hab ich noch nie gesehen, mitten im toten Land. Vielleicht habe ich mich nur getäuscht, aber …«
    Bevor sie den Satz beenden konnte, stellte Gharra die Schüssel weg und stemmte sich aus dem Stuhl hoch. »Tix! Wo steckst du, du vermaledeiter - Hel, sieh mal dort auf dem Schreibtisch nach, meine Kette müsste zwischen den Schriftrollen liegen.«
    Hel ging hinüber und fand unter halb ausgerollten und bekritzelten
Landkarten ein gläsernes Medaillon. Darin glomm ein Herz, kaum größer als Hels Daumennagel.
    Gharra hatte den Pixie irgendwann auf den Märkten von Aradon erstanden, wo Geister aller Art feilgeboten wurden. Die Kinder wohlhabender Händler hielten sich Kobolde als Haustiere, Magier mit Verfolgungswahn vertrauten auf Gnome, um sich vor Feinden zu schützen, und auch in der Liga der Sturmjäger erfreuten sich Geister wegen ihrem Gespür für Lirium großer Beliebtheit. Wobei das Erfreuen relativ war. Man musste etwas von einem Geist besitzen - sei es ein Knöchelchen, ein Auge, ein Fuß oder das Herz -, um sich seine Dienste zu erzwingen. Freiwillig gab ein Geist höchstens einen Tritt. Doch zum Glück hatten sie eine Schwäche für Tauschgeschäfte und opferten ihre Freiheit nicht selten für einen Fingerhut voll Lirium.
    Ungeduldig nahm Gharra das Medaillon an sich und schwenkte die

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