Die Suche nach dem Regenbogen
begann zu husten. Maître Bellier zog ein großes Taschentuch aus dem Ärmel und hielt es sich vors Gesicht.
»Oh, ich bitte Euch, laßt Euch nicht stören. Nein, nein, behaltet Platz, Ihr Herren. Nichts gefällt mir mehr als eine Verschwörung, außer vielleicht Massenmord. Und das eine ergibt sich oft aus dem anderen, nicht wahr?«
Der Herzog von Bourbon hatte jedoch nicht nur ein hitziges Temperament, sondern auch geschliffene Manieren, und er fand die glattzüngige Sprache wieder. »Mein lieber Sieur… ah, Belfagoro, was verschafft uns die Ehre? Und was führt Euch so jählings hierher? Seid versichert, daß wir Euch Unterstützung gewähren, soweit es in unseren armseligen Kräften steht, solltet Ihr diese brauchen.«
»Monsieur de Bourbon, nennt mich getrost bei meinem richtigen Namen. Ich bin Fürst Belphagor, Herr der Unterwelt, Herrscher über Dämonen und Befehlshaber einer ganzen Heerschar von Unterteufeln, der Euch in Eurer Sache helfen will.«
Maître Bellier und die anderen waren entsetzt. »Aber – aber unsere Sache – ist eine heilige Sache«, sagte der alte Advokat.
»Gott selbst hat es so bestimmt…«
»Das Wahre Blut…«
»Jemand hat uns durch diesen Versucher mit einem Fluch belegt. Wer könnte das gewesen sein? Es sind die anderen, die Abgefallenen.«
»Die Spaltung der Eiche. Die Tempelritter. Hebe dich hinweg, Dämon.«
»Hebe dich selbst hinweg, törichter Greis, ich könnte sonst böse werden. Eure Sache ist auch meine. Ich habe gehört, daß Ihr die Valois stürzen wollt. Ich auch. Mir ist es einerlei, welches Haus Ihr danach an die Macht bringt. Hauptsache, nicht die Valois.«
»Was habt Ihr gegen die Valois?«
»Eine kleine Meinungsverschiedenheit mit König Philipp.«
»Habe ich nicht gesagt, dahinter stecken die Tempelritter. Die haben diesen Teufel freigelassen.«
»Na und, warum sollte ich dazumal nicht ein paar Tempelritter gekannt haben? Ich bin schon eine ganze Weile im Raum. Soviel ich weiß, habt Ihr Euch gegen das herrschende französische Königshaus verschworen. Nein, nein – laßt nur, Ihr müßt nicht aufbrechen, ich verrate Euch schon nicht. Ich hege einen persönlichen Groll gegen den König und seine Erben und möchte mit Euch gemeinsame Sache machen. Also, die Idee mit dem falschen Erben, die ist ausgezeichnet. Ein Plan, der seine brillanten Aspekte hat.«
Belphagor machte es sich gemütlich, hockte sich auf den Tisch und schlug die Beine übereinander. Er sah ganz aus wie ein Herr von Stand. Er hatte sich das Samtbarett, an dem eine Reiherfeder mit einem großen Edelstein befestigt war, keck in die Stirn geschoben. An jedem Finger prangte ein Ring und im Ohrgehänge eine große Perle. Sein Wams bestand aus schwerem karminrotem Samt und war mit Gold und Silber bestickt, und seine großen Stiefel waren aus seidenweichem Maroquinleder. Seine Stimme leugnete seine niederen Instinkte und klang weltmännisch und gepflegt. Crouch hatte gute Arbeit geleistet. Obschon Belphagor stellenweise etwas durchsichtig und von einer Aura des Bösen umgeben war, wirkte er Zoll für Zoll wie jemand, der gut zu ihnen paßte. Noch nie, dachte Belphagor, habe ich so aufmerksame und erbötige Zuhörer gehabt. Keine lästigen magischen Kreise, keine Schutzamulette. Ich konnte schnurstracks zu ihnen gelangen. Wunderbar, ich treffe eine Vereinbarung mit ihnen, und sie kommen gar nicht auf die Idee, mich mit irgendeinem abscheulichen Schwur aus einem Zauberbuch zu binden. Also kann ich sie ganz nach Belieben betrügen. Er knirschte kurz mit den spitzen Dämonenzähnen, denn er erinnerte sich an den Hahn. Wenn ich frei bin, räche ich mich. Dann fiel ihm ein, daß die Hexenmeister wahrscheinlich allesamt tot waren, und das ärgerte ihn noch mehr. Dabei mußte ein wenig Schwefelrauch aus seinen Ohren gekommen sein, denn die Runde um den Tisch war sichtlich verstört.
»Lord Belphagor, wie können wir Euch zu Diensten sein?« Das war Bourbon. Prächtig. Sie wollten ihm zu Diensten sein.
»Hat sich Eure kleine Gruppe hier wahr und wahrhaftig der Sache geweiht, die Nachkommen König Philipps vom französischen Thron zu stürzen?«
»Aber natürlich.«
»Wir haben uns seit Jahrhunderten der Sache geweiht, das Wahre Blut wieder auf den Thron zu bringen.«
»Das Wahre Blut? Und wer genau ist das?«
Die Verschwörer blickten sich an. »Die Merowinger, die wahren Herrscher Frankreichs, die gemäß einem prophetischen Text dazu bestimmt sind, aus der ganzen bekannten Welt, und dazu
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