Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
Ein starker Anführer, verbittert, stolz, nachtragend. Den bringe ich durch meine Tochter noch an die höchste Macht, und er wird mich rächen. Und dann wird in Frankreich meine Linie herrschen, nicht die Linie dieser jämmerlichen kleinen Frau, dieser Louise von Savoyen. »Ja, diese Prozesse«, sagte sie.
    »Nehmt Euch in acht, wenn Euer Gemahl Advokaten empfängt. Er wird – oh, da kommen zwei dieser englischen Damen. Man sollte ihnen verbieten, sich in ihrer häßlichen Sprache zu unterhalten! Ah, meine liebe Mademoiselle Gray und Mademoiselle Bourchier, bitte, setzt Euch zu uns. Wir sprachen gerade über das neue Bündnis…«
    »Von Politik verstehen wir gar nichts, Madame de Beaujeu. Wir unterhielten uns über die neueste italienische Mode, bei der man die Taille höher am Mieder ansetzt…«
    »Ja, und die Ärmel einhält, hier, unmittelbar über dem Ellenbogen, und dann wieder bauscht und erneut einhält… Meint Ihr nicht, daß es dieser Mode an Würde mangelt? Ich finde, ein voller Ärmel läßt Handgelenk und Hand viel zierlicher wirken.«
    »Ja, kleine Hände und kleine Füße, beides macht wahre Schönheit aus.«
    »Es ist dreierlei«, erwiderte Madame de Beaujeu und zitierte damit den überlieferten fraulichen Schönheitskodex. »Ein kleiner Mund gehört auch dazu.« Sie schürzte den eigenen, der von winzigen Fältchen umgeben war, was davon zeugte, daß sie das gewohnheitsmäßig machte. Jeder wußte, daß ein kleiner Mund bei Frauen auch klein in anderer Beziehung bedeutete, und danach strebte jede Dame. Anne de Beaujeu ließ ihre Augen, die so leuchtend und knopfartig waren wie Vogelaugen, durch den Raum schweifen, um anzudeuten, daß die Neuankömmlinge ihre volle Aufmerksamkeit nicht wert waren. Sie warf einen flinken Blick zur Estrade, wo sich Suffolk mit der Königin in dieser gräßlichen Fremdsprache unterhielt. Als Antwort lachte die Königin. »Man sollte sich vorsehen und nicht zuviel lachen«, sagte die alte Dame. »Das macht einen großen Mund.« Ihre Stimme klang abfällig. Doch die beiden Damen hatten ihre Königin nicht gesehen, da sie sich hinter ihnen befand, und so verfehlte die bissige Bemerkung völlig ihr Ziel.

    »Also, schwarzes Karmin eignet sich schlecht für die kleinformatige Malerei, weil es nämlich genau richtig sein muß, und obendrein ist es sehr teuer. Das beste Karmin kommt aus Venedig, doch dieses hier aus Antwerpen tut es auch.« Master Ashford setzte den großen Beutel Gips ab, den er für mich heimgetragen hatte, holte das Päckchen, das ich soeben erstanden hatte, vom Bord, musterte es und legte es wieder zurück. Dann blickte er sich so neugierig in meinem Atelier um, als wäre es ein fremdes Land. Es war schon eine seltsame Fügung, daß wir uns auf der Straße getroffen hatten, als ich den schweren Beutel Gips und anderes mehr nach Haus tragen wollte und Nan dabei keine Hilfe war, da sie sich mit dem Schlachter um die Rechnung zankte und noch mehr anschreiben lassen wollte. Also, Robert Ashford könnte mir gefolgt sein, und das sähe ihm ziemlich ähnlich, weil er nie frei von der Leber weg redet wie ich.
    »Bei dem Preis könnte es auch aus Venedig sein«, sagte er. »Ich habe noch nie eine Frau erlebt, die soviel Geld durchbringt, und das nicht für Kleider.« Ha. Er war mir also doch gefolgt, da hatte ich den Beweis. Woher wüßte er sonst, wieviel ich ausgegeben hatte?
    »Wenn man Geld verdienen will, muß man Geld ausgeben. Schlechte Farben gleich schlechte Arbeit. Das hier zerstoße ich in einer Gummiarabikum-Lösung, aber schwarzes Karmin läßt sich besser zerstoßen, wenn man ein wenig Kandis ins Gummiarabikum gibt.«
    »Und dieser ganze Gips?« sagte er und deutete mit der Stiefelspitze auf den Beutel.
    »Als Gesso verwende ich nur feinen, gebrannten Gips, er heißt auch Bologneser Kreide – Gesso, das ist die weiße Grundierung wie auf der Tafel dort drüben, mit der ich gestern angefangen habe. Abgüsse wie die auf dem Bord da mache ich aus ungebranntem Gips, der bindet besser ab.«
    »Und das alles hat Euch Euer Vater gelehrt?«
    »Natürlich. Weisheiten wie diese fliegen einem nicht einfach zu, Master Ashford. Mein Vater war ein großer Mann, ein hervorragender Maler kleinformatiger und großformatiger Bilder. Auf der Suche nach diesen Geheimnissen hat er die ganze Welt bereist.«
    »Hände aus Gips, warum gerade Hände?« fragte Master Ashford.
    »Weil ich den Lichteinfall studieren muß, wenn ich ein Ganzfigurporträt male. Dafür braucht

Weitere Kostenlose Bücher