Die Suche nach dem Regenbogen
Männerstimmen streiten hören.
»Und ich sage Euch, ich habe ihn vergangene Woche gesehen. Er macht sich überall lieb Kind. Er hat dem englischen Herzog Pferde verschafft, als seine Sache verloren schien.«
»Vielleicht ist er gekommen, weil er das Manuskript abliefern will.«
»Nein, als ich mit ihm gesprochen habe, da hat er behauptet, sie hätten es in drei Teile geteilt und er hätte nur einen davon.«
»Eine Lüge.« Drinnen im Haus waren die Kerzen heruntergebrannt. Die Verschwörer saßen um den Tisch herum und prüften die Nachrichten, die aus allen Ecken Europas eingetroffen waren.
»Damals war es keine Lüge. Ich habe vor meinem Aufbruch in London Erkundigungen eingezogen. Ein Advokat namens Ludlow hatte einen Teil und ein Maler namens Dallet den dritten. Aber Dallet wurde ermordet und Ludlow desgleichen.«
»Dann hat er alle drei Teile und ist dennoch nicht zu Euch gekommen.«
»Das bedeutet, er benutzt das Manuskript, um selbst an die Macht zu gelangen.«
»Nein. Ich glaube, er ist hier, weil er uns an den König verraten will. Das vollständige Buch enthüllt unser Geheimnis und unser Ziel, die Valois zu vernichten und die Merowinger wieder auf den Thron zu bringen. Wir müssen jetzt handeln, sonst wird man uns wegen Hochverrats hinrichten.«
»Nein, wenn wir zu früh losschlagen, ist alles verloren. Wir haben unsere Streitmacht noch nicht gesammelt, und der Weissagung zufolge ist die Zeit noch nicht reif. Bedenkt, daß der König zu schwach und zu sehr mit seiner neuen Frau beschäftigt ist, als daß er sich um ein Manuskript kümmern würde. Nein, Monsieur Crouch spielt auf Zeit. Warum würde er sonst wohl wie ein Vergnügungsreisender die Stadt durchstreifen, ein paar Antiquitäten kaufen, überall herumscharwenzeln und diesen ausländischen Fürsten, mit dem er reist, als Italiener einführen? Der schlägt unter dem Schutz der Engländer die Zeit tot und wartet, daß der König stirbt und er mit Franz ins Geschäft kommen kann. Ein neuer, kraftvoller König, das könnte unser Ende bedeuten.«
»Dann darf er nie mit Franz ins Geschäft kommen.«
»Wir dürfen nicht zu früh losschlagen. Die Zeit ist noch nicht reif.«
»Das ist doch ganz einfach. Wir müssen lediglich verhindern, daß Franz an die Macht kommt. Die Königin muß einen Sohn bekommen und bis zu dessen Volljährigkeit Regentin werden. Dann kann Franz den Thron nicht besteigen. Aber ohne Unterstützung wird sie nicht herrschen können. Der Steuermann soll sich bei ihr einschmeicheln und ihr Berater werden. Das wird nicht leicht sein. Es gibt einen Aufruhr im Königreich, wenn sich Franz gegen den Steuermann erhebt. Doch in Zeiten gespaltener Macht kann der Kaiser Truppen sammeln und uns damit zu Hilfe kommen.«
»Unmöglich. Der König kann keine Kinder mehr zeugen. Das habe ich von einem seiner engsten Berater.«
»Aber der König hat verbreitet, daß er noch dazu fähig ist.«
»Der König siecht von Tag zu Tag mehr dahin. Wenn er tot ist, wird man die Königin zwingen, sich für die Trauerzeit zurückzuziehen und sie in ihre Gemächer einsperren, bis sich herausstellt, ob sie nun einem nachgeborenen Erben das Leben schenkt oder nicht. Dort bekommen wir sie in unsere Gewalt. Wir werden ein neugeborenes Kind in ihre Gemächer schmuggeln, verkünden, daß ein Erbe geboren wurde, und sie zur Regentin ausrufen lassen.«
»Und wenn sie sich weigert, ein Kind einschmuggeln zu lassen?«
»Das wird sie nicht wagen. Man könnte sie sonst für den Kopf der Verschwörung halten. Und das wäre ihr Untergang. Lieber Regentin unter unserer Oberaufsicht als lebenslang eingesperrt durch Herzog Franz.«
»Warum ermorden wir Crouch nicht einfach, ehe er losschlägt?«
»Weil wir nicht wissen, wie viele an seiner Verschwörung beteiligt sind. Vielleicht die englischen Herzöge, vielleicht andere, die für den Fall Rache geschworen haben, daß er verschwinden sollte. Eins steht jedoch fest, dieser Fürst Belfagoro gehört dazu. Wir müßten beide umbringen und obendrein noch die englischen Herzöge.«
»Hat da jemand meinen Namen genannt?« Ein Rauchwölkchen, leichter Schwefelgeruch, und Belphagor stand am Kopfende des Tisches zur Linken des Herzogs von Bourbon, der entsetzt zurückfuhr. Die Kerzen in den eisernen Wandleuchtern flackerten in einem unerklärlichen Luftzug, dann aber brannten sie so hell, als würden sie von einer höllischen Kraft geschürt. Im Raum breitete sich unangenehmer Schwefelgestank aus. Einer der Verschwörer
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