Die Suche nach dem Regenbogen
sarkastischer Stimme bei. »Entweder seid Ihr dumm oder die durchtriebenste Frau auf der ganzen Welt.«
»Mir scheint, ich bin Malerin, und Ihr seid durchtriebener, als Euch guttut, auf was auch immer Ihr anspielt«, sagte ich, und darauf schwieg er den ganzen Weg bis zu meiner Haustür.
Als ich jedoch über die seltsame Unterhaltung nachdachte, fand ich, ich hätte den Argwohn möglicherweise verdient, da ich bereits zwei tote Maler gewesen war, was sehr hinterhältig ist und jedem einen schlechten Ruf eintragen dürfte. Doch all die Schnüffler und Gaffer, die mir beim Malen der Kinder zugesehen hatten, streuten aus, ich wäre ein Wunderkind und eine Laune der Natur, und als ich die nächsten Bildnisse für den Bischof malte, hatte sich die Zahl der Zuschauer verdoppelt, und sie schubsten sich, um besser sehen zu können, und was der Ungezogenheiten mehr waren. Und sie redeten über mich, als ob ich gar nicht anwesend wäre, beispielsweise: »Ihre Finger sind nicht gerade schlank, erstaunlich, daß sie so zierlich arbeiten kann« oder: »Was tut sie da? Das wird doch viel zu blau« oder schlimmer noch: »Verdammt schöner Busen, äh? Was soll das ganze Gemale? Da könnte man ja auch ein gutes Jagdpferd das Tanzen lehren.« Es muß langweilig sein, als Höfling herumzustehen, wenn man nichts weiter zu tun hat, als alles Neue zu begaffen, nur um die Zeit totzuschlagen. Natürlich ging Wolsey zuweilen mit dem König auf die Jagd oder begleitete ihn, wenn er fern von London weilte, und dann zogen diese Höflinge und Bittsteller und der ganze Troß hinter ihm her wie ein Bienenschwarm hinter seiner Königin, und ich hatte meine Ruhe.
Doch mit dem großen Mann als Gönner kam ich rasch in Mode, und hochgestellte Menschen standen Schlange, um von mir »gemacht« zu werden. Teilweise wollten sie Wolsey schmeicheln, wenn sie um meine Dienste baten, und teilweise schmeichelte Wolsey ihnen, wenn er um ihre Porträts »für meine Sammlung bedeutender zeitgenössischer Persönlichkeiten« bat, wie er das ausdrückte, und das auf diese vertrauliche, einschmeichelnde Art, die er an sich hatte. Schon bald sickerte durch, daß es zu Wolseys Kurzweil gehörte, seine wachsende Sammlung von Miniaturen, Medaillen und antiken Münzen mit Porträts zu betrachten. Und schon verlangte jeden Ehrgeizling brennend danach, zusammen mit Nero und Karl dem Großen in derselben Schublade zu liegen, und ich wurde daheim belagert und auch, wenn ich dem bischöflichen Hof meine Aufwartung machte.
Bei soviel Arbeit hätte ich eigentlich reich werden müssen, doch natürlich wollen bedeutende Menschen alles auf Pump haben und zahlen, wann es ihnen beliebt, und so hatte ich bislang nur einen kleinen Vorschuß von Master Ashford erhalten, und um den mußte ich auch noch bitten, denn Material bekommt man nicht umsonst. Ein Glück, daß ich das hervorragende Pergament hatte, von dem ich abschneiden konnte, und allmählich wurden die Ränder des alten Buchbruchstücks, das mein knauseriger Mann aufbewahrt hatte, immer weniger.
»Ihr macht Eure Sache gut«, sagte Master Cavendish eines schönen Tages, als er mir die Befehle des großen Mannes überbrachte. »Seht Euch das hier an. Sagt man nicht, daß Nachahmung die beste Schmeichelei ist?« Er hielt mir eine gerahmte Miniatur hin, eine Schundarbeit mit trüben Schatten und einem Gesicht, das mehr einer Eidechse als einem Menschen glich. Master Cavendish hatte eine ausdruckslose Miene aufgesetzt, aber ich merkte, er wartete voller Schadenfreude auf das, was ich dazu sagen würde.
»Nur die erstklassige Nachbildung schmeichelt«, sagte ich. »Seht Euch doch die Augen an, sie sind nicht einmal auf gleicher Höhe. Wer das gemalt hat, muß betrunken gewesen sein.«
»Die Meister der Zunft behaupten, fremdländische Arbeit wäre billig und Schund. Was würdet Ihr dazu sagen?«
»Nun, daß ich in England geboren bin. Hat das da ein Meister gemacht? Wenn Ihr mich fragt, so braucht er ein, zwei Lehrstunden, ehe er sich daran wagen kann, kleinformatig zu malen.«
»Sie haben Angst, daß die neueste Mode noch mehr fremdländische Künstler ins Land lockt, also wagen sie sich selbst daran, auch wenn es nicht ihr Gebiet ist.«
»Und sie es auch gar nicht können«, sagte ich ziemlich bissig, wollte es aber wieder ausgleichen und sagte: »Ich bin dankbar, daß ich einen Gönner von so erlesenem Geschmack habe, der schlechte Arbeit auf den ersten Blick erkennt.«
Cavendish lachte. »Er wollte wissen, was Ihr
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