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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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sagt, wenn Ihr das hier zu Gesicht bekommt. Und ich habe richtig geschätzt, als Kunstkennerin seid auch Ihr nicht zu unterschätzen, obschon Ihr eine Frau seid.« Ehe ich Zeit hatte, mich gekränkt zu fühlen, fuhr er fort: »Und wen, meint Ihr, stellt das Porträt dar?«
    »Gemessen an dem ›B‹ dort und dem Hut, den ich kenne, dürfte es sich um Sir Thomas Boleyn handeln, doch die Züge machen das nicht deutlich.«
    »Wieder richtig, und wie stolzgeschwellt er war, als er mir das hier gezeigt hat.«
    »Master Cavendish, wie muß ein Mann beschaffen sein, der sich mit solch einer Arbeit brüstet?«
    »Nun, Mistress Dallet, hat Euch denn noch niemand erzählt, daß der Bischof sich ein diebisches Vergnügen daraus macht, Besuchern seines Kabinetts Eure Arbeiten zu zeigen? Er bekommt einen Arglosen zu fassen und fragt: ›Für welche Art Maler haltet Ihr das hier?‹ Und der Besucher sagt: ›Fürwahr, ein geschickter Mann, zweifellos vom Kontinent.‹ Und dann sagt Mylord Bischof: ›Ha, da täuscht Ihr Euch! Das Bild wurde unmittelbar hier in London gemalt, und das von einer Frau!‹ Ei, wie sie sich dann schämen und von einem Fuß auf den anderen treten und sagen: ›Oh, von einer Frau? Bei allen Heiligen, darauf wäre ich nie gekommene Und Mylord antwortet: ›Treibt mir einen Mann auf, der so malt, und ich mache ihn berühmt.‹ Dann lacht er sich halbtot über das, was sie ausgraben, denn Kunstkenner ist keiner von ihnen.«

    Als nächster saß mir Charles Brandon Modell, der Zechkumpan und Stallmeister des Königs, der zum Herzog von Suffolk ernannt worden war; außerdem war er dafür berühmt, einige reiche Damen geheiratet zu haben, was wiederum beweist, daß der Zufall seine Hand auf geheimnisvolle Weise im Spiel hatte, doch glücklicherweise zu meinen Gunsten. Aber damals begriff ich noch nicht, daß es sich um eine Schicksalsfügung handelte, und war sehr verärgert. Der Herzog kam, um Wolsey seine Aufwartung zu machen und um seine Hilfe in einer Geldangelegenheit zu bitten, und als er die Sammlung im Kabinett gesehen hatte, wollte er auf der Stelle von mir gemalt werden. Er war ein großer, trinkfreudiger Kerl, nicht übermäßig mit Hirn gesegnet, und er war jung wie der König. An der Art und Weise, wie er meinen Busen anstarrte, merkte ich, daß er sich seinen Ruf bei den Damen zu Recht erworben hatte, doch ich ließ mich nicht hinters Licht führen, da ein Mann, der seinen Weg über Freundschaft mit den Großen dieser Welt macht, auf eine reiche Mitgift rechnet, sonst kann er nämlich nicht mit seinen hochwohlgeborenen Freunden mithalten.
    »Malt meinen Blick feurig«, forderte er, als er den gewaltigen Körper auf den Stuhl fallen ließ. »Und schickt den Lautenspieler mit seinem verdammten Plinkeplink weg. Ich habe Bruder Peter mitgebracht, der soll uns aus Lanzelot vorlesen.«
    »Mylord, ich male stets, was ich sehe, und ich versichere Euch, daß Euer Blick von Natur aus feurig ist«, gab ich zurück. Doch es ist nicht leicht, einen Mann zu malen, der zunächst aus dem Fenster sieht, dann seine Schuhe bewundert, dann der Dienerin schöne Augen macht und schließlich komische Laute von sich gibt, um einen Jagdhund anzulocken.
    »– und da versetzte Sir Lanzelot ihm einen fürchterlichen Hieb auf sein Visier, und er fiel auf der Stelle tot um –«
    »Verdammt guter Hieb! Solch einen Hieb habe ich auch schon ausgeteilt, in Thérouanne, aber er ist an dem verfluchten vorgezogenen Visier des Franzosen abgeglitten. Zumindest habe ich dem Burschen das Genick gebrochen…«
    »Euer Gnaden, würdet Ihr bitte das Gesicht wieder zur Seite drehen? Ja, so. Zuerst den ganzen Kopf zum Fenster, dann nur die Augen zu mir zurück.«
    »Seid Ihr noch nicht fertig? Wie lange braucht Ihr denn dafür? Lady Bourchier hat mir versichert, daß Ihr flink seid.«
    »Es dauert länger, den feurigen Blick eines Kriegers einzufangen als das liebliche Auge einer Dame«, erwiderte ich, denn ich ähnelte mit jedem Tag mehr den glattzüngigen Höflingen, deren schlechtem Beispiel ich ausgesetzt war, und das glich so gar nicht dem Vorbild einer wohlerzogenen Unterhaltung, wie sie im Rathgeber für das treffliche Eheweib empfohlen wird. Das besänftigte ihn, und so lehnte er sich unter viel Geschnaube auf dem Stuhl zurück, und der Klosterbruder las weiter von Lanzelot vor, der Menschen umbrachte und unzüchtige Beziehungen zu Damen unterhielt. Einer der mächtigen Jagdhunde, die anscheinend stets zugegen waren, gähnte, und

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