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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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sehen? Das war der Beweis. Diese Frau bedeutete Ärger, denn das war bei Menschen mit dieser Haarfarbe immer so.
    Er nahm den Gänsekiel erneut zur Hand und begann zu schreiben. Die glattzüngigen diplomatischen Sätze beschwichtigten ihn. Doch gleichwohl schmerzte und störte ihn etwas. Eine Magenverstimmung, redete er sich entschlossen ein.
    »Master Robert Ashford?« Beim Klang der Stimme blickte Ashford auf und sah jemanden, mit dem er früher Geschäfte gemacht hatte, einen Antiquar, der gelegentlich mit einer seltenen Münze oder einer antiken Medaille für die Sammlung des Bischofs vorstellig wurde. Rasch streute er Sand über seine Arbeit, trocknete sie und legte sie in eine Schublade, dann blickte er auf und gab Antwort.
    »Seid gegrüßt, Sir Septimus. Kann ich Euch behilflich sein? Was führt Euch zu mir?«
    »Ach, Master Ashford, Geschäfte, Geschäfte, wie üblich. Welch bewundernswerte Pflichterfüllung!« Crouchs Augen glitzerten boshaft. »Ich habe ein, zwei kleine Kuriositäten aufgetrieben, die den Bischof interessieren dürften. Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr ihn darauf hinweisen würdet, daß ich eine seltene Münze aus der Zeit vor Karl dem Großen – merowingisch, glaube ich – habe. Das Profil ist ausnehmend gut erhalten. Für die nächste Audienz – könntet Ihr mir da einen Platz besorgen?« Ashford nickte stumm. »Ach, wie liebenswert, ich wußte ja, ich kann auf Euch zählen. Aber, Master Ashford, warum so grimmig und schweigsam? Wie ich höre, ist Euer neuester Auftrag ein Leckerbissen. Sich um eine lüsterne Witwe zu kümmern, was könnte es für einen jungen Mann, der das Vergnügen liebt, Schöneres geben?« Ashford kniff den Mund zu einer festen Linie zusammen. Noch so ein Einfaltspinsel, dachte Crouch. Er hat sich verraten. Ich habe ihn.
    »Neuigkeiten machen dieser Tage rasch die Runde«, sagte Ashford. Crouch lächelte. Und jetzt zwei Fliegen mit einer Klappe Schlägen. Streu ein wenig Information aus und säe Gift. Dann kommt er zu dir gelaufen und vertraut sich dir an, und am Ende findest du durch ihn heraus, wo sie es versteckt.
    »Ach, mein Junge, Klatsch hat Flügel. Doch sagt, hat Euch die Witwe keine kleinen Raritäten zum Verkauf angeboten? Sagen wir, ein altes Manuskript oder einen anderen antiken Schatz? Ich bin immer auf der Suche nach derlei Dingen.«
    »Auf mich wirkt sie nicht wie eine Sammlerin. Ihre Räume sind sehr kahl.«
    Interessant, dachte Crouch. Kennt sie den Wert und hat es versteckt, oder hat es Ludlow schon in die Finger bekommen?
    »Ach ja, aber ihr Mann hat gesammelt. Er besaß eine Reihe seltener Schätze. Genug jedenfalls, daß eine Witwe angenehm davon leben kann, wenn sie es geschafft hat, sich seiner zu entledigen, ehe er das Geld mit anderen Frauen durchbrachte.«
    »Was meint Ihr damit?« fragte Ashford, und Crouch lächelte vielsagend, beugte sich vor und blickte dem erschrockenen jungen Mann in die Augen.
    »Ach, mein lieber Junge, wir sind doch Männer von Welt. Wie schafft sich eine kluge, hinterlistige Ehefrau einen Mann vom Hals, der ihr lästig ist? Sie schickt dem Ehemann seiner Geliebten einen Brief, und am nächsten Tag findet man ihren Mann ermordet auf der Straße.« Crouch sah mit Vergnügen, wie Ashford blaß wurde. Gut, gut, dachte er, der wollte sich gerade in sie verlieben. Was für ein Glück, daß ich rechtzeitig zur Stelle war. Nähe hätte alles noch verschlimmert, und dann wäre ich nie mehr an das Manuskript herangekommen. Junge Männer – wie vorhersehbar, wie leicht entflammbar, wie dumm. Noch ein paar Vertraulichkeiten, und der hier frißt mir aus der Hand. »Ihr wirkt erschrocken. Wenn Ihr so lange gelebt habt wie ich, Master Ashford, dann wißt Ihr, daß niemand trügerischer ist als Frauen. Das sagt uns doch schon die Geschichte! Alles Böse auf der Welt geschah durch Versucherinnen: Eva, Helena, Messalina. Unter einem schönen Äußeren verbirgt sich ein böses Herz.« Ashford schauderte es, und Crouch freute sich über die Wirkung, die er erzielt hatte. »Gebt nicht Euch selbst die Schuld, mein Junge«, setzte er hinzu, und seine Stimme troff von Vertraulichkeit. »Jeder von uns ist irgendwann einmal am Felsen der Sirenen gestrandet. Diesem Herzeleid entgeht keiner. Aber gerade durch dieses Leid erteilt uns der Herr eine Lehre.« Crouch war ein Mensch, der nur zu gern alles um sich herum zerstörte, weil es so einfach zu bewerkstelligen war. Und dieses Mal war es so leicht, daß es ihm fast keinen Spaß

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