Die Suche nach dem Regenbogen
Schankwirten, den Würfelspielern, den Säufern und den Schneidern von ganz London. Probiert es auch bei einem Advokaten namens Ludlow, der mir selbst noch die Wiege für mein Kind weggenommen hat.« Bei diesen Worten kniff Crouch die Augen zusammen. Ashford jedoch blickte erstaunt.
»Das Kind ist gestorben«, sagte ich.
»Ihr aber, Mistress Dallet, habt die Tragödie zum Triumph verwandelt. Ich mache mir große Hoffnungen, daß ich noch nähere Bekanntschäft mit Euch und Euren erlesenen Bildnissen schließen kann.«
Als ich aus dem Raum floh, merkte ich, daß die Hunde bereits fort waren.
Kapitel 10
L ouise von Savoyen empfing den Boten aus Paris in dem geräumigen Vorzimmer ihres Schlafgemachs im Château de Blois. Strahlende Sonne fiel durch die hohen Fenster und sprenkelte Lichtmuster auf die farbenprächtigen Gobelins an der Wand hinter ihr. Draußen, unter den Mauern des Schlosses, schlängelte sich die Loire schläfrig und grün zwischen hellen, sandigen Ufern dahin. Die Rufe der Bootsleute auf dem Fluß und der Wäscherinnen am Ufer und die Geräusche des Dorfes am Fuße des Schlosses wurden von der warmen Luft heraufgetragen, drangen als vages Gesumm an ihr Ohr und zeugten von Wohlstand und Beschaulichkeit.
»Ach, der Bote von de Longueville«, sagte die Mutter des künftigen Thronerben zu der hochgewachsenen, anmutigen jungen Frau neben sich, als sie das kleine, in gewachste Seide gehüllte Päckchen in der Hand des Boten mit den staubbedeckten Stiefeln erblickte, der vor ihr kniete. »Dieses Mal hat er sich mit der Antwort aber Zeit gelassen.«
»Madame, das Schiff wurde durch das Wetter aufgehalten«, sagte der Bote. »Ihr wißt doch, das englische Wetter, der stürmische Kanal…«
»Dann dürfen wir uns wohl glücklich schätzen, daß es hier so schön gewesen ist«, antwortete sie. »Steht auf, meine Hofdamen werden sich um eine Erfrischung für Euch kümmern, während Ihr auf meine Antwort wartet.« Als ihre Dienerinnen ihn nach draußen begleiteten, dachte der junge Ritter bei sich, wie sehr Louise von Savoyen doch einer Nonne glich. Schwer vorstellbar, daß diese strenge kleine Frau in Schwarz einmal schön gewesen sein soll. Ihre blassen, ebenmäßigen Züge sind ganz angespannt vor Wachsamkeit und Aufopferung. Er wußte jetzt, alles, was er gehört hatte, stimmte. Das war keine Frau, um die man zum Klang der Laute warb. Ein Leben ohne Luxus und frühe Witwenschaft hatten ihr nur eine einzige Leidenschaft gelassen: Sie wollte ihren einzigen Sohn, ihren Cäsar, auf den französischen Thron bringen. Diesem Ziel hatte sie ihr ganzes Leben gewidmet.
»Bleib, Marguerite«, sagte sie zu ihrer Tochter, als die junge Frau mit den anderen gehen wollte. »Ich brauche deine Hilfe in dieser Angelegenheit.« Marguerite war mit dem Duc d'Alençon verheiratet und lebte fern in der Normandie, doch zur Beisetzung der alten Königin Anne, Louises großer Gegenspielerin, hatte sich hier die ganze Familie wieder einmal versammelt. Als Marguerite sich umdrehte, verfing sich ein verirrter Sonnenstrahl in ihrem üppigen kastanienbraunen Haar, das nur halb von ihrem Kopfputz bedeckt war, und ihre Mutter freute sich einen Augenblick über die Farbe. Es war der gleiche Farbton wie bei Marguerites jüngerem Bruder François, Louises ganzer Hoffnung. Sie hatte Marguerite zu ihrer treuesten Verbündeten in der großen Sache erzogen, und jetzt, da sich ihre bewährtesten Freunde wie Wetterfahnen nach dem neuesten Wind aus Paris drehten, brauchte sie wieder einmal den hellen Kopf ihrer Tochter und die frische Kraft, die sie aus Marguerites unwandelbarer Loyalität zog.
Ach, wie bitter, wie bitter, dachte Louise, so lange haben wir gewartet, so dicht war der Thron schon in Reichweite, und jetzt das. Im vergangenen Winter war ihre alte Feindin, die Königin, gestorben, und damit war das letzte Hindernis beseitigt, das einer Heirat von François und Claude, der mißgestalteten Tochter der Königin und Erbin des Herzogtums Bretagne, im Wege gestanden hatte. Im Mai hatte sie die Ehe endlich erzwingen können. Als Herzog der Bretagne konnte allein François die Länder vereinen, die von Rechts wegen zu Frankreich gehörten. Sie hatte ihre ganze Familie hier im Königsschloß von Blois versammelt, weil sie weiter für ihren Sohn intrigieren wollte. François mußte herrschen. Laut sagte sie: »Der alte König träumt noch immer von einem Sohn; er verhandelt wieder mit den Engländern.« Mit den Engländern, den Erbfeinden
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