Die Suche nach Zei
bevor er zur Erde zurückkehrte, verlor er auf Krishna seine Frau und seine Tochter.«
»Ich dachte immer, Kosmotheisten wären dem Zölibat verpflichtet.«
»Das sind sie auch. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Mirza dicke Tränen über sein feistes Gesicht kullerten, als er darüber lamentierte, dass jener Schicksalsschlag ihn deshalb getroffen hätte, weil er eben dieses Tabu verletzt hätte.«
»Wie ist es denn passiert?«
»Sie waren mit dem Zug unterwegs von Majbur nach Jazmurian (die gleiche Strecke, die Sie auch fahren werden), als eine Räuberbande den Zug überfiel. Mirzas Frau kam durch einen Pfeil ums Leben. Mirza, der nicht gerade für seine Tapferkeit berühmt ist, überlebte, indem er sich tot stellte. Als er die Augen wieder öffnete, war das kleine Mädchen fort. Zweifellos haben die Räuber sie verschleppt, um sie in die Sklaverei zu verkaufen.«
»Äußerst faszinierend«, sagte Tangaloa, »aber erzählen Sie uns mehr über Qirib.«
»Selbstverständlich. Qirib wird zwar Königreich genannt, aber ich finde, der Begriff ›Königinreich‹ wäre hier zutreffender. Es ist ein matriarchalischer Staat. Gegründet wurde er vor langer Zeit einmal von Königin Dejanai. Das ganze Land wird nicht nur ausschließlich von Frauen regiert, man hat darüber hinaus auch noch einen sehr eigentümlichen Brauch: Die Königin wählt sich einen Mann als Prinzgemahl, und wenn er ihr ein Jahr lang gedient hat, wird er im Rahmen eines pompösen Zeremoniells getötet, und sie sucht sich einen neuen.«
»Genau wie bei einigen antiken Kulturen auf der Erde!« rief Tangaloa. »Im alten Malabar, zum Beispiel …«
»Ich kann mir nicht vorstellen«, sagte Barnevelt, »dass die Bewerber für diesen Posten Schlange stehen. Es muss doch einen einfacheren Weg geben, sein Auskommen zu finden, selbst auf Krishna.«
Castanhoso zuckte die Achseln. »Die armen Kerle haben überhaupt nichts zu melden. Sie werden ganz einfach durch das Los ermittelt, obwohl die Lose angeblich bisweilen manipuliert werden. Seit einiger Zeit gibt es dort eine Bewegung, die dafür kämpft, dass die Hinrichtung wenigstens in eine symbolische umgewandelt wird (etwa, indem man den scheidenden König ein bisschen anritzt), aber die Konservativen wehren sich dagegen natürlich mit Händen und Füßen. Sie machen geltend, dass ein solches Verfahren die Fruchtbarkeitsgöttin erzürnen würde, zu deren Ehren die ganze grausliche Zeremonie ja überhaupt durchgeführt wird.«
»Besteht die Möglichkeit, dass sie einen von uns für diese Ehre auswählen würden?« fragte Barnevelt. »Ich für meinen Teil könnte nämlich gut darauf verzichten.«
»Keine Sorge! Gewählt werden können nur Bürger von Qirib. Sie müssen jedoch Königin Alvandi irgendein Geschenk mitbringen; das kann ich Ihnen nur dringend ans Herz legen.«
»Hmm«, brummte Barnevelt. »Nun, George, ich glaube, unser Spesenkonto wird arg strapaziert …«
»Augenblick mal!« rief Tangaloa und starrte mit wässrigen Augen auf den Papagei. »Wie wär’s denn mit dem kleinen Piepmatz da? Ich nehme an, die Königin besitzt keine Vögel von der Erde, oder?«
»Eine brillante Idee!« sagte Castanhoso begeistert. »Er kostet Sie nicht mal was; ich bin heilfroh, wenn ich dieses Biest endlich los bin!«
»Moment!« protestierte Barnevelt. »So gern ich Tiere mag, aber gegen Federn bin ich allergisch!«
»Das kriegen wir schon geregelt«, beschwichtigte ihn Tangaloa. »Ich trage den Käfig, und du übernimmst dafür unsere Ausrüstung.«
»Sie müssen die Königin aber darauf aufmerksam machen, dass man Philo nicht über den Weg trauen darf«, fügte Castanhoso mahnend hinzu.
Barnevelt sagte: »Wahrscheinlich ist er bloß ein bisschen griesgrämig, weil er schon so lange keine Papageienfrau mehr vor den Schnabel gekriegt hat.«
»Das kann schon sein, aber da das nächste Weibchen zwölf Lichtjahre entfernt ist, wird er sich für den Rest seines Lebens mit diesem Übelstand abfinden müssen.«
»Und was ist mit seinem Vokabular? Ich kann mir denken, dass die Königin von seiner etwas avantgardistischen Ausdrucksweise nicht gerade begeistert sein wird.«
»Das macht nichts. Die Königin soll selbst ein ziemlich rüdes Mundwerk haben.«
»Los, raff dich auf!« schnauzte Barnevelt am nächsten Morgen seinen Gefährten an. »Du kannst nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen und dein Frühstück verdauen wie die Schweine bei uns zu Hause auf dem Bauernhof.«
Mit einiger Mühe
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