Die Sünde aber gebiert den Tod
ein gefährlicher Mann.«
»Ist er dieser Meinung? Versteht sich Euer Herr mit dem Pater denn nicht?«
»O doch. Die beiden spielen abends oft Schach miteinander und disputieren über alle möglichen Themen. Mein Herr hat viel Zeit mit seinen Büchern verbracht, und Pater Ivo ist sehr belesen, heißt es.«
»Aber er hält ihn für einen gefährlichen Mann. Doch sicher nicht deswegen?«
Die Sterne, warnte sich Almut selbst, versuchten sie wieder und stachelten ihre Neugier an. Es half nichts, sie beugte sich den dunklen Kräften und lauschte aufmerksam.
»Doch nicht deswegen. Nein, nein, es hat da wohl ein kleines Missverständnis gegeben, just als mein Herr im Kloster eintraf. Er hatte vergessen, seinen Dolch abzulegen und ihn aus Versehen gegen den Pater gezogen.«
»Aus Versehen, so, so. « Almut dachte an eine vergangene Szene, in der ein Söldner die Bekanntschaft mit Pater Ivos Zorn gemacht hatte. Vage schoss ihr durch den Kopf, es müsse auch bei ihm wohl Mars in Taurus wirksam sein, und sie nickte verständnisvoll. »Ich hoffe, der Ritter kam nicht zu Schaden?«
»Nein, das nicht. Er ist nicht nachtragend, der Pater, glaube ich. Eigentlich finde ich, er ist der Beste von den Mönchen, die ich bisher getroffen habe. Der Bruder Infirmarius ist auch noch ganz in Ordnung, aber viele von den Älteren mustern einen immer so missbilligend. Als würden sie durch jeden Laut von ihrer Gottesfurcht abgelenkt.«
Das kam etwas verdrießlich, und Almut vermutete, das Zusammenleben von halbwüchsigen Jungen – Novizen, Klosterschülern und eben auch Gästen – und frommen älteren Männern verursache die eine oder andere Misshelligkeit.
»Es könnte ja sein, dass ihr auch den einen oder anderen Laut von Euch gebt, was?«
»Nnna ja. Aber der Prior hat den armen Lodewig geprügelt, nur weil er über den Hof gerannt ist. Und das war ungerecht!«
»Weil eigentlich du ihn dazu gebracht hast.«
»Der Mathai und der Grimo haben angefangen. Sie wollten wissen, wie die Leich... äh... wie man ungesehen in die Vorratskammer kommt.«
Ja, das musste die Fantasie der Jungen anregen, dachte Almut voll Verständnis.
»In die Vorratskammer einbrechen – das kann dem Prior natürlich nicht gefallen, Fredegar.«
»Nein, das sehe ich ja ein, aber Lodewig hatte nichts damit zu tun. Im Gegenteil, er ist von uns weggelaufen. Dafür hat er ihn mit der Geißel gezüchtigt, bis er einen blutigen Rücken hatte. Ich mag den Prior nicht. Er hat ein hinterhältiges Gesicht. Und er ist ungerecht. Die anderen finden das auch. Nun ist auch noch der Abt krank, und dieser Rudgerus hat das Sagen im Kloster. Dem Pater Ivo hat er auch schon das Leben sauer gemacht, wisst Ihr. Er durfte die letzten Tage nicht zu den Gebeten in die Kirche, sondern musste sich am Eingang lang auf den Boden werfen, so dass alle andern gezwungen waren, über ihn hinwegzusteigen.«
»Heilige Jungfrau Maria, warum denn das?«
»Ich bin nicht Pater Ivos Beichtiger«, sagte Fredegar grinsend, wurde dann aber wieder ernst. »Bestimmt wegen irgendeiner dämlichen Kleinigkeit, die dem alten Erbsenzähler nicht in den Kram passte. Der fühlt sich doch nur wichtig, wenn er die Leute drangsalieren kann.«
»Das hört sich fast so an.«
»Mit meinem Herrn hat er sich auch schon angelegt. Aber der hat ihm ganz schön heimgeleuchtet!«
Almut hätte gerne noch mehr aus dem Klosterleben erfahren, vor allem über das, was Pater Ivo derzeit zu erleiden hatte, aber sie waren in der Mühlengasse angelangt und standen vor dem Haus des Baumeisters Conrad Bertholf, einem soliden dreistöckigen Steingebäude mit einem eindrucksvollen Stufengiebel.
»Wir haben unser Ziel erreicht, und ich danke dir für deine Begleitung.« Mit diesen Worten entließ Almut Fredegar, und sie und Franziska nahmen seine anmutige Verbeugung entgegen. »Da rechts die Gasse hinunter findest du das Filzgrabentor, durch das du an das Rheinufer kommst.«
Frohgemut verabschiedete sich der Knappe, und als er außer Hörweite war, fragte Franziska: »Was hat das eigentlich mit dem Ritter im Kloster auf sich?«
»Etwas, worüber ich nicht reden darf. Vergesst es einfach.«
»Mh. «
»Ja, ich weiß, geht mir auch so.«
Der Besuch bei Almuts Eltern verlief überaus erfreulich, und auf dem Rückweg bemerkte Almut, wie sehr Franziska ihre Freundin vermisst hatte, denn die ganze Zeit über erzählte die quirlige Köchin von den kleinen Erlebnissen, die sie aus der Vergangenheit miteinander verbanden.
Als die
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