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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Franziska den nassen Umhang nahm und ihn, so wie er war, mit dem Halsausschnitt nach unten, um die Schultern legte. Nun war es wirklich an der Zeit einzugreifen, um Schlimmeres zu verhindern. Sie stellte sich vor die Kammertür und breitete die Arme aus.
    »Ich kann Euch zwar nicht einsperren, aber ich kann Euch schon daran hindern, den Raum zu verlassen.« »Lasst mich raus, lasst mich raus!«
    Franziska wollte sich an Almut vorbeidrängeln, aber die hielt sie mit einem harten Griff an den Schultern fest.
    »Wenn ich Euch gehen lasse, dann finden wir Euch morgen im Rhein wieder.«
    Franziska wurde etwas schlaffer in ihren Armen und wehrte sich nicht mehr. Langsam hob die ihren Kopf und lächelte plötzlich. Doch bei diesem Lächeln stellten sich Almut die Nackenhaare auf.
    O Maria, Mutter der Barmherzigkeit, du Trösterin der Betrübten, hilf mir, die rechten Worte zu finden und nicht die Geduld zu verlieren, flehte Almut in Gedanken.
    »Habt Ihr Euch mit Simon zerstritten?«, fragte sie so sanft wie möglich.
    Hysterisch schluchzend sank Franziska auf die Knie und krümmte sich wie vor Schmerzen. Sie griff nach ihrem Haar und zerrte daran, als ob sie es sich in Büscheln ausreißen wollte. Almut betrachtete das zuckende Etwas zu ihren Füßen und wusste sich keinen Rat. Geduld war hier nicht mehr gefragt. Sie zog Franziska grob auf die Beine und gab ihr zwei klatschende Ohrfeigen.
    Das tränenlose Schluchzen hörte auf, und in dem geröteten Gesicht der Köchin zeigte sich Verwunderung.
    »Entschuldigt, aber das war jetzt nötig. Grundgütige Mutter Gottes, nehmt Euch zusammen und erzählt, was passiert ist.«
    Franziska strich die wirren Haare aus der Stirn. Ihre Augen wirkten jetzt etwas klarer, sie schien ihre Umgebung wieder wahrzunehmen.
    »Los, legt den feuchten Umhang ab und wickelt Euch wieder in die warmen Decken.«
    Folgsam setzte Franziska sich auf das Bett und ließ sich zudecken. Almut blies in die Wärmepfanne, um die Glut wieder zu entfachen, und legte noch ein paar Kohlestückchen nach. Die Bemerkung über die Geister der Vergangenheit fielen ihr wieder ein, die Franziska Meister Krudener gegenüber erwähnt hatte. Abermals versuchte sie, die Köchin zum Reden zu bewegen.
    »Was für Dämonen hetzen Euch? Wer sind die Geister der Vergangenheit, die Euch solche Pein verursachen?«
    In den Decken versunken wirkte Franziska wie ein verlorenes Kind. Leise flüsterte sie: »Aleff!«
    »Ein Freund?«
    »Mehr als das.«
    »Euer Liebster?«
    Franziska gab einen schniefenden Laut der Zustimmung von sich.
    »Hat er Euch verlassen?«
    »Ja... und nein. Es ist viel entsetzlicher!« Wieder begann sie zu zittern, fasste sich aber dann wieder und begann stockend zu berichten. Mit siebzehn hatte sie sich in einen hübschen Burschen verliebt, doch ihrem Vater war der nicht recht gewesen, er hielt ihn für einenüblen Gesellen. So wie Franziska ihn schilderte, hielt auch Almut ihn dafür, äußerte ihre Meinung aber nicht. Die kindische Liebelei führte jedenfalls dazu, dass sie mit Schande bedeckt aus dem Kloster geworfen wurde, in dem sie das Lesen und Schreiben lernen sollte. Sie zerstritt sich daraufhin mit ihren Eltern und verließ im Zorn das Haus. Wer sich jedoch dann nicht weiter um sie kümmerte, war jener Aleff. Er blieb verschwunden.
    »Meine Güte, das Ganze ist so viele Jahre her – sieben oder acht möchte ich meinen. Warum steigert Ihr Euch nur in eine solch schreckliche Verfassung hinein?«
    »Weil die Geschichte noch nicht zu Ende ist. Sie verfolgt mich weiter und weiter.«
    »Dann erzählt.«
    Franziska atmete tief ein und fuhr fort: »Es war zur Krönung von König Wenzel in Aachen. Im Juli, wisst Ihr. Da gab es einen Mord, an einer Frau. Ach, erspart mir Einzelheiten... Ich wusste, wer sie umgebracht hatte, erkannte es an Dingen, die nur ich kennen konnte. Und dennoch, ich verbrachte die Nacht mit dem Mörder. Und dann lieferte ich ihn aus.« Franziska zitterte unkontrolliert. »Eine öffentliche Hinrichtung wurde anberaumt.«
    Almut nickte, so ein Spektakel würden sich weder die Kölner noch die Aachener Bürger entgehen lassen. Franziska wollte eigentlich gar nicht zur Hinrichtung gehen. Aber sie wurde von den Menschenmassen weitergedrängt und sah plötzlich die Henkerskarren vorbeiziehen. Über ihren Kopf hinweg flogen faule Eier und Steine auf die Verurteilten, und als sie zu ihnen hinsah, erkannte sie Aleff unter ihnen, ausgehungert und zerlumpt.
    Nun endlich ließ Franziska den Tränen

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