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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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herüberkam, musste ihm ausweichen.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Eure Franziska hierher verirrt hat.«
    »Warum nicht? Wenn ich mich in Köln verirrte, würde ich zuerst zum Fluss gehen. Von hier aus kann man sich gut orientieren.«
    »Ihr seid ja auch ein kluges Weib, Frau Almut.« »Und von unserer Franzi hast du diesen Eindruck nicht?«
    »Dat Möckeföttche... ?«
    Trotz ihrer Sorge musste Almut leise lachen. Viel schien Pitter nicht von den geistigen Gaben der kleinen Köchin zu halten, genauso wenig wie von ihrer mageren Gestalt. Mückenhintern...
    Sie waren bis auf die Höhe von Maria Lyskirchen gekommen, als es dämmerig wurde.
    »Kehren wir um, mir wird kalt, und mit Sicherheit werkt die Köchin schon am warmen Herd und bereitet unser Essen vor.«
    Den Rückweg eilten sie mit zügigen Schritten voran, und Almut brachte Pitter dann noch in den Hof, wo er von Gertrud, die inzwischen mühsam in der Küche herumwirtschaftete, einen Kanten Brot mit reichlich Speck belegt in die Hand gedrückt bekam. Auch Almut selbst fiel heißhungrig über die dicke Suppe her, die die Köchin vor sie hinstellte. Teufelchen verließ ihren Platz am warmen Herd und leistete ihr Gesellschaft.
    Wer jedoch nicht in der Küche zugegen war, war Franziska.
    »Sie ist oben, die abgängige Köchin«, brummelte Gertrud und deutete mit dem Kopf in die Richtung von Almuts Kammer. »Kaum wart ihr weg, da schleppte ein Bettelweib sie hier an. Oder besser das, was von ihr übrig ist. Mir schien sie von allen guten Geistern verlassen.«
    »Was von ihr übrig ist? Was heißt das? Ist Franziska verletzt? Die Söldner etwa...«
    »Weiß nicht, ist ja kein vernünftiges Wort aus ihr herauszubekommen. Schrammen hat sie nicht, wiegt sich nur hin und her und wimmert. Sogar nach Ursula hat sie geschlagen, als sie ihr in die Kammer helfen wollte.«
    »Sie ist eine kleine Kratzbürste, das wissen wir ja. Ich werde nach ihr sehen.«
    In der Tat waren aus der Kammer jämmerliche Töne zu hören. Leise klopfte Almut an die Tür und trat gleich darauf ein.
    Franziska saß auf ihrem Bett, die Beine angezogen und die Arme und Hände so starr darum gelegt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Ihre Fingernägel gruben blutige Halbmonde in die Haut, doch Franziska schien den Schmerz nicht zu spüren, den sie sich zufügte. Ihr Haar hing ihr strähnig und wirr in die Stirn, aber es waren vor allem die Augen, die Almut Furcht einflößten. Weit aufgerissen starrten sie in eine ferne Leere, in einen einzigen namenlosen Schrecken.
    »Franziska?«
    Mit einem irren Blick fuhr Franziska herum, ließ den Kopf aber gleich darauf auf die Knie sinken und wurde ganz still.
    »Ich bin es, Almut. Erkennt Ihr mich denn nicht? Was immer Euch geschehen ist, hier seid Ihr in Sicherheit. Hier passiert Euch nichts.«
    Die kleine Köchin rührte sich nicht, und Almut vermutete schon fast, ihre Worte seien ungehört geblieben. Mitleidig setzte sie sich zu dem Bündelchen Mensch auf die Bettkante. Auch wenn sie nach Ursula geschlagen hatte, jetzt wirkte sie nicht mehr so, als ob sie handgreiflich werden würde. Ihr Atem ging gleichmäßig, und Almut hoffte, Franziska habe sich allmählich beruhigt. Was war nur mit der Köchin geschehen, dass sie so unzugänglich war? Sie hatte sich gänzlich von der Welt zurückgezogen. Wahrscheinlich wäre es das Beste, wenn sie nach Trine schicken ließ. Das taubstumme Mädchen konnte trotz ihrer fehlenden Sinne Dinge erfühlen, die anderen verborgen blieben. Ja, Trine würde helfen können. Morgen, gleich in aller Frühe, würde sie die Magd zu Meister Krudener schicken, wenn sie Franziska bis dahin nicht zum Sprechen gebracht hatte.
    Es war kühl in der Kammer, die Kohlepfanne war beinahe ausgebrannt, und der frostige Wind zerrte an den Läden. Almut fror und zitterte vor Müdigkeit. Der Tag war anstrengend gewesen, die Suche und die Sorge hatten große Kraft von ihr erfordert.
    »Ich muss fort«, keuchte Franziska plötzlich mit tonloser Stimme.
    Wie von den Fäden eines Puppenspielers gezogen bewegte sie sich, schälte sich mit eckigen Bewegungen aus der Decke und griff nach ihren Holzschuhen. Ihr Blick erfasste Almut nicht, und auch die Worte waren nicht an sie gerichtet.
    »Ich muss sofort hier weg.«
    »Psst, Franziska. Setzt Euch wieder hin. Ihr könnt doch nicht mitten in der Nacht fort. Wohin wollt Ihr überhaupt gehen?«
    »Meine Sache!«
    Sie schien es wirklich ernst zu meinen. Entgeistert schaute Almut zu, wie sich

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