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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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der beiden verhallten im Gang, und Almut wandte sich mit der Fackel Pitter zu, der mit der Klinge die Stricke bearbeitete. Mit einer Hand nestelte sie ihren Umhang auf und ließ ihn fallen.
    »Deck ihn damit zu, Pitter.«
    »Erst die Fesseln. Ich hab’s gleich. Aber ich weiß nicht, ob er noch lebt, Frau Begine. Er rührt sich nicht, und mir scheint, er atmet auch nicht mehr.«
    Almut kniete nieder, hielt vorsichtig die Fackel zur Seite und sah in das Gesicht des gepeinigten Mannes. Es war seltsam ruhig, und auch sie fürchtete, ihre Rettung könne zu spät gekommen sein. Mit einer Hand strich sie ihm über die bloße Brust und drückte sie dann fest auf die Rippen. Die Haut war kühl, doch vermeinte sie das langsame, schwache Schlagen des Herzens unter ihrer Hand zu fühlen.
    »Er lebt. Gerade noch so.«
    Die Fesseln lösten sich, und Almut musste alle Kraft aufwenden, um den leblosen Körper mit einer Schulter zu stützen. Pitter half ihr, ihn in den Umhang zu hüllen und sanft niederzulegen. Ein leises Stöhnen war zu hören.
    »Ja, er lebt noch. Und da kommt hoffentlich der Krankenbruder«, seufzte sie erleichtert auf, als sie hörte, wie sich Schritte dem Verlies näherten.
    Doch es war nicht Bruder Markus, der Infirmarius. Es war Prior Rudgerus in Begleitung von zwei Mönchen.
    »Das hätte ich mir ja denken können!«, zischte er, als er sie entdeckte. »Die dreiste Hure dringt sogar in unsere geheiligten Bezirke ein. Was willst du hier, schamloses Weib? Dieses Wrack da lohnt deine Verführungskünste nicht mehr! Packt sie und werft sie auf die Straße, wo sie hingehört!«, befahl er den beiden Mönchen hinter sich.
    Almut erhob sich, drehte sich um und stand hoch aufgerichtet vor ihm. In einer Hand hielt sie die lodernde Fackel, und mit einem Blick kalter Wut und einer Stimme wie splitterndes Eis fauchte sie: »Nein, Prior,das spielen wir heute anders.« Sie bückte sich noch einmal und hob die Geißel auf. »Wir werden jetzt auf der Stelle den Vater Abt besuchen. Wir beide alleine, Rudgerus. Seid so freundlich und geht voraus!«
    Der Prior lachte kurz und hässlich auf und meinte: »Worauf wartet ihr noch, Brüder?«
    Die beiden kamen jedoch nicht dazu, zu antworten, denn plötzlich zischte die Peitsche durch die Luft und landete mit einem dumpfen Klatschen auf Rudgerus Beinen. Er schrie auf, mehr vor Überraschung als vor Schmerz.
    »Zum Abt, Prior!«
    Er wollte einen Schritt nach vorne machen und ihr die Geißel entreißen, aber wieder zerschnitt ein Zischen die Luft, und diesmal trafen die drei Riemen Rudgerus’ Oberschenkel. Der folgende Schrei entrang sich ihm mehr aus Schmerz als aus Überraschung.
    »Der nächste Schlag trifft noch höher. Besser, Ihr habt mir dann den Rücken zugekehrt!«, empfahl Almut.
    Da ließ sich eine weitere Stimme vernehmen, die trocken bemerkte: »Die fleischgewordene Hekate! Ihr solltet ihr lieber Folge leisten, Rudgerus. Mit der Herrin der Lamien streitet man nicht.«
    Gero von Bachem war in der Tür erschienen und hielt einen der Mönche mit einem schmerzhaften Griff fest. Fredegar hatte den anderen zum Gang hinausgedrängt.
    Rudgerus drehte sich und brüllte: »Ich werde nicht...«
    Die Peitschenriemen pfiffen durch die Luft. Der Prior sank stöhnend auf die Knie.
    »Ihr werdet – mit meiner Hilfe!«
    Der Ritter stieß den Mönch, den er festgehalten hatte, grob zu Boden, griff an den linken Arm und zog das Stilett.
    »Hier, Fredegar. Du weißt damit umzugehen. Beaufsichtige die frommen Brüder hier. Ich begleite diesen Herrn zum Abt. Wenn Ihr mir folgen wollt, Frau Begine! Ich kenne den Weg.«
    Mit einem Ruck zog er den Prior auf die Füße, verdrehte ihm den Arm und drängte ihn vorwärts.
    Almut nickte und folgte ihm, die Geißel noch in der Hand, doch die Fackel nahm ihr Pitter ab. Rudgerus setzte zu lauten Protesten an, aber hinter ihm zischte die Peitsche drohend durch die Luft, und der Ritter verstärkte seinen Griff noch ein wenig. Danach zog er es vor, zu schweigen.
    »Der Abt ist ein wenig unpässlich, habe ich mir sagen lassen!«, meinte der Ritter auf dem Weg zu dessen Wohnung.
    »Meinetwegen kann er lahm an allen Gliedern sein, solange er genug bei Sinnen ist, um zu verstehen, was ich ihm mitzuteilen habe. Und das werde ich in ein paar sehr einfachen Worten tun!«
    Sie hatten das Dormitorium durchquert, und ihnen folgten einige völlig verständnislose Blicke von den wenigen Mönchen, die dort den Boden fegten. Durch einen kurzen Gang davon getrennt lag

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