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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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das Zimmer des Abtes. Gero von Bachem klopfte kurz an die Tür. Auf eine Antwort wartete er nicht, sondern öffnete sie und schob den Prior hinein. Almut folgte und sah sich in einem wohnlich ausgestatteten Raum stehen. Ein Lesepult mit einem aufgeschlagenen Buch befand sich an dem bleiverglasten Fenster, auf dem Boden lagen dicke Teppiche, und eine behaglich gepolsterte Bank zog sich an der Wand entlang. Ein bequemer Sessel stand in der Nähe des Kamins, in dem ein dicker Holzscheit brannte. Auf diesem Kissenlager ruhte der Abt. Er richtetesich auf und musterte die drei Eindringlinge mit einem achtsamen, aber ruhigen Blick.
    »Eure ungewöhnliche Form des Besuchs lässt auf ein besonderes Vorkommnis schließen. Welcher Art ist es?«
    »Der Art, dass Euer Prior hier Pater Ivo zu Tode peitschen wollte!«
    »Unfug!«, rief Rudgerus »Es verlangte ihn selbst nach Buße!«
    Almut hob die Geißel und schlug mit einer solchen Wucht auf seinen Rücken ein, dass der Prior schreiend zusammenbrach.
    »Unterlasst das, Frau Begine!«
    »Verzeiht, ehrwürdiger Vater. Pater Ivo hatte die Hände gefesselt, er wird sich kaum selbst gegeißelt haben. Doch Ihr habt Recht, meine Hand wurde eben von der Wut geführt. Ich sollte mich nicht so sehr von meinen Gefühlen fortreißen lassen.«
    »Legt die Geißel beiseite.«
    »Nein. Solange ich mit wilden Tieren der Art Eures Priors zusammen bin, ziehe ich es vor, eine Waffe in der Hand zu halten.«
    Der Abt nickte und fragte dann: »Was ist mit Pater Ivo?«
    »Seit vorgestern wurde er vermisst. Wir fanden ihn in den Kellern unter der Kirche. An ein Kreuz gefesselt, ohne Nahrung und Wasser, halb entblößt und blutig geschlagen.«
    »Lebt er noch?«
    »Ein Hauch von Leben schien noch in ihm zu sein. Ich hoffe, Euer Infirmarius ist geschickt genug, das Flämmchen wieder zu entfachen.«
    »Rudgerus, was sagt Ihr dazu?«
    »Er war ungehorsam. Wiederholt, ehrwürdiger Vater. Obwohl ich ihn mehrfach zuvor gewarnt habe. Ich habe ihm Bußen auferlegt und ihm ins Gewissen geredet, er hat sich jedoch verstockt gezeigt und ist durch nichts zu belehren gewesen. Er treibt sich beinahe täglich bei diesen Beginen herum. Du warst krank, Vater Abt, du hast davon nichts mitbekommen.«
    »Augenscheinlich nicht, denn man hat es ja von mir fern gehalten. Bislang, Rudgerus, hatte Ivo immer ausgezeichnete Gründe, wenn er gegen die Regeln des Klosters verstieß. Meistens hat er dabei Ungemach von uns fern gehalten. Beantworte mir die Frage – hast du ihn gebunden, entblößt und geschlagen und dann der Kälte, dem Hunger und Durst überlassen, Rudgerus?«
    »Nur zu seinem Besten, Vater. Nur um seine Seele zu retten!«
    »Und seinen Körper abzutöten?« Der Abt litt Schmerzen, aber jetzt war es wohl Zorn, der sein Gesicht verzerrte. »Ruft mir Bruder Johann herein, Herr Gero. Er wartet mir auf und ist meist in Rufweite.«
    Der Ritter leistete diesem Wunsch Folge, und ein kräftiger Mönch trat in den Raum.
    »Bring den Prior in die Büßerzelle. Keine Bücher, keine Kerze. Er wird fasten, bis ich widerrufe. Die Tür wird verriegelt.«
     
    Sie waren allein, der Abt, der Ritter und die Begine. Schweigen lag im Raum. Schließlich erhob sich der Abt mühsam und ging einige Schritte auf und ab. Dann hielt er inne.
    »Setzt Euch«, befahl er.
    Almut legte die Geißel nieder und nahm auf der Bank am Kamin Platz. Der Ritter zog sich einen Schemel herbei.Der Abt ließ sich stöhnend wieder in seinen Sessel sinken.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, Frau Begine, so hört Ihr auf den Namen Almut und seid am Eigelstein zu Hause.«
    »So ist es, Vater Abt.«
    »So kennt Ihr denn zumindest einen Teil der Geschichte, die sich hier seit dem Christfest abgespielt hat.«
    »Ich fürchte, ich kenne weit mehr als einen Teil. Mehr vor allem als Ihr, glaube ich.«
    »Dann berichtet mir, was ich nicht weiß.«
    Almut kam plötzlich wieder der Ritter zu Bewusstsein, der sich noch im Raum befand, und schüttelte den Kopf. Zu schwerwiegend und zu traurig war das, was sie zu berichten hatte. Sie wollte nicht die Überbringerin der Nachricht vom Tode seiner Geliebten sein. Doch Theodoricus, der Abt, erhob fordernd seine Stimme: »Frau Almut, sprecht.«
    »Unter vier Augen, ehrwürdiger Vater.«
    »Der Ritter hat Euch begleitet, und ein Teil des Geschehens betrifft auch ihn. Er soll zuhören.«
    »Aber es ist schmerzlich für ihn, was ich zu sagen habe.«
    »Schmerzlich wird es zu jedem Zeitpunkt sein, Frau Begine. «
    Unglücklich

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