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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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das war die Wahrheit. Er kannte niemanden, der ehrlicher war - oft so ehrlich, dass es an Brutalität grenzte. Was ihn zu dem unausweichlichen Schluss führte, dass ihm Fraser sehr wahrscheinlich gegeben hatte, worum er gebeten hatte. Er wusste nur einfach nicht, was es bedeutete .
    Eine erneute Rückkehr nach Helwater kam nicht in Frage; dazu reichte die Zeit nicht, selbst wenn er geglaubt hätte, dass es etwas fruchten würde. Er kannte jedoch eine weitere Person, die mit Jamie Fraser vertraut war. Und so begab er sich am Donnerstag zum Abendessen ins Beefsteak, weil er wusste, dass Harry Quarry dort sein würde.
    »Ich habe einen Ring gefunden, Harry«, sagte Grey ohne Umschweife und setzte sich zu Harry in das Raucherzimmer, wo Harry genüsslich eine Verdauungszigarre rauchte. »Wie Ihr ihn habt.«
    »Was, dieser hier?« Quarry sah seine Hand an; er trug nur einen Ring, das Emblem der Freimaurer.
    »Genau«, sagte Grey. »So einen Ring habe ich gefunden; ich wollte Euch fragen, ob Ihr vielleicht wisst, wem er gehört.«
    Quarry runzelte die Stirn, dann erhellte sich seine Miene.
    »Das muss Symingtons sein«, sagte er mit der Aura eines Zauberers, der sich einen bunten Schal nach dem anderen aus dem Ärmel zieht. »Er hat mir gesagt, er hätte ihn verloren - aber das ist schon Monate her. Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr ihn die ganze Zeit hattet?«
    »Ich fürchte, ja«, sagte Grey entschuldigend. »Ich habe ihn irgendwann in meiner Tasche gefunden - ich muss ihn zufällig mitgenommen haben.«
    Er schob die Hand in die Tasche, beugte sich vor und entleerte ihren Inhalt auf den kleinen Tisch zwischen ihren Sesseln.
    »Ihr seid ja die reinste Elster, Grey«, sagte Quarry und stocherte vorsichtig in der Kuriositätensammlung herum. »Eigentlich ein Wunder, dass Ihr keine Nester baut. Aber nein,
dafür ist natürlich Melton zuständig. Was ist denn das, in Gottes Namen, ein Stanznagel?«
    »Ein Teil davon. Ich glaube, Ihr könnt ihn wegwerfen, Mr. Bodley.« Grey überreichte das Metallfragment dem Steward, der es entgegennahm, als sei es eine kostbare Rarität.
    »Und was ist das?« Harry hatte einen verschmierten Zettel hervorgezogen, den er naserümpfend und stirnrunzelnd betrachtete. »Riecht ein bisschen.«
    »Ich glaube, dass Eure Lordschaft hier einer Wildgans nachstellen«, las Quarry. Er hielt einen Moment inne, dann blickte er zu Grey auf. »Woher habt Ihr das?«
    »Von einem gewissen James Fraser, einstmals Jakobit.« Irgendetwas in Quarrys Miene bewog Grey, sich vorzubeugen. »Bedeutet es etwa tatsächlich etwas, Harry?«
    Quarry atmete mit gespitzten Lippen aus und sah sich um, um sicherzugehen, dass niemand sie hörte. Als er das merkte, zog sich Mr. Bodley taktvoll zurück und ließ sie allein.
    »Fraser«, sagte Quarry schließlich. »Ein gewisser James Fraser. So, so.« Quarry war Greys Vorgänger als Gefängnisverwalter in Ardsmuir gewesen und kannte Jamie Fraser gut - so gut, dass er ihn in Eisen hatte schlagen lassen. Quarry strich die Kante des Zettels glatt und überlegte.
    »Ich vermute, Ihr wart noch zu jung«, sagte er schließlich. »Und während des Fünfundvierziger-Aufstandes hat man es nicht mehr so oft gehört. Aber in Irland hat es stets gewisse Sympathien für die Stuarts gegeben - und es gibt sie wahrscheinlich heute noch. Was auch immer das zu bedeuten haben mag, aber die jüngeren irischen Adeligen, die dem alten Prätendenten gefolgt sind - sie nannten sich ›Wildgänse‹.« Er blickte fragend auf. »Seid Ihr zufällig auf der Suche nach einem irischen Jakobiten, Grey?«
    Grey blinzelte verblüfft.
    »Um die Wahrheit zu sagen, Harry, ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte er. »Möglicherweise bin ich das ja.«
    Er zog Symingtons Ring aus dem Durcheinander hervor und reichte ihn Quarry.

    »Würdet Ihr dafür sorgen, dass Symington ihn bei seiner Rückkehr bekommt?«
    »Natürlich«, sagte Quarry und betrachtete ihn stirnrunzelnd. »Aber warum gebt Ihr ihn ihm nicht selbst?«
    »Ich weiß doch gar nicht, wo ich dann sein werde, Harry. Vielleicht ja in Irland - auf der Jagd nach einer Wildgans.« Grey schaufelte seinen restlichen Krimskrams in seine Tasche zurück und lächelte Quarry zu. »Danke, Harry. Viel Vergnügen mit Eurer Zigarre.«

34
    Ein Abschiedsfest
    Das Viertel rings um St. Giles war auch als das ›Krähennest‹ bekannt, und zwar mit gutem Grund. Kein Krähenschwarm konnte nur halb so verdreckt und laut sein wie die irischen Armen Londons; Flüche, Schreie

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