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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Newgate geben, zu dem Dutzende - manchmal Hunderte - von Freunden und Bekannten in das Gefängnis strömen würden, um ihm anständig Lebewohl zu sagen und ihm mit Pauken und Trompeten den Weg ins Jenseits zu bereiten.

    »Oh, ja«, bestätigte Mick - wenn es denn Mick war - kopfnickend. »Das gibt einen großen Auflauf. Flynn ist sehr beliebt.«
    »Ausgezeichnet. Und niemand würde Euch daran hindern, Euren Automaten mitzunehmen, um bei diesem Fest für Unterhaltung zu sorgen? Vielleicht noch mit ein paar Begleitern, die Euch tragen helfen? Von denen einer vielleicht sichtlich betrunken ist?«
    Vier irische Augen glänzten bei dieser Vorstellung. Ein wahrsagender Automat wäre eine große, profitable Attraktion, vor allem bei einem Räuberabschied.
    »Nichts, was einfacher wäre, Sir«, versicherten sie ihm wie aus einem Munde.
    Kitty O’Donnells Totenwache hatte ihn noch auf eine Verbesserung seiner ursprünglichen Idee gebracht. Eigentlich hatte er nur daran gedacht, den Automatenschrank zu benutzen und das Uhrwerk im Gefängnis herauszunehmen und zurückzulassen. Doch wenn sich eine Leiche auftreiben ließ…
    »Aber es muss eine frische Leiche sein, und sie muss ihm einigermaßen ähnlich sehen«, sagte Grey ein wenig skeptisch. »Und ich will nicht, dass Ihr jemanden umbringt«, fügte er hastig hinzu.
    »Das ist überhaupt kein Problem, Euer Ehren«, versicherte ihm einer der Gebrüder. »Wir brauchen uns nur kurz mit dem Pastor zu unterhalten, dann bekommen wir, was wir brauchen. Vater Jim kennt jeden Korpus im Krähennest. Und wir wollen den Korpus ja nicht entehren«, fügte er frömmelnd hinzu. »Er bekäme doch ein anständiges Begräbnis, oder?«
    »Das beste, das man für Geld kaufen kann«, versicherte ihm Grey. Es würde zwar ein anglikanisches Begräbnis sein, doch er ging davon aus, dass dies nicht schlimm war. Es war nichts Ungewöhnliches, dass ein Gefangener in Newgate tot aufgefunden wurde. Und weder die Gefängnisverwaltung noch das Militär würden besonders darauf brennen, Nachforschungen anzustellen. Erstere, weil sie nur ungern eingestehen würde, einen Gefangenen verloren zu haben. Letzteres, weil es nur zu
froh sein würde, das Ärgernis los zu sein, bevor es von einem skandalträchtigen Prozess überrollt wurde.
    Die Brüder O’Higgins wechselten einen Blick, zuckten mit den Achseln und schienen zufrieden zu sein, obwohl Rafe noch einen letzten Einwand äußerte.
    »Euer Ehren sind sich doch darüber im Klaren, dass ein Verbrecher, der aus dem Gefängnis entflieht und wieder erwischt wird, auf der Stelle gehängt wird, ganz gleich, warum er eigentlich gesessen hat?«
    »Ja, Mr. O’Higgins. Genau wie seine Helfershelfer, wenn man sie findet. Alle seine Helfershelfer.«
    Die Wachen würden den Betrug mit großer Sicherheit erkennen - doch wenn sie dann die Wahl hatten, entweder einen Aufruhr zu veranstalten, in dessen Verlauf ihre eigene Nachlässigkeit ans Licht kommen würde, oder einen gewissen Percy Wainwright in aller Stille als Opfer einer Krankheit in den Gefängnisbüchern aufzulisten … Hal mochte ja keine Wetten abschließen, aber Grey schon. Und wie seine Chancen bei diesem Unterfangen standen, darüber brauchte er gar nicht nachzudenken.
    Das stoppelbärtige Gesicht des Iren wurde von einem Grinsen zerteilt, das seine Zahnlücken zur Schau stellte.
    »Oh, nun denn, Sir. Solange wir uns genau verstehen. Werden Euer Ehren uns begleiten und sich den Spaß ansehen?«
    »Ich -« Die Worte blieben ihm im Hals stecken. An diese Möglichkeit hatte er gar nicht gedacht. Möglich war es durchaus. Unrasiert und mit schmutzigen Lumpen bekleidet konnte er das Gefängnis inmitten einer Horde irischer Raufbolde unentdeckt betreten. Konnte einer der Männer sein, die die Leiche in Percys Zelle brachten und ihn mit dem Toten die Kleider tauschen ließen, bevor sie Percy als Betrunkenen getarnt hinausschleppten und ihn in den Sarg legten, in dem er als verstorbener Verwandter der Gebrüder getarnt nach Irland und zu Susannah Tomlinson gebracht wurde, während die namenlose Leiche in aller Eile beerdigt wurde.
    Eine Sekunde lang schoss ihm das Verlangen, Percy noch
einmal zu sehen, zu berühren, durch den Körper wie flüssiges Feuer. Er holte Luft und ließ das Feuer erlöschen.
    »Lieber nicht«, sagte er aufrichtig bedauernd und übergab eine kleine, fette Geldbörse. »Viel Glück, Mr. O’Higgins.«

35
    Die Herzogin von Pardloe
    Nach der kleinen, aber feinen Begräbnisfeier für

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