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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Verbrechen hängt, an dem ich eine Mitschuld trage - und dessen Konsequenzen ich nur durch Zufall entronnen bin.«
    Fraser erstarrte kaum merklich.
    »Ein Verbrechen, an dem Ihr eine Mitschuld tragt.« Er wählte seine Worte sorgsam, und man hörte ihm deutlich an, dass er begriff - und angewidert war. Er hielt inne und hätte eindeutig am liebsten gar nichts mehr gesagt, doch er konnte die Sache kaum auf sich beruhen lassen.
    »Dieser Mann. Er ist nicht nur Euer Stiefbruder, sondern auch … Euer …« Er suchte nach einem Wort. »Euer Lustknabe?«
    »Er war mein Geliebter, ja.« Eigentlich hätten die Worte mit Bitterkeit versetzt sein sollen, doch sie waren es nicht. Mit Traurigkeit, ja, vor allem aber mit Erleichterung über sein Eingeständnis.
    Fraser stieß einen kurzen Laut der Verachtung aus, und Grey stellte sich ihm todesmutig entgegen.
    »Ihr glaubt nicht, dass sich zwei Männer lieben können?«
    »Nein«, sagte Fraser unverblümt. »Das glaube ich nicht.« Eine Sekunde lang presste er die Lippen zusammen, und als zwänge ihn die Aufrichtigkeit dazu, fügte er dann hinzu: »Zumindest nicht auf diese Weise. Bruderliebe, Familienbande - aye, natürlich. Oder die Liebe der Soldaten. Darüber haben wir - uns ja schon unterhalten.«
    »Sparta? Ja.« Grey lächelte humorlos. Eines Abends hatten sie in seinem Quartier im Gefängnis von Ardsmuir die Schlacht bei den Thermopylen nachgestellt, indem sie Salzstreuer, Würfel und Manschettenknöpfe auf einer Landkarte platzierten, die sie mit Holzkohle auf seine Schreibtischplatte gekritzelt hatten. Es war einer jener Abende gewesen, an denen sie Freunde waren.
    »Leonidas’ Liebe zu seinen Männern, die Liebe, die sie sich
als Krieger entgegenbrachten. Aye, natürlich gibt es das. Aber einen Mann… so zu benutzen …« Er vollführte eine ablehnende Geste.
    »Das glaubt Ihr also, ja?« Grey war das Blut in den Kopf gestiegen; er spürte, wie es in seiner Brust kochte. »Ich weiß genau, dass Ihr Plato gelesen habt. Und da Ihr so gebildet seid, habt Ihr ja gewiss vom Heiligen Bunde Thebens gehört. Oder?«
    Frasers Gesicht verkrampfte sich, und trotz des Zwielichts sah Grey, wie auch ihm die Farbe in die Wangen stieg.
    »Das habe ich«, sagte er knapp.
    »Geliebte«, sagte Grey, der plötzlich begriff, dass er eine geradezu glorreiche Wut empfand. »Allesamt Soldaten. Allesamt Geliebte. Ein jeder Mann und sein Geliebter. Wer lässt seinen Geliebten allein, wer lässt ihn in der Stunde der Gefahr im Stich? « Er zahlte Fraser seinen stieren Blick mit gleicher Münze heim. »Und was sagt Ihr dazu, Mr. Fraser?«
    Die Augen des Schotten waren tiefschwarz geworden. »Was ich sagen würde«, sagte er und sprach jedes Wort einzeln aus, als sei es abgezähltes Münzgeld, »ist, dass sich nur Männer, denen es an der Fähigkeit mangelt, eine Frau zu besitzen - oder Feiglinge, die Frauen fürchten - auf solch schwächliche Unanständigkeiten verlegen müssen, um ihrer Lust Erleichterung zu verschaffen. Und Euch im selben Atemzug von Ehre sprechen zu hören … Wenn Ihr schon fragt, mir wird übel davon. Und was, Mylord, sagt Ihr dazu ?«
    »Ich sage, dass ich nicht von ›Unanständigkeiten‹ und ›Lust‹ spreche. Und wenn Ihr davon sprechen wollt, so gestattet mir zu sagen, dass ich - genau wie Ihr - schon mit ansehen musste, wie Frauen durch Männer viel Schlimmeres angetan wurde. Wir haben beide schon in Armeen gekämpft. Ich sagte ›Liebe‹. Und was glaubt Ihr denn, was Liebe ist, wenn sie nur Männern vorbehalten ist, die sich zu Frauen hingezogen fühlen?«
    Rote Flecken waren auf Frasers Wangen erschienen.
    »Ich habe meine Frau mehr geliebt als mein Leben, und ich weiß, dass diese Liebe ein Geschenk Gottes ist. Ihr wagt es, mir
zu sagen, dass die Gefühle eines - eines - Perversen, der einer Frau nicht als Mann gegenübertreten kann, sondern sich an wehrlosen Jungen vergreifen muss - dass das Liebe ist?«
    »Ihr beschuldigt mich, mich an Jungen zu vergreifen?« Greys Finger krümmten sich in der Nähe seines Dolchknaufs. »Ich sage Euch, Sir, wärt Ihr bewaffnet, würdet Ihr mir hier und jetzt dafür Rede und Antwort stehen!«
    Fraser atmete durch die Nase ein und schien noch größer zu werden.
    »Nur zu«, sagte er verächtlich. »Bewaffnet oder nicht, mich bezwingt Ihr nicht.«
    »Das glaubt Ihr! Ich sage Euch«, sagte Grey und rang so sehr darum, die Wut in seiner Stimme zu beherrschen, dass er nur flüstern konnte, »ich sage Euch, Sir - würde ich Euch

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