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Die Suende der Engel

Die Suende der Engel

Titel: Die Suende der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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gesehen, dachte Karen. Du hast dir vermutlich den Kopf verrenkt, um alles genau mitzubekommen. Dir dürfte in der ganzen Straße kaum je etwas entgangen sein.
    »Manchmal sah ich, wie sie ihn verabschiedete. Da war sie dann im Bademantel. Ich denke, das ist...«
    »... das klingt recht eindeutig, ja.«

    »Sechs Jahre«, sagte Albrecht genußvoll. »Das muß man sich einmal vorstellen! Und immer in Anwesenheit der Kinder. Die waren zwar anfangs noch Babys, aber später haben sie sicher manches mitgekriegt. Alle hier fanden das unmöglich.«
    Karen sah ihn nachdenklich an. »Sechs Jahre. Die ganze Straße wußte es. Es erscheint mir eigenartig, daß nichts davon dem Ehemann zu Ohren gekommen sein soll.«
    Albrecht schüttelte den Kopf. »Kann nicht sein. So, wie hier getuschelt wurde... Ich weiß es nicht mit Sicherheit, aber wenn Sie mich fragen: Er hat es gewußt. Er hat es all die Jahre gewußt.«
    »Aber...«
    »Tja, das hat keiner verstanden. Offenbar hat er nichts unternommen. Natürlich weiß man nicht, was zwischen den beiden geredet wurde.« Diese Wissenslücke stimmte ihn merklich betrübt. »Aber da die beiden ständig fortfuhren, einander zu treffen... irgendwie schien er sich zu arrangieren.«
    »Wer war der Mann?«
    Albrecht zuckte mit den Schultern. »Ganz genau weiß ich es nicht. Ich habe ihn einige Male auf der Straße angesprochen. Er verstand mich sehr schlecht. Er war Engländer. Frau Beerbaum ist ja auch gebürtige Engländerin. Vielleicht kannte sie ihn von früher. Eine Jugendliebe.«
    »Da hatte aber manches geschwelt hinter der bürgerlichen Fassade«, meinte Karen.
    Albrecht nickte. »Kann man sagen. Ich habe ihren... also, den Engländer, mal gefragt, wo er arbeitet. Soweit ich verstanden habe, war er Jurist und hier in der Rechtsabteilung irgendeines britischen Unternehmens tätig... eine Bank? Ich weiß nicht mehr genau.«
    »Und nach sechs Jahren brach die Beziehung ab?«

    »Wie es den Anschein hatte, von heute auf morgen. Er kam nicht mehr. Vielleicht ist er nach England zurückgekehrt. Ich weiß nicht, ob Beerbaum endlich ein Machtwort gesprochen hat, oder ob es der Engländer satt hatte, nur der Liebhaber zu sein. Vielleicht hat er eine Entscheidung von Janet verlangt. Ich nehme an, sie hat sich der Kinder wegen für ihren Mann entschieden. Ihre Kinder hat sie abgöttisch geliebt, müssen Sie wissen. Sie wollte ihnen sicher die Familie erhalten.«
    Ihre Kinder. Karen zerbrach sich noch immer den Kopf, weshalb bislang offenbar niemand etwas von der Existenz eines Zwillingsbruders erfahren hatte. Irgend etwas schien ihr daran faul zu sein. Aber bisher sah sie noch keinerlei Zusammenhänge. Janet Beerbaum hatte ihren Mann über Jahre betrogen. Der hatte es hingenommen. Eine keineswegs heile Welt, in der Mario aufgewachsen war. Aber in alldem fand sie nichts Greifbares.
    »Was geschah danach?« fragte sie.
    »Janet wirkte noch lange Zeit sehr deprimiert. Ich hatte den Eindruck, sie kam kaum über die Trennung hinweg. Na ja, aber sonst... schien Ruhe einzukehren.«
    »Schien? Oder kehrte wirklich Ruhe ein?«
    Wieder einmal zuckte Albrecht mit den Schultern. »Weiß man das genau bei solch einer Familie? Es wirkte alles normal. - Sagen Sie, möchten Sie nicht doch einen Kaffee? Oder Tee?«
    »Danke. Wirklich nicht.«
    »Im Sommer fuhren sie immer nach Südfrankreich. Hatten da ein Häuschen. Und die Zwillinge wuchsen heran. Sehr nette Jungen. Nicht so, wie die jungen Leute heute so sind. Sie wissen schon... brausen auf ihren Mopeds herum, trinken, rauchen und haben dauernd ein anderes Mädchen im Arm. Nein, so war das bei den Beerbaums nicht. Einer von beiden hatte mal kurz ein paar
Schulprobleme... hatte geschwänzt oder so... aber das renkte sich wieder ein.«
    Du bist wirklich hervorragend informiert, dachte Karen.
    »ja«, sagte Albrecht, und seine Stimme verriet Bedauern, »ich weiß, Sie sind jetzt enttäuscht. Sie dachten, man hätte etwas ahnen müssen, nicht? Irgend etwas... etwas, das darauf hingedeutet hätte... Aber da war nichts. Absolut nichts.«
    Karen runzelte die Stirn. »Hingedeutet? Worauf? Worauf sollte etwas hindeuten?«
    Jetzt starrte Albrecht sie erstaunt an. »Aber wegen der Geschichte sind Sie doch hier?«
    »Ich...«, sie brachte ein nervöses Lachen hervor, »es scheint, als wolle mich mein Chef wirklich auf die Probe stellen... Ich weiß im Moment nicht, wovon Sie sprechen...«
    Jeder andere wäre jetzt mißtrauisch geworden. Aber selbst wenn Albrecht Frank

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