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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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in Ruhe lassen.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 76
     
     
    „Die EKT musste verschoben werden“, erklärte Professor Wieland gerade jemandem am Telefon, als Frank hereinstürmte. Der Professor runzelte die Stirn, deutete seinem Assistenten aber an, sich zu setzen.
    „Es gab einen Zwischenfall, doch jetzt ist alles wieder in Ordnung. Wir wollen Ihre Frau zur Sicherheit bis morgen beobachten. Wenn sich bis dahin keine Auffälligkeiten ergeben, werden wir mit der Therapie beginnen.“
    Frank rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her, versuchte aber seine Hände nicht auf die Schenkel zu legen. Wenn er sich selbst nicht in den Griff bekam, wie sollte er dann anderen helfen?
    „Was ist passiert?“, fragte der Professor, als er aufgelegt hatte.
    „Entschuldigen Sie. Ich wollte Ihnen von dem Krampfanfall berichten und Sie bitten, die EKT nicht durchzuführen, aber das hat sich wohl schon erledigt.“
    Wieland legte die Fingerspitzen aneinander.
    „Wir warten bis morgen und entscheiden dann.“
    Frank nickte und atmete hörbar auf.
    „Sie sind mit dieser Therapie nicht einverstanden?“
    „Ich weiß es nicht, Herr Professor. Ich bin hin und her gerissen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir das nicht tun sollten.“
    Wieland nickte: „Es ist wichtig, auf seine innere Stimme zu hören“, begann er. „Ich frage mich nur, warum Sie das so empfinden.“
    Frank schüttelte den Kopf und fixierte die Schreibtischplatte vor sich. Darauf konnte er keine Antwort geben.
    „Hat sich im Gespräch mit Frau Lindemann noch etwas Neues ergeben?“
    „Einige Details. Nicole war in der Kur auf der Krankenstation und die Familie wurde darüber informiert. Dann hat es wohl noch einen merkwürdigen Anruf gegeben, der Frau Lindemann zu denken gab. Sie hatte das Gefühl, dass es ihrer Tochter nicht gut ginge und dass ihr etwas verschwiegen wurde, aber die Heimleiterin hat diese Zweifel wohl zerstreut. Wochen nach der Kur tauchte eine Postkarte auf, die von der Insel Juist, wo die Kur stattfand, stammte und als sie diese ihrer Tochter zeigte, regierte Nicole panisch. Nach dem Kuraufenthalt soll sie sowieso sehr verändert gewesen sein. Ängstlicher als vorher und sie hatte immer wieder Albträume.“
    „Sie vermuten also immer noch, dass das Trauma in der Kinderkur erfolgte?“
    Frank nickte bestimmt.
    „Es nützt nichts, weiter zu rätseln“, stellte der Professor fest, „wir können erst mit einer Psychotherapie beginnen, wenn Frau Schütz bereit dazu ist. Sie muss mit uns reden, sonst hat es keinen Sinn. Ich sehe in der EKT eine gute Möglichkeit, sie zu stabilisieren. Bei schweren Depressionen liegt die Erfolgsquote bei 90 Prozent!“
    „Hat sie denn eine Depression?“, hakte Frank nach.
    Der Professor wiegte den Kopf: „Diese Therapie wirkt auch bei anderen Krankheitsbildern. Zum Beispiel hätte man damit bereits ihre Schwangerschaftsdepression behandeln können. Einzig bei therapieresistenter Schizophrenie erzielen wir damit nicht so gute Erfolge. Der Ehemann von Frau Schütz hat mir erzählt, dass sie Phasen hat, in denen sie nur im Bett liegt und auf die Etappen folgen, in denen sie rund um die Uhr putzt. Wonach klingt das für sie?“
    Frank räusperte sich und dachte nach.
    „Eine bipolare Störung? Sie könnte manisch – depressiv sein.“
    „Richtig. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, wie der alte Spruch lautet. Auch bei dieser Art von Störung wurden sensationelle Ergebnisse verzeichnet.“
    „Und was ist, wenn sie sich an die Tat erinnert?“, wandte Frank ein.
    „Das ist nicht auszuschließen“, gab Professor Wieland zu, „aber damit wird sie früher oder später sowieso konfrontiert. Die Polizei hat mir die Unterlagen zu ihrem Fall zur Verfügung gestellt. Ich muss ein Gutachten für das Gericht erstellen. Schließlich ist ein Mensch zu Tode gekommen und dafür muss jemand geradestehen.“
    Frank durchfuhr es eiskalt. Daran hatte er noch gar nicht gedacht.
    „Sie kommt doch nicht ins Gefängnis?“, fragte er besorgt.
    Professor Wieland schüttelte den Kopf.
    „Bei uns in Deutschland ist nur schuldig, wer das Schuldhafte seines Handelns erkennen kann und in der Lage ist, sich zu steuern. Ich denke nicht, dass das bei Frau Schütz der Fall gewesen ist. Sie hat uns hier nicht wochenlang etwas vorgespielt. Ich denke, sie wird in der Psychiatrie bleiben und im Rahmen des Maßregelvollzugs behandelt werden.“
    „Für immer?“
    „Das kann ich nicht sagen. Ich erstelle mein Gutachten und lege

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