Die Suenden der Vergangenheit
nicht mehr die beschmutzten Kleider vom Tag, sondern ein...Gloria blinzelte verwirrt und das nicht nur, weil das Licht in der Ferne plötzlich stärker und heller zu werden schien... Krankenhaushemd?
„Jesus!“, murmelte sie und hob die Hand vor die Augen, da das Licht wirklich heller wurde und ihren sensiblen Augen den Rest gab. Das hier war ganz sicher ein Alptraum. Sie würde gleich aufwachen und dann mit Schrecken feststellen, dass die U-Bahn, auf die sie gewartet hatte, weg war und die nächste wieder erst in zehn Minuten fahren würde. Heute noch mal nach Hause zu kommen, war wohl höchst unwahrscheinlich.
Gloria zog einen Flunsch, hob die rechte Hand, in der kurioserweise drei verschiedenfarbige Venenzugänge steckten, um sich zu vergewissern, dass ihre Haare nicht nach Vogelscheuche aussahen und berührte mit den Fingern ein riesengroßes Pflaster, das ihren Hals fast komplett bedeckte. Als sie die Hand zurückzog, waren die Spitzen ihrer Finger blutig.
Uh, der Traum war aber ziemlich ekelig.
Hektisch wischte sie die Hand an dem Kleidchen ab und kniff sich in den linken Unterarm. In der dummen Hoffnung, irgendwie aufzuwachen. Ohne Erfolg.
Stattdessen nahm die Traumkulisse um sie herum an weiteren Spektren zu. Neben dem Plätschern und dem Licht hörte sie plötzlich Musik. Oder zumindest einen Bass. Dumpf und dröhnend wie in einer Diskothek. Gloria runzelte die Stirn. Was war das hier? Warum musste sie, wenn sie denn schon mal träumte, ausgerechnet von Krankenhausausstattung und Clubmusik heimgesucht werden? Wahrscheinlich der Stress der letzten Tage. Die Untersuchung beim Arzt und dann der heutige Besuch in der Bar. Ja, die Bar. Gloria verwettete ihren Hintern darauf, wieder in dieser SOHO-Bar zu stehen, wenn sie ins Licht ging. Da hatte dieser beschissene Abend schließlich angefangen und bei ihrem Glück ging er in diesem Traum garantiert von vorne los.
Gloria ging ins Licht. Aber nur um festzustellen, dass hinter den Schatten keineswegs die Bar lag, auf die sie gewettet hatte. Das hier war anders. Wenigstens war sie erleichtert, dass sich das Wasser, welches sie plätschern gehört hatte, als harmlose Fontäne herausstellte. Ein hübsches lichtdurchflutetes Wasserspiel. Jetzt war ihr auch klar, dass sie nicht das Licht am Ende eines Tunnels, sondern das in diesem gigantischen Brunnen hier gesehen hatte. Mehrere bunte Schatten huschten an ihr vorbei, als Gloria auf das immer verführerischer wirkende Nass zuging. Wenn sie genauer hingesehen hätte, dann hätte sie menschliche Silhouetten wahrnehmen können, die im Gegenzug nichts von Glorias Anwesenheit spürten. Da sie sich aber in einem Traum glaubte, schenkte sie nichts außer dem Wasser ihre Beachtung.
Ein frischer Luftzug umschmeichelte ihr Gesicht und zum ersten Mal seit langem fühlte sie sich ganz entspannt. Mit leichten, barfüßigen Schritten näherte sie sich immer weiter der Fontäne. Ein diebisches Lächeln glitt über ihre Lippen. Sie sah sich um. Niemand war weit und breit zu sehen. Außer einem weiteren bunten Schatten, der sich neben ihr am Rand aufhielt.
Gloria stieg hinein. Das Wasser war herrlich kalt. Eisig, um genau zu sein. Doch für ihre Ansprüche in diesem Moment genau richtig. Sie beugte sich vor, was aber einen stechenden Schmerz in ihrer Brust zur Folge hatte und sie zuckte mit einem gepeinigten Aufschrei zurück, noch bevor sie mit den Händen das Wasser berührt hatte. Schwer nach Atem schnappend und beide Hände auf die Stelle ihres Brustkorbs gepresst, an der ihr Herz lag.
Oh Gott, was ist das?
Mit weit aufgerissenen Augen und immer flacher werdenden Atemzügen versuchte sie dem Schmerz beizukommen. Sie taumelte vorwärts und rückwärts. Wirbelte das Wasser auf und landete fast mit dem Rücken in der kalt sprudelnden Fontäne. Kurz zeigten sich unter der Haut ihres Gesichts blau schimmernd die Adern darunter und Gloria glaubte, ersticken zu müssen, weil irgendetwas auf ihren Hals drückte, was das Luftholen noch schwerer machte. Ein Griff an den selbigen verriet ihr, dass das Blut das Pflaster mittlerweile durchtränkt hatte und im nächsten Moment den Stoff ihres Hemdchens benetzte.
Dann war der Schmerz vorbei. So plötzlich wie er gekommen war und das Blut war auch fort. Das Pflaster fühlte sich bis auf eine kleine feuchte Stelle wieder vollkommen normal an. Die Panik, die sie gerade verspürt hatte, ließ sich allerdings nicht so leicht abschütteln. Sie musste hier weg. Sie musste aufwachen und nach Hause
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